Название: Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea
Автор: Hans-Peter Schwintowski
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811437579
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Die VO und die RL wurden – anders als die früheren Entwürfe der Jahre 1989 und 1991 – auf Art. 308 EGV gestützt; vgl. zur Ermächtigungsgrundlage Blanquet ZGR 2002, 20, 61 f.; Schwarz ZIP 2001, 1847, 1848.
Vgl. statt vieler Schweitzer/Hummer S. 102 Rn. 349.
Beschlossen als Art. 1 des SEEG, BGBl I 2004, 3675, zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 30.7.2009 (BGBl I S. 2479) – s. Anh. I.3.
Beschlossen als Art. 2 SEEG, BGBl I 2004, 3675.
2 › II. Das auf die SE anwendbare Recht
II. Das auf die SE anwendbare Recht
1. Überblick
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Der europäische Gesetzgeber hat die SE als supranationale Rechtsform ausgestaltet, deren Struktur und Funktionsweise in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich einheitlich sein soll.[1] Dennoch verzichtet die SE-VO darauf, das Gesellschaftsrecht der SE umfassend zu regeln, sondern beschränkt sich auf einige zentrale Aspekte, insbesondere auf Fragen der Gründung und der Organisationsverfassung der SE. Im Hinblick auf sämtliche Bereiche, die in der Verordnung nicht oder nicht abschließend geregelt sind, verweist die Verordnung auf das nationale Recht des Mitgliedstaats, in dem die SE ihren Sitz hat. Diese Verweisungstechnik führt zwangsläufig dazu, dass sich das auf die SE anwendbare materielle Recht von Sitzstaat zu Sitzstaat unterscheidet. Ältere Verordnungsentwürfe, die eine umfassende Kodifikation auf europäischer Ebene anstrebten, hatten sich als nicht durchsetzbar erwiesen.[2]
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Neben den Verweisungen auf das nationale Recht enthält die SE-VO eine Reihe von Ermächtigungsnormen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, einzelne Aspekte für die in diesem Mitgliedstaat ansässigen SE abweichend von der Verordnung zu regeln. Den einzelnen Mitgliedstaaten soll hierdurch die Möglichkeit eröffnet werden, Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts Rechnung zu tragen.
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Im Hinblick auf die Organisationsverfassung eröffnet die SE-VO dem Satzungsgeber die Wahl zwischen dem sog. monistischen System, bei dem ein einheitliches Organ die Unternehmensleitung ausübt, und dem dualistischen System, bei dem die Leitungs- und Überwachungsaufgaben zwei getrennten Organen zugewiesen sind. Innerhalb des monistischen Systems bleibt es wiederum den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie die Führung der laufenden Geschäfte der Gesellschaft geschäftsführenden Direktoren zuweisen oder in der Verantwortung des Verwaltungsrats als Kollektivorgan belassen (vgl. Art. 43 Abs. 1 S. 2 SE-VO).
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Im Ergebnis bestehen somit diverse nationale Spielarten der SE, deren Statut in zahlreiche Partikularrechte unter dem einheitlichen Dach der SE-VO zerfällt. Man kann daher davon sprechen, dass es ebenso viele verschiedene SE gibt wie Mitgliedstaaten.[3]
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In der Praxis scheinen die Unterschiede zwischen den nationalen Erscheinungsformen der SE keine große Rolle zu spielen, auch wenn die Komplexität des Rechtsregimes der SE insgesamt die Attraktivität der Rechtsform schmälert. Die von der Kommission 2008 in Auftrag gegebene Untersuchung zum SE-Statut zeigt vielmehr, dass Mitgliedstaaten, die von den Umsetzungsspielräumen tendenziell flexibleren Gebrauch gemacht haben, keineswegs über einen besonders hohen Bestand an SE verfügen. Die Untersuchung legt den Schluss nahe, dass es sonstige Rahmenbedingungen sind, die die Rechtsform der SE in einigen Mitgliedstaaten als besonders attraktiv erscheinen lassen. Hierzu zählen mit Blick auf Deutschland beispielsweise das hohe Mitbestimmungsniveau und die zwingend dualistische Organisationsverfassung der AG.[4]
2 › II › 2. Rechtsquellenhierarchie und Lückenschluss
2. Rechtsquellenhierarchie und Lückenschluss
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Die Bestimmung des auf die SE anwendbaren Rechts wird durch die allgemeinen Grundsätze der Rechtsquellenhierarchie vorgezeichnet. Aufgrund des Vorrangs des europäischen Rechts[5] sind zunächst die Regelungen der SE-VO zur Anwendung berufen, die in ihrem Anwendungsbereich als ranghöhere Normen das Recht der Mitgliedstaaten verdrängen.
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Die SE-VO selbst enthält jedoch nur in beschränktem Umfang sachrechtliche Regelungen, die sich vornehmlich mit der Gründung und der Leitung der SE befassen. Eine umfassende Kodifikation des Rechts der SE erfolgte nicht, da sich dies als politisch nicht durchsetzbar erwiesen hatte. Der europäische Gesetzgeber hat sich daher darauf beschränkt, ein Rahmenrecht zu schaffen, welches im Wege einer komplexen Verweisungstechnik durch Bestimmungen des nationalen Rechts aufgefüllt wird. Das nationale Recht wird hierbei durch partielle und generelle Verweisungen als Auffangregelung herangezogen, ohne dass das Gemeinschaftsrecht hierdurch sein Primat aufgegeben hätte. Vielmehr gelangt das nationale Recht nur aufgrund eines europarechtlichen Anwendungsbefehls zur Geltung.[6] Die SE bildet mithin ein mixtum compositum[7] aus Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht.
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Die Bestimmungen der SE-VO sind zwingend (Art. 9 Abs. 1 b SE-VO), soweit sie nicht ausdrücklich satzungsdispositiv ausgestaltet sind.[8] Satzungsbestimmungen, die auf satzungsdispositivem Recht der SE-VO beruhen, gehen als abgeleitetes Recht ebenfalls dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten vor.
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Es ergibt sich aus Art. 9 Abs. 1 SE-VO folgende Normenhierarchie, wobei ein Rückgriff auf nationales Recht nur insoweit zulässig ist, als dieser Bereich in der Verordnung nicht (Art. 9 Abs. 1 c Alt. 1 SE-VO) oder nur teilweise (Art. 9 Abs. 1 c Alt. 2 SE-VO) geregelt ist:
1. | Zwingende Bestimmungen der SE-VO |
2. | Satzungsregelungen, soweit diese auf satzungsdispositivem europäischen Recht beruhen |