Название: Insolvenzstrafrecht
Автор: Gerhard Dannecker
Издательство: Bookwire
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811440494
isbn:
49
Mit der Ablösung der Konkursordnung durch die InsO wurde die Verbraucherinsolvenz eingeführt (§§ 304-312 InsO). Daher ist auch der Verbraucher tauglicher Täter der Insolvenzdelikte.[75] Dies kann zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, weshalb de lege ferenda ein eigener Tatbestand für die Verbraucherinsolvenz wünschenswert ist.[76]
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Die §§ 283 Abs. 1 Nrn. 5 und 7, 283b StGB erfordern zusätzlich die Eigenschaft eines Kaufmanns, da nur einen solchen die handelsrechtlichen Pflichten treffen. Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem Krisenerfordernis (§ 283 Abs. 1 StGB)[77] und der Voraussetzung der objektiven Strafbarkeitsbedingung.[78] Die §§ 283–283c StGB stellen somit ausnahmslos Sonderdelikte dar.
2. Geschäftsführer und vertretungsberechtigte Gesellschafter
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Außer dem Schuldner kommen gem. § 14 StGB als taugliche Täter bei der GmbH der Geschäftsführer[79], bei der Aktiengesellschaft, der Genossenschaft, dem rechtsfähigen Verein und der rechtsfähigen Stiftung der Vorstand bzw. jedes Vorstandsmitglied[80] und bei der offenen Handelsgesellschaft sowie der Vorgesellschaft einer GmbH[81] jeder vertretungsberechtigte Gesellschafter[82] in Betracht. Im Zusammenhang mit einer Kommanditgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft auf Aktien können als Täter nur die persönlich haftenden Gesellschafter, nicht hingegen die Kommanditisten strafbar sein. Bei der GmbH & Co. KG wird der GmbH-Geschäftsführer als tauglicher Täter angesehen, sofern er auch die Geschäfte der KG führt.[83] Bei den Buchführungs- und Bilanzdelikten (§§ 283 Abs. 1 Nrn. 5–7, 283b StGB) kommen als Täter auch rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter und Beauftragte in Frage,[84] so z. B. Steuerberater bei der Übernahme der Buchführung oder Angestellte von Kreditinstituten bei der Übernahme des Zahlungsverkehrs des Schuldners.
Letztlich muss nach der Abkehr der Rechtsprechung von der Interessentheorie[85] darauf abgestellt werden, dass alle Handlungen eines Organs oder Vertreters, die dem Schuldner zuzurechnen sind, auch als Handlungen für den Schuldner anzusehen sind. Dies gilt erst recht, wenn der Vertreter gesetzlich vorgesehenen Pflichten des Schuldners, die er für diesen zu erfüllen hat, nicht nachkommt.
3. Faktischer Geschäftsführer
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Die Rechtsprechung[86] erfasst unter Berufung auf das Reichsgericht[87] auch Fälle der faktischen Organschaft und rechnet das Krisenmerkmal und die objektive Strafbarkeitsbedingung dem Hintermann zu, der den formell vertretungsberechtigten Gesellschafter oder Inhaber in eine Strohmannrolle versetzt.[88] Eine faktische Geschäftsführung liegt in aller Regel vor, wenn eine Person die Geschicke der Gesellschaft allein bestimmt, eine überragende Stellung in der Geschäftsleitung einnimmt oder die Geschäfte in weitergehendem Umfang als der formell festgelegte Geschäftsführer vornimmt und bestimmenden Einfluss auf alle Geschäftsvorgänge hat.[89] Er muss nach dem Gesamterscheinungsbild die Geschäfte „wie ein Geschäftsführer“ führen.[90] Seine Tätigkeit muss von einer gewissen Dauer gewesen sein, er muss betriebsinternen und/oder extern nach außen[91] verantwortlich aufgetreten sein und auf wichtige Geschäftsvorfälle bestimmenden Einfluss genommen haben.[92] Weiterhin muss ihm das Amt durch die Zuständigen anvertraut worden sein; hierfür reicht das Einverständnis der Gesellschafter oder des zuständigen Gesellschaftsorgans aus. Weiterhin muss der faktische Geschäftsführer tatsächliche Verfügungsmacht haben.[93] Auf den faktischen Liquidator finden die Grundsätze der faktischen Geschäftsführung entsprechend Anwendung.[94]
4. Teilnahme
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Die Zurechnung der Strafbarkeit auf handelnde Organe und Beauftragte nach § 14 StGB bedeutet nicht, dass andere Personen stets straflos bleiben. Bei ihnen ist nur eine Täterschaft, nicht jedoch eine Verantwortung als Gehilfe oder Anstifter ausgeschlossen.
Anmerkungen
MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2.
Vgl. dazu Achenbach/Ransiek/Rönnau-Wegner VII 1 Rn. 3 und die einschlägigen Kommentare zum StGB und zur InsO.
Vgl. dazu MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 19; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 6.
S. dazu LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45.
BGHSt 9, 84; 28, 373; BGH NStZ 1987, 23; BGH NJW 2001, 1874; OLG Frankfurt NStZ 1997, 552; Fischer Vor § 283 Rn. 3; NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 19, 29 m.w.N.; Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 3; Lackner/Kühl-Heger § 283 Rn. 1; SK-StGB-Hoyer Vor § 283 Rn. 3 m.w.N.; Joecks Vor § 283 Rn. 1; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 1 m.w.N. bzw. Rn. 11 m.w.N.; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 2 bzw. Rn. 45; vgl. auch Krüger wistra 2002, 52; Trüg/Habetha wistra 2007, 365, 366.
Vgl. RGSt 39, 326; 41, 314; BGH NStZ 2001, 485 mit Anm. Krause NStZ 2002, 42; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45 (Fn. 32).
Vgl. RGSt 68, 109; BGHSt 28, 371, 373; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vor §§ 283 ff. Rn. 2; MüKo-StGB-Radtke/Petermann Vor §§ 283 ff. Rn. 11; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 45.
Vgl. Rn. 980 ff.
Dazu und zu der Frage, ob der Schuldner durch den Missbrauch von Vertrauen dabei ein unerwartet und ungewöhnliches Risiko gesetzt haben muss, NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 20 ff.