"Darling Jane". Jane Austen – eine Biographie. Christian Grawe
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Название: "Darling Jane". Jane Austen – eine Biographie

Автор: Christian Grawe

Издательство: Bookwire

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Серия: Reclam Taschenbuch

isbn: 9783159612102

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СКАЧАТЬ und hatte eine solide Grundlage auch auf anderen Wissensgebieten. Für die Historie wird das durch die komische Geschichte Englands, die sie als Sechzehnjährige schrieb, eindeutig belegt. Zudem lernte sie schon als Kind Klavier spielen und hatte außer zwischen 1801 und 1809 immer ein Instrument zur Verfügung, auf dem sie bis kurz vor ihrem Tod beinahe täglich übte. Vor allem aber war sie von früh auf eine leidenschaftliche Leserin, der der tolerante Vater auch Werke in die Hand gab, die man jungen Mädchen zu jener Zeit sonst lieber vorenthielt – wie etwa Henry Fieldings Tom Jones. Der Vater war selbst ein eifriger und vielseitiger Leser – auch von Romanen, auf die viele seiner Zeitgenossen mit Verachtung hinabsahen. 1798 erfahren wir aus einem Brief Janes, dass er gerade damit beschäftigt ist, The Midnight Bell (Die Mitternachtsglocke) zu lesen, das er aus der Leihbücherei entliehen hat. Das Buch war ein gerade erschienener Schauerroman, den Jane Austen auch in Kloster Northanger erwähnt. Das ist auch ein Anhaltspunkt für die Entstehungszeit des Romans. Nicht nur gegen derlei, sondern überhaupt gegen alle Romane gab es in dieser Periode noch starke Vorurteile, gegen die Jane Austen in ihren Romanen immer wieder zu Felde zieht. Der Leser kann sicher sein, dass eine Gestalt in ihren Büchern, die Romane verachtet, engstirnig und dumm ist. Im Jahr 1800 veröffentlichte die Zeitung der religiösen Sekte der »Evangelicals« ein »geistliches Barometer«, auf dem von +70 bis –70 die geistigen Tätigkeiten des Menschen bewertet werden. Darauf rangiert die »Liebe zu Romanen« noch hinter der fürs Theater (–30), lockeren Parties (–20) und Alkoholgenuss (–30) bei –40. Im Hause Austen wurden viele Abende mit Vorlesen verbracht, und wenn im Sommer und zu Weihnachten die Schüler George Austens in den Ferien nach Hause fuhren, ging man noch einen Schritt weiter. Dann führte man in der Scheune Theaterstücke auf, bei denen Cousine Eliza begeistert mittat. Auch die großartigen Theaterszenen in Mansfield Park verdanken den häuslichen Erlebnissen der Autorin wohl allerlei.

      Jane Austens Briefe sprechen immer wieder von Lektüreeindrücken und spielen mit literarischen Gestalten und Zitaten. 1795 findet man den Namen der Zwanzigjährigen unter den Subskribenten von Fanny Burneys neuem Roman Camilla. Der Teenager Fanny Price in Mansfield Park verdankt den Stolz, zum erstenmal Abonnentin einer Leihbücherei zu sein, sicher den Erfahrungen ihrer Autorin. Aus einem Brief an Cassandra vom 18. Dezember 1798 kann man entnehmen, dass eine Mrs. Martin 1798 in Steventon oder Umgebung eine Leihbücherei eröffnete:

      Ich habe eine sehr höfliche Einladung von Mrs. Martin erhalten, mich als Abonnentin ihrer Leihbücherei einzuschreiben, die am 14. Januar aufmacht, und habe dem entsprechend mein, oder vielmehr Dein, Einverständnis gegeben. Meine Mutter will das Geld dafür auftreiben. […] Als Anreiz zu abonnieren schreibt Mrs. Martin uns, dass ihre Sammlung nicht nur aus Romanen besteht, sondern aus jeder Art Literatur usw. usw. Diesen Anspruch hätte sie sich bei unserer Familie, die aus begeisterten Romanlesern besteht und sich dessen nicht schämt, sparen können. Aber ich nehme an, aus Rücksicht auf die Selbsteinschätzung der Hälfte ihrer Abonnenten war das nötig.

      Aber auch diese Rücksichtnahme scheint nichts gefruchtet zu haben, denn in einem Brief vom Oktober 1800 heißt es dann:

      Unsere ganze Nachbarschaft ist im Moment vollauf damit beschäftigt, die arme Mrs. Martin zu beklagen, die mit ihrem Geschäft ganz und gar gescheitert ist und deren Haus vor kurzem gepfändet wurde.

      Immerhin sind diese Briefstellen ein Beleg dafür, wie gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Leihbüchereien auch das flache Land zu erobern versuchten.

      Das Familienleben im Pfarrhaus in Steventon war, wie bei sieben Kindern nicht anders zu erwarten, lebhaft und nicht üppig. George Austen hatte zwar durch seine beiden Pfarren ein bequemes Auskommen, hatte aber finanzielle Sorgen, weil er früher gemachte Schulden an seinen Schwager Leigh-Perrot abzahlen musste. Deshalb besserte er sein Einkommen dadurch auf, dass er Schüler als Pensionsgäste ins Haus nahm, die er zusammen mit seinen Söhnen unterrichtete. Auch die Vettern und Cousinen vergrößerten die Familie durch ihre längeren und kürzeren Besuche noch weiter. Das austensche Haus war mit seiner harmonischen Atmosphäre und Gastlichkeit für Teile der Verwandtschaft eine Art Refugium, besonders in Krisenzeiten.

       Jane Austens Cousine Eliza als spätere Comtesse de Feuillide

      Unter den vorübergehenden Ergänzungen zur Familie darf Mitte der achtziger Jahre die schon mehrmals erwähnte Cousine Eliza Hancock nicht übergangen werden. Ihr fast romanhaftes Schicksal erregte die Phantasie der Austen-Kinder: Sie war in Indien geboren und wahrscheinlich nicht die Tochter ihres offiziellen Vaters, sondern des Gouverneurs von Indien, Warren Hastings. Dass ihre Mutter dessen Geliebte war, glaubte man in der englischen Gesellschaft in Indien zu wissen. Hastings sorgte finanziell für Eliza, und sie nannte ihren früh verstorbenen Sohn Hastings. Seit 1781 war sie mit dem französischen Grafen Jean-François Capot de Feuillide verheiratet, der dann 1794 unter der Guillotine starb; sie lebte mehrere Jahre in Frankreich und sprach fließend Französisch. 1792 besuchte ihr Mann sie in England, wurde aber nach Frankreich zurückgerufen, weil sein Besitz in Gefahr war, konfisziert zu werden. Eliza folgte ihm dorthin, musste allerdings nach seiner Hinrichtung 1794 in einer abenteuerlichen Flucht nach England zurückkehren – so jedenfalls wurde es in der Familie überliefert. Sie blieb zeit ihres Lebens flatterhaft und ein bisschen exaltiert. Ihre Briefe an ihre Cousine Philadelphia Walter enthalten zahlreiche Informationen über die Familie Austen. Mit ihrer kapriziösen Art trug sie wesentlich zur Stimmung und Unterhaltung im Haus bei, heiratete schließlich in zweiter Ehe ihren zehn Jahre jüngeren Vetter Henry und hat wohl mit einigen Zügen zu bestimmten Gestalten in Jane Austens Romanen Patin gestanden, vor allem zu Mary Crawford in Mansfield Park und zur Titelgestalt von Lady Susan. Als elegante Schwägerin war sie später öfter Janes Londoner Gastgeberin und Gefährtin und zog diese ihrer Schwester Cassandra vor.

      Es ist verführerisch, aus dem Familienleben vergangener Jahrhunderte eine Idylle zu machen, aber im Falle der Austens entsprach dieses Bild wohl weitgehend der Wirklichkeit. Es wurde von einem Beobachter mit der Natürlichkeit »der wohlhabenden Familien in den reizvollen Tälern der Schweiz« verglichen. Nur darf das nicht zu völlig unangebrachten Vorstellungen von einer engstirnig-frömmelnden Atmosphäre in diesem Pfarrhaus führen. Die Eltern erzogen ihre Kinder verständnisvoll und liberal und förderten ihre Interessen. Zeit ihres Lebens scheint das Verhältnis zwischen allen Geschwistern weitgehend ungetrübt und herzlich gewesen zu sein. Das Lob auf die geschwisterliche Vertrautheit, das Jane Austen in Mansfield Park gesungen hat, beruht bestimmt auf eigenen Empfindungen.

      Kindern derselben Familie, desselben Blutes mit denselben frühen Erlebnissen und Gewohnheiten ist eine Möglichkeit gegeben, sich gemeinsam zu freuen, wie keine spätere Verbindung im Leben sie herstellen kann; und es gehört schon eine lange und unnatürliche Entfremdung, eine Trennung dazu, die keine spätere Verbindung rechtfertigen kann, um diese kostbaren Reste früherer Zuneigung ganz auszulöschen. (S. 284)

      Noch 1814 schrieb Jane in einem Brief an ihre Nichte Anna:

      Ich möchte, dass Vettern und Cousinen sich wie Vettern und Cousinen benehmen und sich füreinander interessieren. Schließlich sind sie nur einen Verwandtschaftsgrad weiter voneinander entfernt als Geschwister.

      Das Vorlesen und Theaterspielen aber, das bei den Geschwistern häusliche Unterhaltung blieb, setzte sich bei Jane in künstlerische Impulse um und bildete die stärkste Anregung dafür, dass sie zu schreiben begann, denn sie benutzte die Lektüre und die Theaterstücke, um Parodien der zeitgenössischen Literatur zu schreiben, die sie dann ihrerseits offenbar mit großem Erfolg im Kreis der Familie vorlas.

      III

      Während die Brüder nun nach und nach das Haus verließen, um sich ihrem Studium oder ihrem Beruf zu widmen, und zum Teil auch heirateten, knüpften die beiden Mädchen engere Beziehungen in der Nachbarschaft an. Auch mit den Familien der Umgebung von den Grundbesitzern bis zu СКАЧАТЬ