Rückkehr nach Strapen. Stefan Raile
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Название: Rückkehr nach Strapen

Автор: Stefan Raile

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748560494

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СКАЧАТЬ bisschen.“ Ich erwähnte Zwischenfälle mit Doblin und Rudloff.

      Fredi hörte aufmerksam zu. „Liegt es nicht auch an dir?", fragte er dann. „Jede Medaille hat zwei Seiten. Du solltest versuchen, die Leute zu begreifen. Glaub nicht, dass sie‘s leicht haben, weil sie befehlen dürfen. Sie müssen hart an sich arbeiten, um auf Dauer zu bestehen.“

      Später griff er den Gedanken noch einmal auf. Da war er bereits mit dem Mädchen verheiratet. Sie wohnten in Görlitz einige Straßen von mir entfernt, und Fredi arbeitete als Pionierleiter. Manchmal setzten wir uns auf ein Bier zusammen. „Meine Tätigkeit macht mir Spaß“, sagte er einmal. „Aber sie ist schwierig. Ohne die Zeit an der Grenze könnte ich sie sicher nicht ausüben. Selbst so habe ich Mühe. Man muss Vorgesetzter und will Kamerad sein. Darin liegt eine große Gefahr: Verwischen sich die Übergänge, verliert man seine Autorität.“

      Mergelt schaltet in den ersten Gang. „Du wirkst skeptisch“, meint er. „Hast wohl Einwände?“

      „Nicht direkt. Ich überlege nur, ob man in allem noch so handeln könnte wie damals. Es waren andere Umstände: Wir haben freiwillig gedient, unsere Kompanie bestand nur aus drei Zügen. Heute gibt‘s die Wehrplicht, die Ausbildung erfolgt in größeren Einheiten. Auch unsere Waffentechnik ist komplizierter geworden. Die angespannte Lage verlangt eine hohe Disziplin und Zuverlässigkeit. Sie verlangt sie bis in den letzten Zug, bis zur letzten Gruppe. Der Gegner zwingt uns dazu. Um ihm überlegen zu sein, dürfen wir uns keine Pannen leisten. Doch Eigenmächtigkeiten können welche auslösen. Das Risiko ist groß.“

      „Sicher“, räumt Mergelt ein. „Jede Zeit hat ihre Bedingungen. Wahrscheinlich müsste ich mich umstellen.“

      Wir schweigen. Der Weg verbreitert sich, die Büsche weichen Bäumen. Mergelt fährt auf den Parkplatz hinterm „Jagdhaus“. Er lenkt den Skoda in eine der wenigen Parklücken.

      „Meinst du, dass wir im Restaurant einen Platz kriegen?“, frage ich.

      „Abwarten“, erwidert er.

      Das Gasthaus erkenne ich kaum wieder: An der linken Seite befindet sich eine geräumige Terrasse, auf dem Dach schimmern neue Ziegel, alle Wände sind frisch tapeziert und die Fenster modernisiert, lediglich überm Eingang hängt noch das mächtige Hirschgeweih wie ehedem.

      Neben der Tür stehen Leute und warten darauf, dass Plätze freiwerden. Mergelt geht vorbei, ich folge ihm. Ein Kellner eilt uns entgegen. Er führt uns zu einem reservierten Tisch. Während wir uns setzen, wedelt er mit seinem Tuch über die weiße Decke. „Was darf‘s sein?“

      „Trinkst du ein Bier?“, fragt Mergelt.

      „Ja, das kann ich jetzt vertragen.“

      „Und was hältst du von Wildschweinbraten?“

      „Eine Menge.“

      „Ein Pils, eine Cola“, bestellt er, „und zwei ordentliche Stücke vom Borstentier.“

      Der Kellner bringt die Getränke rasch. „Zum Wohl.“

      Ich trinke. „Schmeckt. Aber das Budvár-Bier war besser.“

      Mergelt lächelt. „Dein Gedächtnis ist wirklich erstaunlich. Du denkst doch an den Abend nach eurem ersten Schießen?“

      „Genau daran“, bestätige ich.

      Beim Appell wurden die Namen der besten Schützen verlesen. Aus unserer Gruppe gehörten neben Dudky, Bahle sowie Kambert auch Sigi und ich dazu. Man fuhr uns zum „Jagdhaus“. Unterwegs prophezeite Jörg: „Das wird ‘ne Schlemmerei, Männer. Und ich will Jesus heißen, wenn der Alte nicht ‘nen Trupp Miezen eingeladen hat.“

      Er sollte recht behalten. Wir hängten gerade unsere Schirmmützen an die Garderobe, als draußen ein Bus vorfuhr. Zwei Dutzend Mädchen stiegen aus. Es waren Facharbeiterinnen aus einer nahen Weberei. Sie setzten sich in kleinen Gruppen zwischen uns an die beiden Tafeln.

      Zum Abendbrot wurden Platten gereicht, und es gab Flaschenbier aus Ceské Budejovice.

      In einer Ecke entdeckte ich drei Musiker. Sie rückten ihre Instrumente bereit. Die hätte man sich sparen können. Dachte ich. Immer dieser Ringelpietz!

      Dudky, der links von mir saß, war anderer Ansicht. „Hoffentlich greifen die Jungs bald in die Saiten“, meinte er. „Mir zucken schon die Beine.“

      Sobald nach dem Essen die ersten Musiktöne im Raum schwangen, sprang er auf und holte eine Schwarzhaarige.

      Bei der nächsten Tour füllte sich die Tanzfläche. Das Trio spielte einen Tango, über uns erloschen die Lichter, ein paar rötliche Lichter glommen noch an den Seitenwänden und verbreiteten schummrigen Schein. Dudky ging auf Tuchfühlung, die Brünette schmiegte sich an ihn. Bahle hingegen hielt Abstand, er hielt sich so unnatürlich gerade, dass es aussah, als stützte ein Brett seine Wirbelsäule. Doch nicht nur dadurch stach er von den Übrigen ab. Er trug auch das blankste Koppel, seine Haare glänzten, dass man sich beinah darin spiegeln konnte, und ein intensiver Duft nach Pomade sowie Eau de Cologne umgab ihn. Unterwegs hatte Dudky gesagt: „Du riechst wie ein halbes Freudenhaus!“

      Nach einiger Zeit wurde Sigi unruhig, er rangelte auf seinem Stuhl.

      Ich fragte: „Möchtest wohl auch schwofen?“

      „Nicht unbedingt“, erwiderte er. „Mir gefällt nur nicht, dass einige Mädchen rumsitzen. Sie müssen uns doch für totale Nieten halten.“

      „Dann schmeiß dich mal ran“, riet ich. „Oder hindert dich was? Deine Regina sieht es doch nicht. Außerdem kann ein Tänzchen in Ehren dir niemand verwehren.“

      „Hast recht“, stimmte er zu. „Warum soll ich Trübsal blasen?“

      Er tanzte sicher. Bestimmt war er in einer Tanzschule, dachte ich. Auch ich hatte eine besucht, erinnerte mich aber ungern daran. Es lag an Lieselotte. Sie war sehr hübsch, und es schmeichelte mir, dass ich ihr ebenfalls gefiel. Als sie mich fragte, ob ich mit ihr zum Abschlussball gehen möchte, sagte ich sofort zu. Auf dem Heimweg nach der gelungenen Festveranstaltung lud sie mich fürs folgende Wochenende zu sich ein. Der Kaffee war gut, auch der von ihrer Mutter gebackene Kuchen. Weniger schmeckte mir, dass sie sich gleich mit mir verloben wollte. Ich ließ mich nicht wieder bei ihr sehen.

      Sigi tanzte vorbei und lächelte mir aufmunternd zu. – Gib dir keine Mühe, Kumpel, bei mir ist‘s sinnlos.

      Ich trank etliche Schlucke. Während ich das Glas absetzte, bemerkte ich, dass ein blondes Mädchen von der anderen Tafel herüberschaute. Gaff ruhig, dachte ich. Damit lockst du mich nicht. Keine schafft das.

      Werner Kambert rutschte auf den Platz neben mir. „Das Bier ist große Klasse“, sagte er. „Die Tschechen verstehen sich aufs Brauen. Man müsste einige Pullen schnappen und sich in eine Ecke zurückziehen. Was hältst du davon?“

      „Nichts“, erwiderte ich, obwohl ich seinen Vorschlag keineswegs übel fand. Mich störte nur, dass er von ihm kam; denn ich hatte den Streich im Bahnhofsrestaurant und das Vorkommnis auf dem Taktikgelände nicht vergessen.

      „Was wäre dabei?“, fragte er.

      „Wir sind gewissermaßen dienstlich hier und haben Gäste“, sagte ich. „Das erfordert Rücksichtnahme.“

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