Wenn die Idylle trügt. Monika Heil
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Название: Wenn die Idylle trügt

Автор: Monika Heil

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748546252

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СКАЧАТЬ sie Aufzeichnungen und Korrespondenz mit einem Hamburger Verlag über die Veröffentlichung eines Romans. Unglaublich. Ihre Mutter hatte ein Buch geschrieben und weder ihr Mann noch ihre Tochter wussten etwas davon. Wie war das möglich? Der Name der Lektorin war Vater und Tochter bekannt. Vanessa Ziegler. Es gab eine Literaturgruppe, der Liane angehört hatte und diese Frau Ziegler hatte sie geleitet. Klar hatte sie immer mal wieder von ihren Treffen erzählt. Aber sowohl Felix als auch Felia mussten zugeben, dass sie den Berichten wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatten. Felix hatte es sogar als eine Marotte bezeichnet. Waren danach die Berichte seltener geworden? Hatte sie bemerkt, dass niemand ihr so genau zuhörte? Fragen über Fragen stapelten sich geradezu in Felias Kopf. Sie erkannte, dass ihre Mutter in den letzten Jahren einsam gewesen sein musste. Hatte das Verhältnis mit dieser Teresa Bergmann damit zu tun? Wusste sie davon? Noch mehr Fragen, auf die ihre Mutter nicht mehr reagieren konnte und für die es nun keine schlüssige Antwort gab.

      »Warum habe ich sie nicht öfter besucht?«, fragte Felia in die Luft. »Sven und meine Arbeit hatten mich zu stark in Anspruch genommen«, erklärte sie der Elbe. »Ausrede!«, schrie eine Stimme, die sie nicht kannte. Eine vorbei fliegende Möwe schaute grimmig und hinterließ eine weiße Spur.

      »Ja, Scheiße«, schrie Felia und wischte den Schmutz von ihrer Jacke.

      Felia versuchte, wenn auch zu spät, etwas an ihrer Mutter gutzumachen. Deshalb hatte sie Kontakt zu dieser Lektorin in Hamburg aufgenommen. Letzte Woche war sie zu einer Besprechung dorthin gefahren. Die Lektorin hatte sie sehr freundlich aufgenommen und – natürlich – den plötzlichen Tod ihrer Neuautorin sehr bedauert.

      »Die Arbeit Ihrer Mutter hat Potential. Wir hätten den Roman gern veröffentlicht. Ein Vertrag liegt bereits vor.«

      »Ich weiß«, bestätigte Felia. »Deshalb bin ich hier. Was kann man tun, um die Arbeit meiner Mutter nicht völlig brach liegen zu lassen?«

      Man fand eine Lösung. Der Roman würde unter einem Pseudonym veröffentlicht werden und Felia würde in die Vertragsbedingungen eintreten. Sie würde die von der Lektorin vorgeschlagenen Änderungen einarbeiten und gemeinsam würden sie das Buch ihrer Mutter zur Veröffentlichung bringen.

      Felia war an jenem Tag glücklich und traurig zugleich gewesen. Ihre Besprechung in Buxtehude hatte zu keinem schnellen Ergebnis geführt. Erfolgreicher war dann das Gespräch mit Vanessa Ziegler verlaufen. Als sie euphorisch aus Hamburg zurückgekehrt war, hatte sie – wie so oft – ein leeres Haus betreten. Ihre gute Laune war sofort verflogen, als sie den Wagen ihres Mannes vor dem Haus entdeckte und feststellte, ihr eigenes Auto war weg. Sie konnte diese blöde Angeberkarre sowieso nicht leiden und dass die Sitze an jenem Tag nass und fleckig waren, störte sie nicht.

      »Geschieht ihm recht«, hatte sie gemurmelt und den Wagen schließlich doch unter den Carport geparkt. Es war noch mehr Regen angesagt. Und dann hatte sie gewartet. Sven wusste, dass sie mit Caroline und Adrian verabredet waren. Dass er sein Handy ausgeschaltet hatte, hatte ihren Missmut nur gesteigert. Und dann war er schlecht gelaunt erschienen. Ein Wort hatte das andere gegeben. Sven war nach oben gegangen. Er hatte geduscht und sich umgezogen, offensichtlich auch Alkohol getrunken, wie sie feststellte, als er ihr einen versöhnlichen Kuss geben wollte. Der Rest des Abends war eine einzige Katastrophe. Nicht zum ersten Mal, wie sie sich eingestehen musste.

      Wie sollte es nur weitergehen? Ihre Gefühlswippe war nicht mehr in der Waage. Das Gleichgewicht der ersten Jahre war dahin. Schwebte einer von beiden in die Höhe, stieß der andere auf dem Boden auf. Meist geschah das abrupt und schmerzhaft. Liebte sie Sven noch? Ja, sie liebte ihn. Wie stand es um ihn? Sie mussten miteinander reden. Sie mussten sich ändern. Sie mussten … Ach, so vieles. Und sie musste sich Thorsten aus dem Kopf schlagen. Nein, nicht jetzt. Nicht noch ein Problem in Angriff nehmen.

      Entschlossen stand sie auf und fuhr nach Hause. Sven war mal wieder nicht da. Sie ging ins Büro, hörte den Anrufbeantworter ab, machte sich ein paar Telefonnotizen und versuchte – erneut vergeblich – Sven auf seinem Handy zu erreichen. Frustriert ging sie in die Küche und warf eine Minipizza in die Mikrowelle.

      4.

      Er fand die Straße, in der Bruno sein Atelier hatte, mit Hilfe des Navis sehr schnell. Früher war hier die Stader Garnison, erinnerte er sich. Nach deren Schließung hatte es einen aufwendigen Umbau in Wohnungen gegeben. Er war lange nicht in diesem Stadtteil gewesen. Suchend blickte sich Sven um. Kein Hinweis auf ein Atelier. Er parkte schließlich sein Auto hundert Meter weiter. Hätte er sich besser umziehen sollen? Wohlstand schien hier nicht zu Hause zu sein. Lärmende Kinder hielten im Spiel inne, warfen kritische Blicke auf seinen Sportwagen, spielten weiter. Er fragte einen der Jungen nach Bruno Meiser. Wortlos wies er auf eine Außentreppe, die in einen Keller oder ein Souterrain führte. Die Hausnummer stimmte. Also, dort. Eine junge Frau in engen Jeans und weiter Flatterbluse beobachtete ihn – scheinbar unbemerkt – und blickte dann schnell wieder weg. Ohne dass es ihm bewusst wurde, zog er die Ärmel seines dunklen Sportblazers länger, so dass die teuren Manschettenknöpfe und die Designer-Uhr darunter verschwanden.

      Schnell ging Sven die schmalen steilen Stufen hinab. Bruno Meiser wohnte im Dunklen. Manuela öffnete so schnell, als hätte sie hinter der Tür gewartet.

      »Guten Abend, Herr Lewandowski, pünktlich auf die Minute. Treten Sie ein.«

      Ihre Stimme und ihr Text klangen geziert im Gegensatz zu ihrer Körpersprache. Sven irritierte beides. Schnell wandte er seinen Blick von ihr ab und sah sich neugierig um. Ein winziger, dunkler Flur, rechts und links je eine geschlossene Tür. Geradeaus betrat man das große, nur von Lampen erhellte Wohn- und Arbeitszimmer des Malers. Mit schnellen Blicken erfasste Sven den gesamten Raum. Bruno stand in einem sauberen weißen Kittel, der nicht zu ihm zu gehören schien, an der Staffelei.

      »Steril wie ein Ärztekittel«, ging es Sven durch den Kopf.

      »Hallo, junger Freund!«

      Brunos Lachfalten-Kranz dehnte sich aus. Er wischte sich die Hände an dem Kittel ab und schon war es der eines Malers. »Suchen Sie sich einen Platz.«

      Mit einer umfassenden Handbewegung wies Bruno auf die spärlich vorhandenen Sitzgelegenheiten. Sven reagierte nicht. Wie angewurzelt blieb er stehen. Er sah die Bilder – da einen bunten Farbenrausch, dort der Liebesakt zweier Frauen, daneben eine dunkle, depressiv wirkende Studie, die einen alten, unendlich verwahrlost wirkenden Farbigen darstellte, knieend auf einer vor Dreck starrenden Straße.

      »Mein Gott«, murmelte er fassungslos. Schließlich blieb sein Blick an einer Kreidezeichnung hängen. Unverkennbar Manuela. Als Gebärende.

      Stumm beobachtete Bruno seinen Gast. Wie ein Schauspieler verharrte er in seiner Pose. Er spürte ein leises Ziehen in der Magengegend. Offenbar hatte er doch die falsche Bildauswahl getroffen. Manuela hatte ihn gewarnt. Bruno wandte sich – wie hilfesuchend – nach ihr um. Sie war verschwunden. Ungewöhnlich, denn sie spielte gern die Gastgeberin, besonders, wenn der Besucher männlich war. Endlich sahen sich die beiden Männer an.

      »Das haben alles Sie gemalt?«, fragte Sven töricht.

      Nun kam Bewegung in Bruno.

      »Ich kann Ihnen noch viel mehr zeigen. Auch Konservatives. Nun setzen Sie sich doch. Einen Cognac?«

      Sven Lewandowski nickte und nahm auf dem Bistrostuhl Platz. Er wusste, dass zeitgenössische Kunst auch ausschweifend sein konnte. Ein Phänomen, wie Sven immer wieder feststellte. Aber diese Bilder hier bei Bruno Meiser in einer solchen Anhäufung zu finden, verblüffte ihn mehr, als er ausdrücken konnte. Und, was das Wichtigste war, diese Arbeiten waren durchweg nicht nach seinem Geschmack. Flüchtig СКАЧАТЬ