Suche Stelle als Talk-Gast. Anne Swalski
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Название: Suche Stelle als Talk-Gast

Автор: Anne Swalski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748558101

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СКАЧАТЬ noch nicht – hätte einen Schuss abgegeben. Durch den Schuss sei zwar niemand verletzt worden, doch ein Studiogast, die Feministin Alice Wunderland, stehe unter Schock, die Gewalt ihrer Rede hatte sie zutiefst bewegt. Der zweite Gast, Herr Ali Baba, wäre spurlos verschwunden, und es würde nach ihm gesucht. Der Moderator aber wäre wieder wohlauf. Die Polizei täte alles, den Fall vollständig aufzuklären. Die Einschaltquote hatte sich seit der Abgabe des Schusses verdoppelt.

      Mehr konnte man von einer Sendung nicht verlangen. Ja, Vico Stricher verstand es immer wieder, es auf den Punkt zu bringen. Er war einfach Klasse. Der Geschäftsleitung des Senders war klar, dass sie für die Werbeminuten nun noch mehr Geld würde abkassieren können, da dieser Vorfall weiteren Auftrieb in der Publikumsgunst bringen würde. Nachdem nun die Luft im Studio sogar bleihaltig geworden war, einigte man sich, von den Mehreinnahmen aus der Werbung eine Gefahrenzulage zum Honorar für Herrn Stricher zu genehmigen. Das hatte er verdient.

      7 Die Dame ohne Unterleib

      Eines frühen Morgens befand ich mich in Warteposition vor einem Studio im Hochhaus des Senders ‚TELLI‘ und wollte für den regionalen Radiokanal einen O-Ton abgeben. Das mir angewiesene Studio war allerdings noch geschlossen, der Techniker würde sich wohl verspäten. Ich ging den Gang entlang und betrachtete die Poster an den Wänden, die den Sendungen zugeordnet waren, als zwei Mitarbeiterinnen gleichzeitig von verschiedenen Richtungen kommend in das Studio nebenan gingen. Zufällig blieb die Tür wohl aus Nachlässigkeit einen winzigen Spalt breit offen – die Damen hatten nicht auf mich geachtet, denn da sie mich nicht kannten, musste ich wohl eine Freie sein, die auf jemanden wartete. Während ich mich für möglicherweise Vorübergehende in das Studium eines Posters vertiefte, wuchsen meine Ohren zur Rhabarberblattgröße an. Hier die Unterhaltung des Duos:

      Gabi: Guten Morgen, Uschi. Dann wollen wir mal wieder!

      Uschi: Ja, hallo, Gabi. Ich muss dir direkt etwas erzählen. Ich steh‘ noch unter Schock.

      Gabi: Ist was passiert? Dein Auto?

      Uschi: Nein, ich habe gerade noch fern gesehen …

      Gabi: Schon morgens? Uschi!

      Uschi: Na und? Du, stell dir vor, eine Talk-Show, es war eine Wiederholung von gestern Abend. Die haben im Fernsehen einen Mann, einen ausgewachsenen Mann, gebracht, der sich gern windeln ließ!

      Gabi: Was? Windeln? Hat der das gesagt?

      Uschi: Ja, deswegen hatten die ihn überhaupt eingeladen. Der Typ, dieser Moderator …

      Gabi: Vico Stricher?

      Uschi: Richtig, Vico Stricher, der hat das so dargestellt, als ob Sich-windeln-lassen das Normalste von der Welt wäre.

      Gabi: Für Babies schon.

      Uschi: Gabi, wer spinnt denn jetzt hier, der Windelmann oder der Moderator?

      Gabi: Es gibt noch eine dritte Möglichkeit.

      Uschi: Ja?

      Gabi: Der Vico Stricher ist entweder selbst ein Windelmann oder wäre gern einer.

      Uschi: Haha.

      Gabi: Derzeit ist ‚Pervers‘ der Renner. Selbst hier im Haus. Das Fernsehen hat heute die Rolle des Jahrmarkts von früher. Da werden siamesische Zwillinge gezeigt, die Dame mit Bart oder ohne Unterleib und so weiter. Und die Leute finden das gut.

      Uschi: Ja, aber die Dame ohne Unterleib möchte ich auch gerne einmal sehen.

      Gabi: Uschi!

      Uschi: Doch. Das ist interessant. Weißt du eigentlich, dass ich noch nie deinen Unterleib gesehen habe? Ich meine eher so deine nackten Beine im Sommer oder so?

      Gabi: Nein?

      Uschi: Du gehst auch immer so komisch. Du schwebst richtig. In deinen langen weiten Röcken. Manchmal, wenn ein Windstoß von vorn kommt, geht dein Rock so weit zurück, dass ich denke, du hättest keinen Bauch oder einen extrem flachen.

      Gabi: Das ist auch kein Wunder.

      Uschi: Nein?

      Gabi: Ja, denn ich bin eine Dame ohne Unterleib (in dem Moment gab es ein Geräusch, als wenn etwas zu Boden gefallen wäre).

      Uschi: Was? Ich hätte doch frühstücken sollen. Oder seh‘ ich noch fern?

      Gabi: Nein, nein, das ist schon ganz richtig. Ich kaschiere das immer mit mehreren Röcken übereinander – und du wirst bemerkt haben, ich trage immer nur Stiefel. Auch sommers.

      Uschi: Ja, eh, Moment mal. Du willst damit sagen, dass du deinen Unterleib nicht einsetzt, soviel ich weiß, hast du keinen Freund, also …

      Gabi: Nein, nein, ich habe wirklich keinen Unterleib. Natürlich kann ich ihn dann auch nicht einsetzen. Hast du mich je essen sehen?

      Uschi: Nein.

      Gabi: Siehst du.

      Uschi: Nein, das gibt’s nicht.

      Gabi: Doch.

      Uschi: (belegte Stimme) Hör mal, Gabi, du musst unbedingt ins Fernsehen.

      Gabi: Wie? Warst du nicht eben noch dagegen?

      Uschi: Ich? Dagegen? Wieso? Das muss man doch sehen!

      Gabi: Aber wenn man doch gar nichts sieht?

      Uschi: Ach! Das ist doch völlig unwichtig! Eine Dame ohne Unterleib!, das ist doch die Sensation schlechthin. Das hat es doch noch nicht gegeben. Das muss einfach breit getreten werden. Wenn ich nur daran denke! Bei uns mit Biofleck, dann Vico Stricher. Überall. Ach! Gabi … ich möchte dich da mal anfassen.

      Gabi: He, Hände weg. Was soll der Quatsch!

      Uschi: Komm, stell‘ dich nicht so an, kann doch jedem passieren, kein Unterleib. Und wenn du schon einmal keinen hast, dann werde ich doch da mal hinlangen dürfen.

      Gabi: Du greifst ins Leere.

      Uschi: Eben. Sag ich doch. Komm, lass doch mal. Nur ’n bisschen.

      Ich bin dann da weg, da mir gerade der verspätete Techniker entgegen kam. Ich war etwas in Sorge mit meinen Beiträgen, ob ich in diesem Umfeld wohl immer den Geschmack der Leute treffen würde? Ich hatte schon einige Absagen bekommen …

      8 Zwischenspiel: Die Wohnung

      Die erste Zeit des Kennenlernens in Kölle war sehr anstrengend, ich hatte eine Reihe von Redaktionen besucht und mich bei den Theater- und Filmstudios als Komparse beworben. Daneben beobachtete ich die Programme, um ein Gefühl für das Lokalkolorit zu bekommen, und ich konnte gleich beobachten, dass es etwas Nachbarschaftliches hatte.

      Im Treppenhaus meiner Wohnung roch es häufig nach fremdartigen Gewürzen, und es war allgemein sehr lebhaft mit viel Geräuschen von Reden in unbekannten Sprachen und Abspielen von fremdländischen Musiken. Zwei Wohnungen weiter befand sich möglicherweise eine Koranschule, denn nachmittags hörte ich ständig СКАЧАТЬ