Suche Stelle als Talk-Gast. Anne Swalski
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Название: Suche Stelle als Talk-Gast

Автор: Anne Swalski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783748558101

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СКАЧАТЬ Beitrag über den Umzug einer Schwarzen Witwe – ich musste lächeln, genau diesen hatte ich ja auch gerade hinter mir.

      3 Die Schwarze Witwe

      Der Chefredakteur übergab mir einen Datenträger mit einem Interview, das ein Reporter des ‚Kardinal‘ ein paar Tage zuvor geführt hatte. Jener Mitarbeiter hat Wind davon bekommen, dass sich am Dom eine ‚Schwarze Witwe‘ nieder gelassen hatte. Wie sich später mit Hilfe der Sekretärin rekonstruieren ließ, hat er Kontakt mit dem Neuzugang wegen eines Interviews aufgenommen und gleich Zeitpunkt und Ort festlegen können: Selber Tag in der Abenddämmerung hinter einem Mauervorsprung auf der Nord-Ost-Seite des Doms, da, wo sich ein kleiner Friedhof befindet. Er hat sich wohl dort zur verabredeten Zeit mit seinem Recorder eingefunden und das Interview durchgeführt. Ich hörte dann im Studio die Aufnahme ab:

      Rep.: Frau Spinne, ich habe gehört, dass Sie eine sogenannte ‚Schwarze Witwe‘ sind. Immerhin tragen Sie Schwarz, oder trauern Sie derzeit?

      Schw.W.: Oh, das schwarze Gewand täuscht – erstens war ich nicht immer Schwarze Witwe und zweitens als solche ist mir jede Trauer fremd.

      Rep.: Ja? Warum?

      Schw.W.: Du lieber Himmel! Die Jungs sind verrückt auf Schwarz. Was soll ich da trauern?

      Rep.: Ja, äh, Sie sind noch nicht lange hier am Dom. Wieso haben Sie sich gerade hier nieder gelassen?

      Schw.W.: Die Bedingungen hier sind nicht schlecht. Ich musste zwar meinen Beruf wechseln, aber ich gehöre zu jener Gattung Spinne, die sich gut anpassen kann. Wenn ich im Juni in einer Gegend bin, wo es nur Mai-Käfer gibt, dann gehe ich halt einen Monat zurück.

      Rep.: Aha. Und wo waren Sie vorher, und was haben Sie gemacht?

      Schw.W.: Ich komme aus dem Rheingau und war dort Säuferspinne.

      Rep.: Haha, am Dom zu Kölle hat sich eine Säuferspinne aus dem Rheingau nieder gelassen! Frau Spinne, das müssen Sie mir näher erläutern.

      Schw.W.: Ja, ich habe mich mit weiteren Säuferspinnen von Sekt ernährt – im fünften Untergeschoss einer nicht unbekannten Sektkellerei. Spinnen sind in Sektkellereien allgemein gut gelitten.

      Rep.: Ach, wieso?

      Schw.W.: Platzt eine Sektflasche, muss der Kellermeister keine Putzfrau mit Eimer und Feudel schicken. Nein, wir erledigen das. Wir Säuferspinnen ‚putzen‘ das Zeug weg, sozusagen.

      Rep.: Das habe ich noch nie gehört!

      Schw.W.: Nun ja, zugegeben. Das mit den geplatzten Sektflaschen eben war geflunkert ...

      Rep.: Wie?

      Schw.W.: Tatsache ist, dass wir Säuferspinnen die Flaschen killen, während die Sekthersteller denken, dass die Gärung in den Flaschen dafür verantwortlich ist.

      Rep.: Ach, Frau Spinne, ich habe schon Jägerlatein gehört, aber es gibt offenbar auch ein Spinnenlatein.

      Schw.W.: Haha, Sie glauben mir nicht. Haha. Wissen Sie, die Sekthersteller und Kellermeister würden es auch nicht glauben. Aber die haben Gründe dafür. Immerhin müssten sie sich den Prozess der Gärung neu überlegen …

      Rep.: Richtig.

      Schw.W.: … und zweitens müssten sie zugeben, seit Jahrhunderten von Säuferspinnen gelinkt worden zu sein. Und das wird nicht geschehen.

      Rep.: Ja. Vielleicht, äh, peinlich. Darüber müssten wir uns noch einmal gesondert unterhalten. Ja, weiter im Text, wieso haben Sie dann die Sektkellerei verlassen?

      Schw.W.: Die Leber. Der Arzt sagte, ich hätte die Chance, mich entweder tot zu saufen oder mir einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Dass ich auf die Milz weiter trinken könnte, wie ich eingewandt hatte, hat er für den größten Blödsinn des Jahrhunderts gehalten.

      Rep.: Diese Einschätzung könnte Ihnen auch hier begegnen. Aber, Sie sind dann umgezogen?

      Schw.W.: Ja, dann habe ich hier am Köller Dom eine Stelle als Schwarze Witwe angetreten. Hier bestand ein gewisser Freiraum oder eine Marktlücke für mich, wie Sie wollen.

      Rep.: Wie? Was machen Sie denn so den ganzen Tag?

      Schw.W.: Ich liege bei gutem Wetter in der Sonne und bei schlechtem suche ich mir einen Unterstand, und ab und zu reduziere ich die Anzahl von Touristen. Vor allem männliche. Was tun Schwarze Witwen sonst?

      Rep.: Ist das nicht unmoralisch?

      Schw.W.: Unmoralisch? Wieso? Es gibt genug Männer, und es kommen jeden Tag neue hinzu.

      Rep.: Nun, ich meine, selbst wenn es viele Männer gibt, so haben sie doch ein Lebensrecht.

      Schw.W.: Lebensrecht? Ja aber selbstverständlich, keine Frage. Aber ich habe auch eines. Übrigens gut, dass Sie mich daran erinnern. Ich muss jetzt unbedingt meine Pheromone versprühen. Moment. Fffffffft.

      Rep.: Frau Schwarze, äh, Frau Witwe, ich, äh, es ist irgendwie alles so verändert. Ich, weshalb bin ich hier?

      Schw.W.: Sie interviewen mich.

      Rep.: Ja? Ich finde Sie einfach toll, wissen Sie, Sie sind zauberhaft, wundervoll!

      Schw.W.: Ja? Was noch?

      Rep.: Sie haben unglaublich schöne Beine. Und Sie haben acht Stück davon. Oh mein Gott! Phantastisch. Einfach hinreißend!

      Schw.W.: Du kannst mir noch mehr sagen. Du hast noch etwas Zeit.

      Rep.: Was du willst. Die ganze Welt ist weg, es gibt nur noch dich. Und du bist so schön! Ach, niemals vorher habe ich solch eine schöne Frau gesehen. Und das Schwarz! Es steht dir so gut wie keiner. Du bist mein Himmel.

      Schw.W.: Jaja, so ist das. Erst lieb‘ ich dich, dann fress‘ ich dich.

      Rep.: Ah, ah, ja, ja, nein, nein, Hilfe, Hilfe, …

      Schw.W.: Zu spät.

      Tage später nach dem Interview haben Passanten hinter jenem Mauervorsprung am Dom Knochen gefunden und daneben ein digitales Aufnahmegerät, auf dessen Rückseite das Logo der Radiostation klebte. Man hatte diese dann benachrichtigt, und auf dem Gott sei Dank unversehrten Gerät befand sich vorstehende Aufnahme. Schnell war dann im Sender vermutet worden, dass es sich bei den Knochen um die sterblichen Überreste des inzwischen als vermisst gemeldeten Hubert K. handeln könnte. Für einen DNA-Abgleich wurde ein Haar des Reporters verwandt, das seine Frau von ihm in der Suppe gefunden hatte. Die Laboruntersuchungen haben dann eine Übereinstimmung ergeben. Keiner der Kollegen beim ‚Kardinal‘ wollte aus Pietätsgründen die Sprachaufnahme bearbeiten, so dass ich als unbeteiligte Fremde zur rechten Zeit am Platze war.

      Beim ‚Kardinal‘ habe ich bei dieser Gelegenheit Sirius Kusch kennen gelernt, den Leiter der beiden Nachmittagsserien ‚Forschungsspitzen‘ und die regionale Sendung ‚Aktuelles aus der Stadt‘, wobei der Beitrag in letzterer laufen sollte. Herr Kusch war mit meinem Vortext einverstanden, und ich konnte das Interview noch am selben Tag im Studio schneiden und den Text aufsprechen. Als der Beitrag über den Sender ging, war des Reporters Witwe – dann auch in Schwarz – persönlich in der Redaktion dabei. Es kamen СКАЧАТЬ