Bevor die Welle bricht. Dirk Harms
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Название: Bevor die Welle bricht

Автор: Dirk Harms

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750204362

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СКАЧАТЬ nichts gegen unser Land, Mann, die planen nur ihre eigene Zukunft!“

      „Ach Quatsch. Denkst du, die werden drüben einfach so mit Kusshand aufgenommen, aus reiner Nächstenliebe? Das klappt nur bei denen, die Informationen liefern, die den Staat verraten. Der Klassenfeind ist nicht sozial. Aber“ - Peter Schulze machte eine einladende Geste und wurde versöhnlicher - „Weißt du was, überzeuge dich selbst, sei bei den ersten Treffen dabei. Und dann wird es auch nicht allzu oft sein. Du willst doch weiterhin diese frische klare Seeluft hier in Dünow atmen, oder?“

      Er musterte Toralf aufmerksam.

      „Ich habe nicht vor, abzuhauen, wenn du das meinst.“

      Schulze lachte auf. „Schön, dass du so offen bist. Aber das meinte ich nicht. Ich möchte, dass du auch weiterhin deine Freiheit genießt. Ich werde sie dir keinesfalls nehmen. Schon gar nicht, solange wir gute Kumpels sind und uns gegenseitig helfen. Haben wir uns verstanden? Los Alter, lass uns das mal bei einem Klaren besiegeln!“

      Was hat dieser Idiot denn eigentlich in der Hand gegen mich, fragte sich Toralf. Widerwillig stand er auf und holte die Schnapsflasche aus dem Kühlschrank. „Den habe ich dir auch besorgt, oder?“, erinnerte ihn sein Gegenüber und wies hinüber zur Kochecke.

      Stirnrunzelnd unterschrieb Toralf ein Blatt Papier. Dabei fiel sein Blick auf die CB-Funkanlage, sein Steckenpferd und ganzer Stolz.

      Sein verhasster Schulkamerad aus alten Tagen, der sich seit dem Ende der Schule immer gern freundschaftlich, kumpelhaft und einfühlsam gab, klopfte dem Leuchtturmwärter auf die Schulter.

      Sie würden voneinander hören, bald sogar. Als er wenig später wieder allein war, plagten Toralf Gewissensbisse. Wenn er nun behauptete, unter Druck gesetzt worden zu sein – wo würde er Gehör finden, wer würde ihm glauben – und von wem durfte er letztendlich Hilfe erhoffen?

      Nein, befand Toralf, er hatte keine Wahl gehabt. Es war ein Kompromiss. Einer, der notwendig war, um anderen helfen zu können, beruhigte er sein Gewissen. Ein lautes Rattern riss ihn aus düsteren Gedanken.

      Die Wetterstation, deren Zentrale sich in einer kleineren Immobilie in Strandnähe befand, teilte ihm per Fernschreiber an diesem noch jungen Morgen mit, es sei Frühnebel zu erwarten, und ansonsten werde es ein wolkenarmer, sonniger Tag.

      Wie froh war Toralf, dass er hier oben auf seinem Turm nebenbei sein Hobby, den CB-Funk, ausleben konnte. Sogar hier war der Rundfunk- und Fernsehempfang nicht immer uneingeschränkt möglich.

      Anfangs hatte er darüber nachgegrübelt, warum ihm trotz der idealen Lage seine kleine Fernsehantenne einen so miserablen Westempfang bescherte. Natürlich ahnte er, woran das liegen musste - und verbrachte seitdem fast jede freie Minute, die er allein war, vor dem Funkgerät.

      Hin und wieder hatte er schon mit Amateurfunkern in Hamburg und Nykobing Kontakt gehabt, ein Kraftfahrer aus Riesa hatte mit ihm über Fußball gesprochen, und vor ein paar Tagen schien sein Kasten kaputt zu sein - da ging gar nichts mehr. Dass er bei Überreichweiten bis über die Staatsgrenze hinweg senden und von dort empfangen konnte, das war jetzt offensichtlich vorbei.

      Es waren zwei Befestigungsschrauben auffallend locker gewesen. Der Leuchtturmwärter nahm an, dass er auf dem Turm Besuch gehabt hatte, während er im Ort etwas einkaufte. Dass der Staatssicherheitsdienst eifrig mithörte und den CB-Funkverkehr überwachte, galt als offenes Geheimnis. Vermutlich mussten sie dazu so etwas wie eine Wanze in das Teil einbauen - oder ihn einfach auf dem Kanal anzapfen. Warum sollten sie dann nicht auch Störgeräusche fabrizieren können?

      Lars musste in seinem neuen Betrieb erstmal eine Gardinenpredigt des Vize-Chefs Hans König erdulden. Wie er studiert haben könne, ohne auch nur Kandidat der SED zu sein, wurde er ungläubig von dem korpulenten Mittvierziger gefragt. Lars führte das auf seinen einwandfreien Abiturdurchschnitt zurück. Dennoch, ohne Kandidatur wäre ein Weiterkommen kaum möglich, nannte König das Kind beim Namen. Lars verstand nicht, was Parteiarbeit mit Karriere zu tun haben sollte und bat sich Bedenkzeit aus. König, nun skeptisch geworden, musterte den Frischling und entgegnete genervt, wenn er sich nicht auf ihn verlassen könne, dann sei Lars ungeeignet trotz des Studiums. Die Planvorgaben kämen immerhin aus Berlin, denn es ginge hier um Außenhandel.

      „Ist ja gut, Herr König. Entschuldigen Sie, aber das kommt ein wenig plötzlich. Ich möchte das gern mit meiner Frau zu Hause besprechen. Das wird doch wohl möglich sein, oder?“ König, der darauf bestand, von Lars geduzt und Hans genannt zu werden, außer bei offiziellen Anlässen, da sei er mit „Genosse König“ anzureden, verlor ein wenig von seiner Skepsis und legte dem Neuen versöhnlich die Hand auf die Schulter. „Schau mal, Junge. Denk doch bloß mal an die Perspektive in diesem Beruf. Du bist doch intelligent und vernünftig. So und nun danke für deine Zeit, und ab zurück in deine neue Abteilung.“

      Damit konnte Lars das Büro von König verlassen und musste sich sputen: Er hatte in wenigen Minuten eine Sicherheits- und Arbeitsschutzbelehrung. Als er im Fahrstuhl eben den Knopf drückte, kam eine brünette junge Frau mit einem Stapel Akten auf dem Arm angelaufen. Flink betätigte er nochmals den Türöffner und stellte gleichzeitig seinen Fuß vor die sich schließende Schiebetür.

      „Danke, sehr freundlich!“

      „Keine Ursache.“ Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.

      „Sind Sie neu hier?“

      „Ja. Lars Schuster.“

      „Angenehm. Ach, Sie sind das … “

       „Wieso? Sie haben von mir gehört?“

      „Ja, nur den Namen, und dass Sie hier anfangen sollen.“

      „Und darf ich Ihren Namen auch wissen, oder ist der geheim?“

      „Verzeihung, wo hab ich nur meinen Kopf. Anja Tillmann. Ich bin aus der Materialverwaltung im Vierten.“

      Sie gab ihm unter dem Aktenberg hindurch die Hand. Der Fahrstuhl kam zum Stillstand, und Kollegin Tillmann verließ ihn.

      Sie sieht nett aus, dachte Lars. Etwas jünger, und … ach Quatsch. Er hatte ja Lisa, und er liebte sie.

      Während der Versammlungspause drückte König ihm einen Aufnahmeantrag als Kandidat in die Hand.

      „Glaub mir, das wird dir helfen.“

      „Und was ist mit euch Genossen? Was nützt es euch?“

      König hielt inne und wandte sich mit hochgezogenen Augenbrauen Lars zu. „Was soll das heißen? Willst du uns nicht unterstützen? Wir brauchen junges, frisches Blut in unseren Reihen. Eben die Ungestümtheit der Jugend. Und dir bringt es auch was.“

      „Frisches Blut? Wie die Vampire? Aha. Und wie heißt dieses Wort? Un-ge-stümt-heit?“

      „Lars, mach dich nicht lustig über uns! Wer nicht für uns ist, ist folglich gegen uns. Willst du wirklich alles riskieren, Junge?“

      „Also ist bei diesem Arbeitsplatz quasi ein Parteibuch im Preis enthalten?“, fragte Lars schmunzelnd und dachte:

      Da siehst du es, Genosse König: Ich mach mich nicht lustig, ich bin lustig.

      Lars meinte allmählich zu erkennen, worum es hier ging: Ein Parteibuch bekam man hier so oder so aufs Auge gedrückt - einfach, weil alle in СКАЧАТЬ