Sichelland. Christine Boy
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Название: Sichelland

Автор: Christine Boy

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844242553

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СКАЧАТЬ in der Stille dieses Zimmers, das ihm als Arbeitsraum diente, dachte Imra mit Unbehagen an dieses Gespräch zurück. Lennys hatte ihm viele Pflichten auferlegt und er war klug genug, zu begreifen, dass sie das nicht getan hätte, wenn sie eine andere Wahl gehabt hätte. Er seufzte. Schon immer hatte man in Cycalas gesagt, dass das Amt eines Shajs der größte Fluch sei, der einen überhaupt treffen konnte, wenn man einmal von Ash-Zaharrs Rachegelüsten gegenüber hoher Batí absah. Nun spürte der Weber zum ersten Mal, was damit gemeint war.

      Die verwilderte Landschaft zwischen der südöstlichen Grenze Cycalas' und den nördlichsten Ausläufern Valahirs sah selten einen Besucher. Es gab keinen Grund, sich hierher zu verirren, weder reiche Bodenschätze noch seltene Pflanzen- oder Tierarten lockten jemanden hierher. Es war ein Niemandsland, für das keiner Interesse hegte und nur die askaryschen Grenzwächter warfen dann und wann einen Blick hierher, um sicherzugehen, dass nicht doch der eine oder andere größenwahnsinnige Hantua sein Unwesen nahe der geschützten Grenzen trieb. Noch nie war dieser Verdacht begründet gewesen.

      Die unberührte Natur in dieser Gegend begegnete der Gruppe mit Gleichgültigkeit. Weder unterbrachen die Vögel ihren morgendlichen Gesang, noch ergriffen die Hirsche und Füchse die Flucht und das Gras würde sich schon bald wieder aufrichten, auch wenn es jetzt unter dem Gewicht der Pferde in den Boden gestampft wurde.

      Dichtes Unterholz und dornige Ranken verhinderten ein schnelles Vorankommen, nur selten konnten die Krieger auf kurzen Wiesenstücken ihre Rösser zum Galopp antreiben. Aber sie kamen gut voran. Die Berge rückten immer näher.

      Es war ein schweigsamer Ritt, ein jeder hing seinen Gedanken nach. Manchmal wurden die Abstände zwischen ihnen so groß, dass sie einander nur noch aus der Ferne ausmachen konnten, doch wie von selbst fand sich die Gruppe auch immer wieder zusammen.

      Mit einer Ausnahme.

      Lennys war weit voraus geritten. Mit dem Tempo und der Ausdauer ihres Hengstes konnten die anderen Tiere nicht mithalten. Und die Cas hatten ein feines Gespür für die Launen ihrer Herrin und sie wussten, dass die Shaj jetzt allein sein wollte. Spätestens, wenn sie die Bergkette erreicht hatten, würde sie auf sie warten, aber bis dahin mussten sie sich damit beruhigen, dass Lennys sich nur alle paar Stunden einmal für kurze Zeit blicken ließ und sich sogleich wieder entfernte, sobald sie einander bestätigend zugenickt hatten.

      Ihr stand nicht der Sinn nach langen Reden. So viele Monate, so viele Jahre, hatte sie den Tag herbeigesehnt, an dem sie mit Sichel und Shajkan in den Süden reiten durfte und sich nicht zügeln musste, alle zu erschlagen, die sich ihr entgegenstellten. Eine gewaltige Woge des Blutes rollte auf sie zu und sie musste für die nächste Zeit keinen Durst mehr leiden.

      Aber der Zeitpunkt des Krieges machte jenes Hochgefühl, das hätte vorherrschen sollen, zunichte. Andererseits stellten sich einige Probleme ja erst durch diese Situation. Sie hätte es vorhersehen müssen. Dann hätte sie rechtzeitig reagieren können.

      Ash-Zaharr war allgegenwärtig. Er schickte Träume, Erinnerungen und verlorengeglaubte Empfindungen. Er lenkte ihre Gedanken ab, raubte ihre Konzentration und ihre Kraft, dämpfte ihren Ehrgeiz und stärkte ihre Gleichgültigkeit gegenüber wichtiger Entscheidungen. Und er wurde von Tag zu Tag stärker. Kein betäubender Trank konnte mehr davon ablenken.

      Imra war noch nicht bereit für das, was sie von ihm erwartete. Sie hätte noch einige Wochen benötigt, um ihn in das Nötige einzuweihen - in das, was er eigentlich wissen musste, um den Anforderungen gerecht zu werden, die sie an ihn stellte.

      Eskjat zu finden und ihm die geheime Botschaft zu übergeben, war sicher nicht das Problem. Und der Tod des Tempelschülers Ascam würde durch den Shaj der Erde sicher bald aufgeklärt werden, dazu bedurfte es nur etwas Geduld und Hartnäckigkeit. Auf Talmir konnte ihn niemand vorbereiten, er musste selbst einen Weg finden, dem Shaj des Himmels auf die Finger zu schauen. Doch die letzte Aufgabe, die schwerste, konnte er kaum bewältigen. Er war zum Scheitern verurteilt, aber er musste es zumindest versuchen. Imra, der Weber, der nun zum Herrscher geworden war, war vielleicht ihre letzte Chance, das Schlimmste zu verhindern. Aber sie glaubte nicht daran.

      Das Schicksal – das ihres Landes wie auch ihr eigenes – schien ihr aus den Händen zu gleiten, sofern sie es jemals überhaupt hatte bestimmen können. Wenn sie es tatsächlich nicht mehr schaffte, die Situation unter Kontrolle zu bringen, dann würde sie – wie ihr Name es von ihr verlangte – das Ende bringen. Wenn auch auf eine Art und Weise, die sich niemand jemals gewünscht hätte.

      Ein ganzes Stück hinter sich hörte sie Stimmen. Die Cas hatten wieder zu ihr aufgeschlossen.

      Lennys fragte sich, ob sie enttäuscht waren, weil sie sich so von ihnen fernhielt. Es waren gute Krieger. Alle. Auch wenn sie zuweilen den einen oder anderen tadelte, so hatte doch jeder von ihnen Qualitäten, die aus den anderen hervorstachen. Im Grunde hatten sie es nicht verdient, so von der Herrin behandelt zu werden, deren Leben sie mit ihrem eigenen zu schützen geschworen hatten. Wer von ihnen wusste schon, dass sein Tod vielleicht umsonst sein würde? Die größte Gefahr, die ihr eigenes Leben bedrohte, war ausgerechnet eine, vor der kein Cas, kein Krieger und auch sonst kein Mensch sie schützen konnte. Und die gefährlichste Waffe, die sich gegen sie richtete, war in ihr selbst.

      Obwohl sich alle Sieben versammelt hatten, herrschte Stille in dem Raum. Keiner von ihnen konnte leugnen, dass ihm der scharfe Grat, auf dem sie sich eben bewegten, nicht bewusst war. Und jedem einzelnen machte etwas anderes zu schaffen. Das, was sie alle trotzdem verband, war zwar stark genug gewesen, sie zusammenzubringen, aber es reichte noch nicht, um diese Gemeinsamkeit in Worte zu fassen oder gar Taten daraus folgen zu lassen. Einer musste den Anfang machen.

      Schließlich stand der, der sie zusammengeführt hatte, auf.

      „Ihr alle wisst, dass unser Kreis nicht vollständig ist.“ sagte er und hier und da antwortete ihm ein schwaches Nicken. „Wir haben ein Ziel, aber niemand weiß, welcher Weg dorthin führen wird. Einige glauben, ihn zu kennen und sind deshalb nicht hier, weil sie ihm bereits folgen. Jetzt lautet die Frage für jeden von uns, welchen wir einschlagen wollen.“

      „Sind wir denn wirklich sicher, was das Ziel ist?“ fragte ein anderer. „Es ist nicht immer leicht, das Richtige vom Falschen zu unterscheiden.“

      Der Älteste in der Runde stand auf. „Akosh, Schmied aus Goriol. Cas und Waffenschmied unter Saton. Du hast uns aufgesucht. Jeden einzelnen von uns. Und du hast uns dein Wissen offenbart. Jeder von uns hat einen anderen Grund, weshalb er hier ist. Wir könnten unterschiedlicher nicht sein. Sprich noch einmal zu uns und sage uns: Welche Wege tun sich auf, zwischen denen wir uns entscheiden könnten?“

      Akosh dachte lange nach. Er sah in jedes einzelne der sechs Gesichter und stellte sich vor, was sich dahinter verbarg. Welche Gedanken, welche Fähigkeiten, welche Wünsche und welche Ängste.

      „Die Shaj der Nacht ist mit den Cas in den Süden geritten, um dort Iandal und Log zu schlagen und um einen Krieg zu gewinnen, der schon vor zwölf Jahren begann. Es heißt, niemand könne sie im Zweikampf besiegen. Doch wie ich euch bereits sagte, ist das ein Irrglaube. Ihre Kraft bröckelt von Tag zu Tag und ihr Wille ist so angreifbar wie nie zuvor. Was liegt da näher, als ihren Spuren zu folgen?“

      Wieder war es der Älteste, der zuerst antwortete: „Mir fehlt es an Jugend und Stärke für eine solche Reise. Ich wäre dir eine Last und kein Gewinn. Dieser Weg, Akosh, bleibt mir verwehrt.“

      „Einen weiteren kennt ihr bereits, denn einige gehen ihn schon. Doch nicht alle können sich ihnen anschließen, wie ihr wisst. Wer die Bedingungen erfüllt und es wagen möchte, wäre ihnen sicher eine große Hilfe.“

      Der СКАЧАТЬ