Название: ATTENTI AL CANE! - e al padrone
Автор: T. F. Wilfried
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783741827426
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Abschleppen, Kostenvoranschlag in Auftrag geben, Versicherung benachrichtigen, Polizei erklären, wie man so etwas nüchtern fertig bringt, und Tourenplanung korrigieren.
Zum Parkplatz nach Lirich mit Golf ging ja nun nicht mehr. Leihwagen gab das angespannte Budget nicht her. Also Samstag früh mit dem Taxi zum Bahnhof. Von da nach Duisburg Hauptbahnhof. Von da dann wieder per Taxi zum Treffpunkt Parkplatz Lirich.
Mutti wusste immer noch nicht, dass er gerade einen Schwulentreff ansteuerte. Der Taxifahrer schon. Entsprechend merkwürdig muss diesem die ganze Aktion vorgekommen sein. Im HSV-Trikot und Fan-Schal um diese Zeit zum Rendezvous? Ein wenig anders sind die vom anderen Ufer ja schon. Aber so?
Mutti konnte überhaupt nicht verstehen, warum der Taxifahrer ihn das Fahrziel wiederholen ließ. Beim letzten Mal mit einem langgezogenen »wirklich auf den Parkplatz nach Lirich?«
»Hab ich doch gesagt«, so Mutti allmählich merklich genervt. Also stand Mutti um sieben Uhr morgens auf besagtem Parkplatz. Der natürlich um diese Uhrzeit nicht sonderlich frequentiert war. Es kamen aber vereinzelt Freier der Nacht zurück, ihre abgestellten Autos abholen.
Mutti war an diesem Morgen schon ein Novum für die Stammgäste des Parkplatzes. Entsprechend gesellig verlief seine Wartezeit. Dies umso mehr, da Mutti - wie immer überpünktlich - geschlagene zwei Stunden zu früh dran war.
Als Tom-Tom dann um neun Uhr am Parkplatz eintraf, war Mutti in regem Gespräch mit vier schillernd bunt gekleideten Nachtschwärmern und versuchte gerade, zu erklären, wieso er denn mutterseelenallein hier in der Gegend herumstand und wieso der HSV der beste Verein der Welt ist.
Geglaubt haben sie ihm die »warte auf meinen Kumpel!« -Geschichte sowieso nicht. Mutti hatte auch noch brav seine Handy-Nummer verteilt, weil er wohl dachte, er könne weitere Fans rekrutieren.
Hat er dann auch, wie diverse Anrufe in der Folgezeit zeigen sollten. Zum Spiel wollte allerdings keiner. Spielen dagegen schon. Das wollte dann Mutti aber nicht.
»Wieso hast du mich denn nicht angerufen und Bescheid gegeben, dass du mit dem Zug kommst? Ich fahre doch fast am Hauptbahnhof vorbei, wenn ich die A 3 hochkomme!«, hatte Tom-Tom Mutti gefragt, nachdem er die Geschichte so halbwegs verstanden hatte. Mutti meinte nur, abgemacht sei abgemacht. Er wollte halt keine Umstände machen. Und geplant sei geplant.
Also ging es wieder auf die A 3, dieses Mal in Gegenrichtung. Richtig. Wieder unweit vom Hauptbahnhof an Duisburg vorbei und ab zum Heimspiel nach Hamburg. Muttis Bemerkung, »das waren aber lustige Typen hier«, ließ Tom-Tom dann mal unkommentiert. Mutti hatte auch so schon Aufregung genug gehabt. Nähere Details hätten ihn nur noch unruhiger gemacht.
Mutti war herzensgut, aber ein echter Schisser. Genauere Kenntnis darüber, mit wem er gerade zwei Stunden alleine auf einem abgelegenen Parkplatz verbracht hatte, hätte bei ihm eine oh-Gott-oh-Gott-Überreaktion ausgelöst, die ganz bestimmt bis Hamburg angehalten hätte. Das wollte Tom-Tom Mutti und sich selbst nicht antun.
»Und worüber habt ihr euch so unterhalten?« Mutti: »Die wollten mich zur after-Party mitnehmen. Aber ich habe ja schon etwas anderes vor.«
Hinterher war sich Tom-Tom nicht mehr sicher, ob Mutti wirklich diesen Ausdruck verwendet hatte. Oder ob er den Spätfolgen seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit erlegen war.
Abgestandene platte Witze erzählen konnten so einige der psychisch kranken Betreuten in der Werkstatt. Etwa vom Kaliber: »Was sagt ein Schwuler, wenn die Feierabend-Sirene ertönt? Ist doch logo: Der Homo lässt die Arbeit ruh’n und freut sich auf den afternoon / After nun!« – Oh hauah hauah ha. Konnte ja auf Dauer nicht gut gehen.
Wieso Mutti es im normalen Leben geschafft hatte, Ressortverantwortlicher einer kommunalen Verwaltung zu werden, hatte Tom-Tom angesichts regelmäßiger nicht unerheblicher Planungsschnitzer auf diversen Touren schon des Öfteren gewundert.
Andererseits nun wieder, wenn Tom-Tom genauer darüber nachdachte. So ungewöhnlich waren die Erlebnisse mit Mutti im Vergleich zu dem, was Tom-Tom selbst schon im Umgang mit Behörden erlebt hatte, denn auch wieder nicht.
Alles in allem wurde es aber doch noch ein schöner Tag für Mutti. Was natürlich auch daran lag, dass endlich wieder ein Heimsieg eingefahren wurde.
Und Mutti durch einen anderen Organisator ersetzen? Um nichts in der Welt. Schließlich wollten ja alle ihren Spaß haben. Und der war mit Mutti - Ergebnis hin, Ergebnis her – garantiert.
Außerdem hätte sich wohl auch niemand sonst gefunden, der für diesen Chaoten-Haufen Planungsverantwortung hätte übernehmen wollen.
8 – Rantzau
Nachdem der Sozialpädagoge endlich von der Toilette zurückgekehrt war, setzte er seine Erzählung fort:
»Seit Kurt nach einem sehr, sehr langen Aufenthalt aus der Klinik entlassen worden war, beruhigten sich die Dinge für eine Weile etwas«, nahm der Sozialpädagoge den Faden wieder auf. Tom-Tom hatte in der Zwischenzeit drei Zigaretten geraucht. Verbotener Weise im Büro. Doch das wir ihm im Moment egal.
Kurt nahm also seine Arbeit in der Werkstatt wieder auf. Behielt Abstand zu jeglichen Projekten. Und kümmerte sich um sein Erbe. In der Werkstatt hatte man angenommen, Kurt würde gar nicht zurückkommen, da er als Erbe jetzt mit eigenem Vermögen ausgestattet war. Was für ihn bedeutete, er musste seinen Werkstattplatz nach dem Tod der Mutter aus eigenen Mitteln bezahlen.
Doch Kurt schien richtig aufzuleben. Zusammen mit dem Amtsbetreuer wurde der Nachlass geordnet. Der Sozialpädagoge stellte Kontakt zu einer Arbeitsloseninitiative her, welche Kurts Scheibchenvilla einer Komplettrenovierung unterzog. Bis auf die Dacheindeckung wurde es sogar recht ansehnlich. Doch mit fließendem Wasser in den eigenen vier Wänden hatte Kurt ja bereits einschlägige Erfahrung, seit er die Badewanne zum Schweißplatz umfunktioniert hatte.
Aufgrund der sehr guten Verlaufsprognose durch den behandelnden Neurologen stand sogar in Aussicht, dass die Betreuung bis auf die Vermögensvormundschaft wieder aufgehoben werden könnte.
Kurts Schwester hatte in der Zwischenzeit ihre zweite Tochter geboren und war so sehr damit beschäftigt, diese überall herumzuzeigen in Rantzau, dass sie Kurt fast ein Jahr lang in Ruhe ließ. Doch dann kam der erste Geburtstag des Töchterchens und Kurt erhielt eine Einladung hierzu nach Rantzau. Kurt sollte in einem spirituellen Akt der Esoterikgemeinschaft zum Hauptpaten der kleinen Helene ausgerufen werden.
Was das konkret bedeuten mochte, konnte Kurt nicht sagen. Artig machte er sich trotzdem an einem schönen Spätsommertag auf den Weg nach Rantzau. Er fuhr mit dem Zug bis Hamburg. Unternahm, da er noch etwas Zeit bis zur Anschlussverbindung hatte, die kleine Stadtrundfahrt im Doppeldeckerbus. Natürlich auf dem Oberdeck, denn es war ein wirklich schöner Tag. Und wie gesagt. Er war richtig gut drauf. Sogar sein Logbuch hatte er zu Hause gelassen.
Stattdessen machte er mit seinem neuen Smartphone - übrigens der einzig nennenswerte Wertgegenstand, den Kurt sich nach seinem Erbantritt geleistet hatte - zahlreiche Erinnerungsbilder.
Wieder am Hauptbahnhof angekommen, fuhr Kurt mit dem Regionalexpress weiter nach Lübeck. Erneuter Umstieg in die Regionalbahn nach Plön. Endstation Malente. Wo ihn seine Schwester mit ihrer kunterbunten und klapprigen Kastenente abholen СКАЧАТЬ