Название: Genesis IV
Автор: Alfred Broi
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Genesis
isbn: 9783750219854
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Auch konnte sie nicht verstehen, warum er jetzt so offensichtlich seinen Lauf abbremste und sich sogar gegen ein Weiterkommen stemmte, wo sie das Ende des Tunnels doch in wenigen Metern erreicht haben würden und sich die Dunkelheit um sie herum gerade begann in helles, pulsierendes Sonnenlicht zu wandeln.
Melia aber hielt an ihrem Vorhaben fest. Wahrscheinlich, nein ganz sicher sogar, bekam er kalte Füße und war unsicher und ängstlich. Doch sie war das genaue Gegenteil davon und deshalb zog sie jetzt einfach noch fester an ihm, um ihn ins Licht zu führen.
Das kostete sie beinahe ihre ganze Kraft und sie musste sich zu ihm umwenden, um nicht erfolglos zu bleiben. Während es ihr so gelang, weiter voranzukommen, hörte sie wieder dieses merkwürdige Kichern, das so gar nicht von ihm stammen konnte.
Dann aber spürte sie, wie sie ins Sonnenlicht trat. Eine Welle angenehmer Wärme erfasste sie und gab ihr neuen Mut.
Doch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Dann schon wurde die Wärme immer intensiver und unangenehmer. Einen Moment später war es schon sehr heiß und die Hitze schmerzte in ihrem Rücken.
Während sie gerade noch erkennen konnte, wie der Mann, den sie so sehr liebte, aus dem Schatten des Tunnels ins Licht trat und sie erneut ungeheuer fasziniert von seinem wunderschönen Gesicht war (von dem sie jedoch seit jenem schicksalhaften Tag in Ara Bandiks nicht mehr wusste, dass es sich dabei um Mavis handelte), musste sie schon herumwirbeln, um zu sehen, was hinter ihr vorging.
Und kaum hatte sie das gewaltige, furchtbare Flammenmeer und die schier unfassbare Zerstörung, die sich vor ihnen ausbreitete, erkannt, wurde sie von einer schrecklichen Panik erfasst, die ihr das Herz zusammenzudrücken schien. Statt der großen Menschenmenge, die in gespannter Erwartung auf sie herabschaute, sah sie überall nur Trümmer, Leichen und Flammen. Ein furchtbares Bild eines grausamen Krieges.
In ihrer Fassungslosigkeit überkam sie wieder dieses widerliche Gefühl der Unruhe und sie wirbelte zurück zu Mavis.
Auch in seinen Augen konnte sie pure Fassungslosigkeit erkennen.
Doch da war auch noch mehr. Da war auch...Angst und Schmerz!
Aber noch bevor sie all das wirklich realisieren konnte, erhob sich hinter seinem Rücken ein monströser Schatten mit riesigen, furchtbaren Klauen. Gleich darauf ertönte wieder dieses schrille Kichern, doch dieses Mal wurde Melia brutal bewusst, dass es kein Kichern war und sie dieses Geräusch mehr als gut kannte. Es war das Geräusch des Todes!
Mavis öffnete seinen Mund, als wolle er ihr etwas sagen, doch fast gleichzeitig bäumte sich sein Körper auf, drückte sich sein Brustkorb nach vorn und seine Augen weiteten sich in purem Entsetzen.
Melia spürte, wie sich ein furchtbarer Schrei in ihrer Kehle bildete, doch noch bevor er nach außen jagte, durchstieß die grauenhafte, rasiermesserscharfe Kralle des Monsters hinter ihm wuchtig Mavis Oberkörper. In seinen eigenen Schrei aus Verwirrung und Schmerz, mischte sich das Geräusch eines gewaltigen Blutschwalls, der wie aus einem platzenden Luftballon auf Melia zuschoss und ihr direkt ins Gesicht und auf den Oberkörper spitzte.
Und genau in diesem Moment drang ihr eigener, gellender Schrei nach außen...
Melia riss ihre Augen auf und ihr Oberkörper zuckte ruckartig in die Höhe.
Ihr Schrei, der so wuchtig aus ihr herauszubrechen drohte, erstickte in der Bewegung, sodass nur ein schmerzhaftes Stöhnen zu hören war.
Während ihr Atem stoßweise und flach, aber rasend schnell ging, spürte sie ein widerliches Rauschen in ihren Ohren und ihren wuchtigen und hämmernden Herzschlag unter der Schädeldecke.
Das Bild vor ihren Augen war anfangs verschwommen, doch auch als es sich klärte, brachte es kaum Erkennbares hervor, denn um sie herum herrschte ziemliche Dunkelheit.
Melia lauschte, doch sie konnte kein Geräusch vernehmen, außer ihrem eigenen, hektischen Atem.
Als sie sich umblickte, sah sie ein sehr schwaches Licht, milchig-blau aus unbestimmter Quelle, einige Meter rechts von ihr, doch es war nichts und niemand dort zu erkennen.
Und so blieb sie allein in der Dunkelheit mit ihren furchtbaren und quälenden Erinnerungen, die sie schon oft heimgesucht hatten, wenn sie eingeschlafen war, nur damit sie am Ende voller Grauen und Panik aufschreckte, um zu erkennen, dass sie nur geträumt hatte.
Stets stand dabei dieser Mann im Mittelpunkt ihrer Träume. Der Mann, von dem sie wusste, dass sie ihn kannte, an den sie sich aber mit jedem neuen Tag nur noch schemenhafter erinnern konnte.
Ohne Chalek und dem Stein, den er auf wundersame Weise beeinflusst hatte, damit er ihre Erinnerungen speicherte, hätte sie ihn sicherlich schon längst vergessen.
So aber betrachtete sie ihn stets bevor sie einschlief. Am Ende konnte sie dann so unendlich intensiv von ihm träumen, dass nur die Realität klarer hätte sein können. Bis zu dem Moment, da sie, so wie gerade eben, schweißgebadet und voller Entsetzten aufschreckte.
Und während es ihr dann gelang, sich wieder zu beruhigen, war ihr klar, dass sie geträumt hatte, dass die Realität jedoch nicht viel besser war, denn konnte sie in ihren Träumen diesen Mann so klar und deutlich vor sich sehen, so war jedes Bild von ihm dahin, sobald sie die Augen geöffnet hatte.
Zurück blieb nur eine undeutliche, schemenhafte Erinnerung an ihn. Die konnte zwar sein Bild im Stein wiederauffrischen, doch der Schmerz in ihr blieb, weil sie wusste, dass sie diesen Mann einst wirklich geliebt haben musste, da Chalek nur so imstande gewesen war, sein Bild überhaupt in dem Stein zu bewahren.
Und all diese bittere Erkenntnis, all diese Machtlosigkeit ohne Hoffnung, machte sie zynisch, unruhig und zornig, weil sie erkannte, wie trostlos, erbärmlich und wertlos ihr eigenes Leben war.
Bis zu dem Moment, wo ihr die Realität des globalen Krieges, dem sie nun schon seit sieben Jahren ausgesetzt waren, wieder bewusst und ihr damit klar wurde, dass sie weder das Recht hatte, sich zu beklagen, noch die Zeit war, um Derartiges zu tun.
Frustriert, kraftlos und ohne jede Hoffnung stöhnte sie nochmals auf und atmete tief durch.
„Alles okay?“ Die Worte kamen von rechts aus dem unwirklichen Halbdunkel. Obwohl dort noch immer niemand zu sehen war, blieb Melia ruhig und gelassen, denn sie kannte die Stimme nur zu genau. Stattdessen zeigte sich ein säuerliches Grinsen auf ihren Lippen. „Nein...!“ gab sie zurück und sie lachte einmal leise verächtlich auf. …nicht wirklich!“ Sie erhob sich und ging ein paar Schritte auf das bläuliche Licht zu. Allmählich waren die dunklen Umrisse einer Person zu erkennen, die vor einer Felswand saß. Neben ihr lagen ein paar kleine Leuchtkristalle, die für das diffuse Licht sorgten. Melia trat neben die Gestalt und hockte sich nieder. Jetzt konnte sie das Gesicht des Mannes sehen, der sie ebenfalls geradeheraus anblickte. Es war Kalipos, der Anführer ihrer Gruppe, die er vor so unendlich langer Zeit hier oben auf dieses Hochplateau geführt hatte, wo sie seitdem unerkannt vor ihren Feinden und dem Krieg lebten und überlebten. Die Jahre hatten sein Gesicht deutlich geprägt. Es war kantiger, wettergegerbt, aber auch sehr viel älter geworden. Für einen Wimpernschlag trafen sich ihre Augen und Melia huschte ein ehrliches Lächeln über die Lippen, bevor es wieder verschwand und sie ihren Kopf zur Felswand drehte. Dort gab es einen СКАЧАТЬ