Название: Sieben Farben
Автор: Anna J. Heeb
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844262735
isbn:
Der nächste Raum zeigte römische Kunst. Man konnte hier Nachbildungen von Bildern aus Pompeji und allerlei Mosaike bestaunen. Die Kinder bewunderten die aus kleinen bunten Steinchen zusammengesetzten Kunstwerke.
‚Wie lange da wohl einer dran gesessen hat?’ dachte Peter. Lara stand derweil gedankenverloren neben ihm. Er bemerkte, dass sie etwas sehr beschäftigte. Doch ihm blieb keine Zeit nachzufragen, denn schon ging es in den nächsten Raum.
Dieser war sehr groß und dem Mittelalter gewidmet. Bilder mit christlichen Themen hingen hier. Durch ihren goldenen Hintergrund strahlten die Bilder in einem eigentümlichen Glanz. Sie wirkten feierlich, manchmal ein wenig traurig. Ihr Anblick ließ Peter schwer atmen. Weiter hinten gab es dann aber zum Glück Erfreulicheres. In einem breiten Zwischengang, der diesen und den nächsten Ausstellungssaal verband, hingen einige Winterlandschaften. ‚Das passt ja’, dachte Peter und schüttelte sich, weil er an die Kälte draußen denken musste. Lara schien weiterhin nicht ganz bei der Sache zu sein. Beinahe hätte sie ihn im Gehen umgestoßen, weil sie so in ihren Gedanken versunken war.
„Was ist denn los? Hat Dich die Kunst so tief beeindruckt?“ fragte er schließlich mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht.
Lara schüttelte den Kopf. „Nichts. Weiß auch nicht. Muss nachdenken…“
Peter schaute irritiert und dacht: ‚Hoffentlich heckt sie nicht schon wieder irgendwas aus…’
Nun kamen sie in einen weiteren sehr großen Ausstellungssaal. Hier hingen Bilder aus der Renaissance. Wunderschön waren sie. Peter atmete auf. Das gefiel ihm. Die Farben sprangen ihn förmlich an. Er spürte, wie er wieder besser Luft bekam. Auch das Gähnen der restlichen Kinderschar ließ merklich nach.
„So“, hob Herr Krenzler wieder an. „Hier haben wir ein Bild von Botticelli. Schaut mal, er hat den Frühling gemalt.“
„Was sind das denn für Frauen, die da so komisch im Kreis tanzen?“ fragte Christian mal wieder etwas vorlaut.
Herr Krenzler lächelte. „Das sind… äh… die Göttinnen der Schönheit und der Anmut… Und seht mal hier. Das ist ein Bild von Leonardo da Vinci. Die Madonna in der Felsengrotte. Schaut Euch mal an, wie meisterhaft… äh… der alte Leo mit den Farben umgehen konnte…“
Nach ein paar weiteren Ausführungen des Referendars zog die Gruppe weiter.
Im nächsten Raum hingen barocke Gemälde. Auf den Bildern waren auffällig viele wenig bekleidete, füllige Frauen zu sehen.
„Kinder, bleibt mal bitte hier… äh… an der Bank stehen. Genau… Sehr schön… Also, das hier sind Gemälde von Rubens. Äh… Wie Ihr seht, hatte er eine Vorliebe für…“
Lara stand ziemlich weit hinten. Wie immer. Sie war im Drängeln nicht gerade gut. Naja, egal. Sie schaute sich im Raum um und träumte vor sich hin. ‚Der hat ja ziemlich große Bilder gemalt, dieser Rubens’, dachte sie.
Der Referendar führte die Gruppe weiter in den nächsten Raum. Hier hingen ebenfalls Barockbilder, allerdings zeigten sie Gegenstände und Obst und so. „Na, weiß einer, wie man diese Art von Bildern nennt?“ Tobias meldete sich eifrig.
„Ja, bitte.“ Herr Krenzler schaute den Jungen an.
„Ich weiß es. Das sind Obststückchen.“
Die Gruppe lachte. Tobias schaute etwas betreten und grummelte in sich hinein: „Weiß gar nicht, was daran so lustig ist. Man nennt Bilder, auf denen das Meer zu sehen ist, ja auch Seestücke. Dann sollten Bilder, auf denen Obst ist, auch Obststücke heißen. Und wenn sie so klein sind, nennt man sie wohl eher Stückchen…“
Herr Krenzler lachte nicht, er schaute Tobias nur aufmunternd an und sagte. „Nicht ganz, es ist aber trotzdem gut, dass Du Dich getraut hast.“ Dann hob er wieder den Blick über die Gruppe und rief: „Noch jemand?“ Er blickte in zehn erwartungsfrohe Kindergesichter, die alle keine Lust hatten, sich zu melden…
„Na gut, also, das sind so genannte Stillleben.“
„Ihh!“ Marina zuckte zurück.
„Was ist denn passiert?“ fragte Herr Krenzler erschrocken.
„Da ist ein Käfer auf dem Bild!“ Marina konnte vor Ekel kaum an sich halten. Herr Krenzler ging auf das Bild zu und fing an zu lachen.
„Mensch, Marina, da bist Du aber auf das Bild richtig hereingefallen. Äh… Das ist doch kein echter Käfer. Der ist nur gemalt.“
Marina schaute ihn ungläubig an. Widerwillig näherte sie sich dem Bild und erkannte ihren Irrtum. Sie verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. „Warum malen die denn so was auf ansonsten so schöne Bilder?“ fragte sie ungläubig.
„Insekten sind ein Zeichen von Vergänglichkeit“, entgegnete Herr Krenzler. „Die Bilder sollen den Menschen an die Vergänglichkeit allen Seins erinnern.“ Die Kinder schauten ihn irritiert an.
Herr Krenzler dirigierte seine Schützlinge in den nächsten Raum. Hier hingen sehr elegant aussehende Gemälde von Damen und Herren in pastellfarbenen Kleidern. Den Mädchen gefiel das gut. Die Jungen fanden es ziemlich öde. Lara stand mal wieder ganz hinten. Sie wurde fast an die Wand gedrückt. Tobias schaukelte vor ihr unruhig hin und her. Sie machte einen weiteren Schritt nach hinten und merkte, wie sie mit ihren Schultern die Wand berührte. Es knarrte leise. Da war gar keine Wand, sondern eine Tür, die sich unter ihrem Gewicht langsam öffnete. ‚Oh je’, dachte Lara. Aber da war die Tür schon auf. Sie konnte durch einen Spalt in den dahinter liegenden Raum schauen. Nun wurde ihre Neugier geweckt. Sie zwängte sich durch den entstandenen Spalt hindurch. Peter schaute ihr ängstlich hinterher. Er verdrehte die Augen. „Was stellt sie denn jetzt schon wieder an?“ flüsterte er mit besorgter Miene.
Lara stand in einem hellen Raum mit fliederfarbenen Wänden, an denen Werke aus allen Epochen hingen. Ein eigenartiger Glanz ging von manchen dieser Gemälde aus. Ihre Farben schienen förmlich aus ihnen herauszuspringen. Lara schaute sich um. Ihr Blick fiel auf ein kleinformatiges Bild. Es zeigte eine hügelige Landschaft, durch die sich ein Fluss schlängelte. Das Gemälde gefiel ihr sehr. Auf einem kleinen Zettel, der etwas lose am unteren Teil des Rahmens hing, stand ein Name: PHILIPP KONSTANTIN. „Philipp Konstantin“, flüsterte Lara. „So heißt ja mein Vater!“ rief sie etwas lauter aus. Das musste es sein! Sie hatte das Bild ihres Vaters gefunden. Wieso hing es denn hier?
Plötzlich hörte Lara aus der hinteren, ziemlich dunklen Ecke ein leises Flüstern, das immer lauter wurde. Lara blickte angestrengt in seine Richtung. Sie konnte aber niemanden erkennen.
„Hat die feine Dame mich immer noch nicht bemerkt, was?“
Lara schaute nach unten. Da stand ein kleines, ziemlich seltsames Männlein vor ihr. Es trug eine rote, samt schimmernde Mütze, einen grünen Umhang, unter dem ein gelbes Seidenhemd hervor schien. Seine Beine wurden von einer blauen Samthose mit orangefarbenen Knöpfen bekleidet. Darunter trug es schwarze Stiefel mit weißen Schnürsenkeln. Alles in allem war es eine sehr bunte Erscheinung. Zu allem Überfluss leuchteten seine Augen violett. Seine Wangen glühten vor Aufregung und СКАЧАТЬ