Tusnelda. Kathy B.
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Название: Tusnelda

Автор: Kathy B.

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746772653

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СКАЧАТЬ „In welche Richtung gehen Sie denn?“ Na ja, gut. Dann liefen wir eben mit bis zu Lidl. Ich erklärte ihr aber gleich, dass ich nicht warten würde. „Bei Ihnen dauert es doch Stunden.“ „Ich habe nur ein was.“ „Na!“ „Na ja. Zwei was. Mehr Geld habe ich auch gar nicht.“ Aber für den Getränkeladen hinterher schien es, noch zu langen.

      Anderntags bat sie um eine Rolle Toilettenpapier. „Ich weiß auch nicht, was Sally damit macht. Die muss das essen.“ Eine Milch bräuchte sie auch. Und wenn ich vielleicht noch bisschen Tabak hätte. Ich war eh das blanke Warenhaus. Ob es eine Kopfschmerztablette, ein Pflaster, ein Ei oder ein Umschlag waren. Sie konnte doch nun schon unsere Gefriertruhe mitbenutzen. Das Telefon konnte sie haben, wenn sie es brauchte. Briefmarken sparte sie sich auch. „Ich hätte da noch was zu faxen.“ „Machen Sie hin.“

      Die Nummer vom Jobcenter kannte ich mittlerweile auswendig. Wahrscheinlich hatte sie wieder mal eine Ausrede, um nicht dorthin zu müssen. Wie ich ihr das Schreiben und den Sendebericht gab, erzählte sie mir von dem Widerspruch. Weil sie zu wenig Geld gekriegt hätte. „Frau Herfurth. Sie wissen, dass ich nichts lese. Aber, dass es eine komplette Seite war, war ja nicht zu übersehen. … Das können Sie nicht machen. Einen Widerspruch begründet man nicht. Wenn Sie dort ein was falsch schreiben, ist das Ganze hinfällig. Widerspruch zu der Sache. Angenommen Leistungsbescheid vom so und so Vielten. Und Sie bitten um Neuberechnung.“ Das wollte einfach nicht in der ihren Kopf. Ihre ehemalige Kollegin, die sie immer mal besuchen kam, hätte gesagt, sie würde ganz toll schreiben. „Das haben auch schon andere bemerkt.“ „Aber ein Amt will keinen Roman. Wenn das jeder machen würde, würden die gar nicht fertigwerden. Vielleicht ist das manchmal der Grund, warum bei Ihnen nichts klargeht.“

      Es traf mich komischerweise immer gegen Abend. Egal, ob ich halb sechs, um sechs oder später Gassi lief. Irgendwie wollte sie da auch gerade los. Ein paar Tage konnte ich ihr einreden, dass wir schon nachmittags in die Richtung gelaufen wären. Weil Timmy hinter der Tankstelle an diesen Bahndamm gewollt hätte. „Wer weiß, was er gerochen hat. Vielleicht war ja eine läufige Hündin dort gewesen.“ Toll. Er hing ihr schwanzwedelnd am Bein. Und sie fragte ihn, ob er mitkommen will. Ich antwortete statt seiner: „Jetzt gehen wir an die Elbe. Sie können sich ihn dann holen.“

      Rico meckerte natürlich, wie er heimkam. „Was wollte ich denn machen?“ „Na nein sagen. Vielleicht will ich auch mal was von meinem Hund haben.“ „Gehst du ihn dir eben holen.“ „Das mache ich jetzt auch.“ „Und? Was hat sie gemeint?“, fragte ich hinterher.“ „Na eine Schnauze gezogen. Was denn sonst? … In Zukunft sprichst du das mit mir vorher ab.“ „Ja.“

      Ich kam wiedermal nicht drum herum. Also liefen wir wieder mit ihr bis zu Lidl. Sie jammerte den ganzen Weg nur. „Ich kann nicht mal den Termin auf dem Jobcenter wahrnehmen, weil ich kein Fahrgeld habe.“ „Sie kriegen doch aber das Ticket fürs nächste Mal. Das haben Sie wohl schon aufgebraucht?“ „Wenn man anders kommt, gibt` s keins.“ „Das wusste ich nicht.“ „Spielt auch keine Rolle.“ Der Termin wäre nicht so wichtig. Aber der beim Psychologen am nächsten Tag. „Ach. Gehen Sie nun doch?“ „Muss ich ja. Sonst kriege ich Sidney nicht wieder. Wir haben doch bald Verhandlung. … Ich sehe da zwar keinen Sinn drin.“ Ich sagte nur, sie sollte es einfach machen. Die eine Stunde würde sie schon mal überleben. Außerdem würden die auf dem Gesundheitsamt nicht so in der Vergangenheit herumbohren. Weil es eben nur begleitende Psychotherapie war. Sie hätte sich woanders einen Termin geholt. Bei einem richtigen Psychologen. Der wäre auch etwas näher dran. „Auch gut.“ „Ich weiß bloß nicht, wie ich hinkommen soll.“ Ich gab ihr fünf Euro. Mehr hatte ich nicht in bar. Dann musste sie sich eben auf dem Amt einen neuen Termin geben lassen. „Entschuldigen Sie sich aber vorher, nicht dass sie wieder gekürzt kriegen.“

      Am anderen Morgen stand sie mit einem Zettel da, den ich bitte faxen sollte. Hinterher käste sie mich voll, weil sie wieder die halbe Nacht nicht geschlafen hätte. „Dann dürfen Sie eben mal nachmittags nicht so lange. Vier Stunden ist zu viel. Da schläft kein Mensch noch acht nachts.“ Das ging links rein und rechts wieder raus. Jede Nacht halb zwei würde sie munterwerden. Und dann ginge sie eine rauchen. „Sie haben also auf die Uhr gesehen? Das ist der größte Fehler. Das Gehirn speichert das ab. Wir hatten nämlich einen Vortrag zum Thema Schlaf bei der Reha gehabt. … Wenn ich munter werde, trinke ich einen Schluck Wasser und drehe mich auf die andere Seite.“ „Fahren Sie in nächster Zeit in die Stadt?“ „Nein.“ Sie kniff die Lippen aufeinander. „Was brauchen Sie denn?“ „Ich dachte, dass Sie manchmal auf die Bank kommen. Sie holen doch immer mal Auszüge.“ „Frau Herfurth. Ich fahre doch nicht extra rein wegen so was. Da tut mir das Geld leid.“ „Vorn steht doch der Sparkassenautomat.“ „Ja. Das kostet fünf Euro.“ „Da kriegen Sie die eben von mir.“ Was so viel hieß, als dass sie Geld haben wollte. „Sie kommen so schon nicht klar und dann noch fünf Euro extra.“ Jetzt fing sie an, dass sie nichts mehr zu essen hätten. Und Sidney käme doch übers Wochenende. Mann. Ich hatte doch auch bloß einen begrenzten Wert zur Verfügung. Den Dispo hatte ich ausgeschlossen. „Wissen Sie, was das an Zinsen kostet, wenn ich mein Konto überziehe?“ Sie guckte nur, wie sie guckte. „Dann kommen Sie eben mit, wenn ich einkaufen gehe. Muss ich ihrs mit Karte bezahlen.“

      Sonntagmittag stand sie wie so ein armes Würstchen vor der Tür. Ihre Kinder würden Essensstreik machen. „Da wundern Sie sich noch. Immer ein und dasselbe. Reissuppe. … Wenn ich das schon höre.“ Sie hätte es beim Einkaufen nicht übertreiben wollen. „Frau Herfurth. Zum einen ist unten noch welche eingefroren. Und zum anderen, Linsen und Bauchspeck kosten auch nicht viel. Oder mal eine schöne Kartoffelsuppe. … Ich mach mal eine.“

      Mitte der Woche brachte sie mir das Geld vom Einkaufen. Es war abgezählt auf Heller und Pfennig. Fand ich auch schön. Sie hätte wenigstens mal fragen können, ob mein Konto noch im grünen Bereich gewesen war.

      Am Samstag hatte mein Mann Dienst. Ich kochte trotzdem. Das tat ich immer schon. Weil ich mittags was Warmes brauchte. Ich machte nur nicht so viel Ruß. Mir langten Kartoffeln mit Quark. Oder Butterbohnen. Heute war es eben Kartoffelsuppe.

      Halb eins hatte ich mit der obendrüber ausgemacht. Ich stieg mit dem Topf und einer kleinen Schüssel gewürfelter und gebratener Zwiebeln hoch. Tusnelda holte Teller aus ihrem Schrank und rief nach Sally. Ich tat beiden erst mal nicht so viel drauf. In die Mitte kam ein Löffel voll Zwiebeln. „Irgendwas muss rein. Und das ist die preiswerte Alternative. So haben wir das früher gegessen. Wenn Mutti keine Wiener gekriegt hatte.“ Es schien, beiden zu schmecken. Anders hatte ich das auch nicht erwartet. Wenn ich was konnte, dann war es kochen.

      Sally verschwand anschließend wieder in ihrem Zimmer. Vorher hätte ich es auch nicht angesprochen. „Und? Ist so eine Suppe teuer?“ „Nein.“, entgegnete Tusnelda. „Na also.“ „Schreiben Sie mir mal das Rezept auf.“ Die versaubeutelte den Zettel doch sowieso bloß. Das sagte ich auch auf den Kopf zu. „Nein. Den lege ich mit ins Kochbuch.“ „Also haben Sie eins. Und warum gucken Sie nicht rein?“ „Mache ich doch.“ „Dann weiß ich nicht, warum es nicht funktioniert.“ „Sally isst nicht gern Kartoffeln. Die isst lieber Reis.“ „Deswegen muss man doch nicht immer nur Reissuppe kochen. Machen Sie mal Reis mit Wurstgulasch.“ „Was will ich denn mit so einer großen Jagdwurst.“ „Also Frau Herfurth. Sie können doch die Hälfte einfrieren. Oder machen einen schönen Topf Soljanka von.“ „Das wäre auch mal was.“ „Sehen Sie.“ Und jetzt ging ich runter und machte eine gepflegte Mittagsruhe. Das wöllte sie auch tun. „Aber nicht wieder so lange.“, sprach ich. „Nein. … Wann gehen Sie denn Gassi?“ „Halb vier.“ „Stelle ich mir den Wecker.“ Ich war vielleicht begeistert.

      Die kam doch nie aus der Hüfte. Weil sie immer noch eine rauchen musste. Und aufs Klo. Und was anderes anziehen. „Menschenskinder.“ Das konnte sie lange gemacht haben. „Mit Ihnen gewinnt man auch keinen Krieg.“, sprach ich. Nach ein paar Metern merkte ich, dass sie eine Fahne hatte. Alles klar. Sie redete auch bloß Dünnschiss. Wieder im Haus angekommen, fragte sie, ob ich ein Bier für sie СКАЧАТЬ