Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
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Читать онлайн книгу Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 16

СКАЧАТЬ wenn er sich davon vertreiben lässt, dann sind seine Gefühle nichts wert. Dann will er wirklich nur mit mir ins Bett gehen, getrieben von etwas, das nichts mit ehrlichen Gefühlen zu tun hat.

      „Das ist ja, was ich meine. Das ist doch nicht normal!“, sage ich und ignoriere ihren letzten Satz geflissentlich. „Und was ist, wenn das zwischen uns nur so ist, weil wir von etwas dazu getrieben werden, um schließlich miteinander zu schlafen? Jetzt sofort! Ohne Verhütung!“

      „Mensch Carolin. Du hast Sorgen!“, brummt Christiane und sieht mich völlig verständnislos an.

      Warum glaubte ich auch nur eine Sekunde, dass sie mich verstehen kann?

      Weiter kommen wir auch nicht, weil ein Pulk von Ärzten den Raum betritt. Christiane wird von einer jungen Krankenschwester gebeten, kurz vor der Tür zu warten.

      Meine Unterlagen werden gesichtet, mein Befinden erfragt und dann brummelt der Oberarzt: „Gut, sehen wir mal nach der Verletzung.“ Er kommt näher und beginnt meinen Verband zu lösen.

      Ich rühre mich nicht, vor Entsetzen wie erstarrt.

      „Das sieht schon gut aus. Schwester Katrin wird einen neuen Verband anlegen und wir sprechen uns morgen noch mal. Ich denke, Sie können dann bald wieder nach Hause gehen.“

      Ich nicke nur.

      Der ganze Trupp begibt sich wieder zur Tür. Sie verlassen das Zimmer und Christiane schlüpft wieder rein.

      „Igitt, ist das eklig!“, kreischt sie auf und steht wie erstarrt da.

      Ich weiß im ersten Moment gar nicht, was sie meint. Erst als ihr Zeigefinger Richtung meines Halses zeigt und ihre riesigen Augen meinen Hals anstarren, ahne ich es.

      Ich klettere unter der Decke hervor und gehe ins Badezimmer, um mir das Ganze selbst anzusehen. Ich muss mich an dem Waschbecken festhalten, als ich das schrecklich Gelbe und Schwarze an meinem Hals sehe, das sich seitlich über den Nacken in Regionen zieht, die ich nicht weiter einsehen kann. Der Schnitt wurde mit richtigen Stichen zusammengenäht und sieht schrecklich aus. Julian hatte meine Halsschlagader tatsächlich nur um Haaresbreite verfehlt. Gruselig! Mir kommt das Bild von Frankensteins Monster in den Sinn, dem mit ähnlichen Stichen der Kopf festgenäht worden war.

      Ich wanke zu meinem Bett zurück und klettere wieder unter die Decke.

      Christiane sitzt wieder auf dem Stuhl und hält erschüttert ihre Tasche umklammert. „Das ist ja ganz schlimm“, sagt sie kleinlaut. „Du Arme!“

      Ich bin auch geschockt, will das aber vor Christiane nicht zeigen. Sie ist noch weißer als ich und wirkt völlig verstört.

      „Ich bin selbst schuld. Ich hätte Julian nicht in die Eier treten sollen“, sage ich und will mit meinem derben Ausruf dem Ganzen die Schärfe nehmen.

      „Du hättest dabei draufgehen können“, stammelt Christiane und scheint sich gar nicht wieder einkriegen zu wollen. „Dass Julian so weit geht!“

      Stimmt! Ich hatte natürlich nicht erwähnt, dass dies sein Ziel war. Nur Tims Hartnäckigkeit hatte ihn davon abgehalten und weil er ihm nicht sagte, was er wissen musste. Und natürlich Marcel, der mich wirklich rettete.

      Eine Schwester kommt mit einer weißen Schale ins Zimmer, in der sich Verbandsmaterial und einige Flaschen befinden.

      „So, da wollen wir mal wieder einen Verband anlegen“, sagt sie und lächelt freundlich.

      Es ist nicht die, die mir das schlechte Gewissen macht und ich hoffe, die hat für heute frei.

      Das Ganze geht superschnell und tut gar nicht weh. Mir fällt ein, was der Arzt gesagt hatte.

      „Was für ein Tag ist heute?“

      „Montag“, antwortet sie und legt alles wieder in die weiße Schale zurück.

      „Der Doktor hat gesagt, er entscheidet morgen, ob ich bald gehen kann.“

      Sie nickt: „Dann kannst du Mittwoch oder Donnerstag auschecken. Möchtest du das?“

      Ich nicke. „Auf jeden Fall. Das wäre echt klasse.“

      „Nah, dann hoffen wir mal, dass das klappt.“ Sie geht wieder und ich weiß, dass ich alles dransetzen muss, dass der Arzt mit mir zufrieden ist.

      „Waaas?“, tobt Christiane los. „Du willst damit“, sie zeigt auf meinen Hals: „schon nach Hause?“

      „Wenn sie mich lassen“, erwidere ich nur.

      Langsam öffnet sich erneut die Tür und wir schauen beide, wer das sein kann.

      Eine rote Rose mit weißem Schleierkraut und einem roten Stoffherzen, schön in Folien eingeschlagen und mit rotem Schleifenband verziert, schiebt sich als erstes durch die Tür. Dann folgt breit grinsend Marcel.

      Ich werfe verunsichert einen schnellen Blick in Christianes Richtung, die eigentlich nicht weiß, dass Marcel und ich hier als Paar gelten. Ich hatte es noch nicht erwähnt.

      Ihre Kinnlade macht sich gerade wieder selbstständig.

      Marcel kommt an mein Bett und beachtet Christiane gar nicht. „Hey, wie geht es dir, Süße?“ Er legt eine Hand auf meine Wange und küsst mich auf den Mund.

      „Besser“, antworte ich ihm, als er wieder von mir ablässt. Ich freute mich wirklich, ihn zu sehen und ich liebe seine Art, mit mir umzugehen. Er ist so ruhig und sanft. Und ich bin unendlich froh, dass ich so empfinde. Nach Tim war ich mir den ganzen Nachmittag nicht sicher gewesen, wie ich mich Marcel gegenüber verhalten werde.

      Er gibt mir die Rose und haucht mir ein „Ich liebe dich!“ zu, dass Christiane bestimmt nicht überhört hat.

      „Danke!“, antworte ich ihm peinlich berührt, weil er seine Gefühle immer wieder vor mir ausbreitet, und nehme die Blume entgegen. „Das ist so lieb von dir.“

      Es ist unglaublich, wie lieb und gefühlvoll Marcel ist und ich muss an Tim denken und seine übersprudelnde Art.

      Ein Blick zu Christiane zeigt mir, dass sie immer noch mit ihrer Kinnlade kämpft.

      „Kannst du mir eine Vase holen?“, spreche ich sie an und sie steht auf, als hätte ich einen Knopf an einer Fernbedienung gedrückt, der sie den Befehl ausführen lässt.

      „Ich gehe schon“, sagt Marcel und kommt ihr zuvor. Er verschwindet durch die Tür auf den Gang, um den Schrank mit den Vasen zu suchen.

      Christiane lässt sich wieder auf den Stuhl fallen und findet auch ihre Sprache wieder. „Das ist doch wohl eher der Grund, warum du mit Tim nicht zusammen sein kannst. Das ist echt voll krass! Seit wann seid ihr beiden denn zusammen?“

      „Naja, eigentlich erst seit gestern. Du weißt doch, dass Marcel die Polizei zu dem Labor geführt hat. Er hat mich da rausgetragen und ins Krankenhaus begleitet. Scheinbar hat er auch die ganze Zeit an meinem Bett verbracht. Ich habe das erst gestern richtig mitbekommen. Ich war wohl manchmal wach, habe aber nichts richtig gecheckt. Und dann hat er gestern …“ Weiter komme ich nicht. Marcel gleitet wieder ins Zimmer zurück und holt aus dem Badezimmer noch Wasser, kommt zum Bett und stellt die Rose in die Vase.

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