Nesthäkchens Jüngste. Else Ury
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nesthäkchens Jüngste - Else Ury страница 7

Название: Nesthäkchens Jüngste

Автор: Else Ury

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752937718

isbn:

СКАЧАТЬ hereinstürzte ein großer Hühnerhund. Dahinter Ursel, zum Ausgehen gerüstet.

      »Ursel, bringe den Hund hinaus. Du weißt, ich mag ihn nicht in den Wohnräumen«, ordnete die Mutter an.

      »Ach, Cäsar ist ein so braver Kerl, das nimmt er übel, wenn man ihn rausschmeißt. Und er hat das Biedermeierzimmer so gern. Er hat entschieden Schönheitssinn«, verteidigte Ursel ihren Liebling.

      »Ich finde es notwendiger, daß du dich um das kümmerst, was ich gern oder nicht gern habe, Ursel«, sagte Frau Annemarie mit leisem Vorwurf.

      »Puh – Mutti, mach' kein Gouvernantengesicht. Das steht dir nicht.« Aber da die Miene der Mutter sich nicht aufheiterte, wie das sonst öfters der Fall war, wenn Ursel ihren Spaß mit ihr trieb, setzte sie hinzu: »Schieß los, Muzi. Ich hab' nicht viel Zeit. Du hast mich zur feierlichen Audienz befohlen.« Für gewöhnlich hatte Ursel durch ihre drollige Art die Lacher auf ihrer Seite. Heute versagte ihr Erfolg bei der Mutter.

      »Du wirst für das, was ich mit dir besprechen will, Zeit haben, Ursel. Wo willst du denn überhaupt hin?«

      »Überall und nirgends. Zuerst mal zu Ruth oder zu Edith. Zu irgendeiner gleichgestimmten Seele, die wie ich ihre lang ersehnte Freiheit heute genießen will.«

      »Ja, aber höre mal, liebes Kind, soweit geht diese Freiheit denn doch noch nicht, daß du ohne Erlaubnis fortgehst«, wandte die Mutter ein.

      Ursel warf den Kopf mit dem prachtvollen Goldhaar ungezogen zurück. »Jetzt bin ich aus der Schule und erwachsen, folglich kann ich auch tun und lassen, was ich will«, gab sie keck zur Antwort. Aber da die Mutter sie nur, ohne sich zu äußern, stumm anschaute, setzte sie noch einmal, freilich nicht mehr ganz so selbstbewußt »na ja!« hinzu.

      »Wenn du dich auf einen solchen unreifen und unverständigen Standpunkt stellst, haben wir beide uns nichts mehr zu sagen.« Frau Annemarie war selbst erstaunt über die Ruhe, mit der sie Ursel begegnete. Früher wäre ihr das niemals möglich gewesen. Rudis Gleichmäßigkeit hatte sicher schon abgefärbt. Sie griff nach den Handtüchern und begann den Faden wieder durch das dünn gewordene Gewebe zu ziehen.

      Ursel sah unschlüssig auf die Mutter. Hätte dieselbe sie zurechtgewiesen, wie sie es verdient hatte – Ursel war klug genug, um das selbst einzusehen –, dann wäre sicher ihr Trotz geweckt worden. So aber tat ihr die ungezogene Antwort leid.

      »Du kannst mir ja erst noch sagen, was du von mir willst. Soviel Zeit habe ich schon noch«, lenkte sie ein.

      »Ich habe jetzt die Lust dazu verloren. Geh nur, du bist ja von heute an selbständig.« Die Mutter blickte nicht auf.

      »Also denn meinetwegen. Du willst es ja selbst.« Da meldete er sich wieder, der Trotzkopf. Ursel pfiff Cäsar und verließ das Zimmer. Ein paar Minuten später sah Annemarie sie von ihrem Erkerplatz aus den Kiesweg zum Gartenausgang entlanggehen.

      »Balg!« sagte Frau Annemarie aus innerstem Herzen heraus. Mit dem Mädel würde man noch einen schweren Stand haben. Man hatte ihm eben zu viel Willen gelassen, es allzu sehr verzogen. Das war wohl meist das Los der Nesthäkchen. Dabei war es ein so gutes Kind, die Ursel. Annemarie lächelte über sich. Da nahm sie doch die Krabbe, die das wahrlich nicht verdient hatte, vor sich selbst schon wieder in Schutz.

      Die Sonne hatte sich wieder mal verkrochen. Dem April fiel es ein, plötzlich einen Wolkensack voll Schneeflocken auf die Erde auszustäuben. Tatsächlich, es schneite. Annemarie blickte besorgt in den Garten hinaus. Dort gab es allenthalben schon Augen und Blattknospen an Baum und Strauch. Ein Jammer, wenn das zugrunde ging.

      Nanu, kam da nicht Cäsar zurück? Dann war die Ursel auch nicht weit davon. Denn die beiden waren unzertrennlich. Als winziges Hundebaby hatten die Kinder Cäsar in einem Eierkörbchen aus seiner Heimat an der Waterkant nach Berlin transportiert. Sie hatten Onkel Klaus, bei dem sie stets die Ferien zubrachten, so lange in den Ohren gelegen, bis er ihnen eins von den sieben »süßen« braunen Geschöpfen, die so drollig umherkrabbelten, geschenkt hatte. Annemarie war zwar nicht begeistert davon. Seitdem Puck, der Gefährte ihrer Kindertage, das Zeitliche gesegnet, hatte sie ihr Herz nicht wieder an eine Hundeseele gehängt! Ein Hund machte Mühe und Kosten. Und überhaupt solch ein junges, unerzogenes Tier, das noch nicht mal stubenrein war. Annemaries Hausfrauenherz lehnte sich gegen das neue Familienmitglied energisch auf. Aber wenn Ursel was wollte, dann wollte sie es eben. Außerdem hatte sie einen guten Verbündeten an Hans, der für alles, was da kreucht und fleucht, besonderes Interesse hatte. Und wenn es noch dazu von der Waterkant stammte, war ihm die Sympathie von Hans gewiß. Auch Rudi ließ diesmal seine Annemarie im Stich; der treulose Mann begab sich auf die Seite der Gegenpartei. Ein Hund sei für die Kinder der beste Spielgefährte, meinte er, außerdem auch ein Schutz für das Haus, wenn er in der Stadt wäre. Da hatte aber Frau Annemarie lachen müssen. Dieses winzige Ding von einem Krabbelwesen, kaum größer als eine Hand, sollte ihr Schutz sein! Aber sie ward überstimmt, und selbst ihr Vorschlag, Cäsar so lange in Lüttgenheide zu lassen, bis Onkel Klaus ihm die ersten Regeln des Hundeanstands beigebracht hätte, fand kein Gehör. Die Kinder wollten Cäsar unter allen Umständen mitnehmen, und auch Klaus meinte, es sei besser, wenn der Hund nicht erst die Freiheiten eines Gutes kennen lerne, sondern so früh wie möglich zu der Erkenntnis käme, ein wohlerzogener Stubenhund werden zu müssen. Ach, hätte Frau Annemarie geahnt, was ihrer harrte, sie hätte sich mit all ihrer Energie der Aufnahme des vierbeinigen Hausgenossen entgegengesetzt. Keine ruhige Minute hatte sie mehr. Cäsar, der in der ersten Zeit bescheiden umhergekrochen, begann alsbald zu springen, und zwar in so wilden Sätzen, als müsse er sich dafür schadlos halten, daß man seine Freiheit in Stadtmauern gezwängt. Keine Vase, keine Statue war vor ihm sicher. Alles wankte und schwankte um Frau Annemarie. Ihren besten hellila Teppich, über den sie selbst am liebsten schwebte, benutzte Cäsar ungeniert für seine Wünsche. Da war keine Rouleauschnur, keine Sesselquaste und keine herabhängende Decke, die nicht nähere Bekanntschaft mit Cäsars scharfem Gebiss machte. Aber als er es eines Tages wagte, seine Zähne in Annemaries neuen Kostümrock zu graben, da trat Frau Annemarie mit düsterer Entschlossenheit vor ihren Mann. »Wähle zwischen ihm und mir«, forderte sie. Rudi hatte sie lachend in seine Arme genommen. Cäsar aber wurde aus den Wohnräumen verbannt. Der Vater und Hans bauten ihm eine Hundehütte hinter dem Hause. Und das war gut. Denn Cäsar, der winzige, handgroße Geselle wuchs in kurzem zu ungeahnter, erschreckender Größe, zu einem wahren Hundegoliath empor. Mit ihm wuchs sein Appetit. Jetzt war Annemarie wieder unglücklich über die Unmengen von Kartoffeln und Gemüse, die Cäsars Magen vertragen konnte. Ganz abgesehen davon, daß er den Kindern noch ihre Brote fortschnappte, und daß diese dann zu kurz kamen. Aus den Zimmern der Kinder war Cäsar nicht zu verbannen. Dort hatte er von Anfang an unbeschränkte Heimatsrechte. Ebenso in der Küche, wo er unter dem Herd seinen Stammplatz hatte. Die Hausfrau betrachtete er mit nie ganz schwindendem Mißtrauen, was diese bis auf den heutigen Tag in noch stärkerem Maße erwiderte.

      Auch jetzt sah Frau Annemarie von ihrem Erkerplatz aus dem durch das Schneetreiben nähertrabenden Cäsar mit wenig freundlichen Blicken entgegen. Daß es nur nicht Ursel einfiel, ihn mit ins Haus zu nehmen. Die Mädchen hatten heute bei der Wäsche keine Zeit, seine Schneetapfen nachzuwischen.

      Da tauchte auch bereits Ursel auf. Das Blondhaar schneeüberpudert wie ein Rokokodämchen. Und auch kapriziös wie ein solches. Denn als sie dem Auge der Mutter begegnete, zog sie ihre Ledermütze und grüßte damit schneidig wie ein junger Geck zu dem Fenster hinauf. Als ob nichts vorgefallen sei, betrat sie gleich darauf das Biedermeierzimmer, Cäsar wohlweislich diesmal draußen lassend.

      »Morjen. Da bin ich wieder. Das Wetter war zu wenig einladend zum Spazierengehen. Und der Halbfünf-Zug nach Berlin bereits heidi. Und außerdem – außerdem macht es mir auch kein Vergnügen, wenn ich mit dir böse bin.«

      »Ich glaube, die Sache ist wohl umgekehrt«, unterbrach СКАЧАТЬ