Drei Phantome 1 - Gänsehaut für Kids. Martin Clauß
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Название: Drei Phantome 1 - Gänsehaut für Kids

Автор: Martin Clauß

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847628514

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СКАЧАТЬ schon mal dafür gehänselt, dass er am liebsten mit zwei Mädchen abhing, doch das prallte an ihm ab. Er hatte nichts gegen Jungs als Freunde – in seiner Nachbarschaft gab es einige, mit denen er ab und zu Fußball spielte –, aber in seiner Klasse waren nun einmal Marie und Fina mit Abstand die coolsten.

      „Was ist mit dir los?“, erkundigte sich Marie, die noch von nichts wusste. „Hast du schlecht geschlafen?“ Marie war ein schlankes Mädchen mit vielen Sommersprossen und roten Wuschellöckchen, und ihre leuchtend blauen Augen funkelten sehr besorgt.

      Serafina berichtete vom Tod ihres Großonkels. Kaum waren die Worte draußen, nahm Marie sie gleich in den Arm und drückte sie an sich. Vielleicht erwartete sie, dass ihre Freundin sich gleich an ihrer Brust ausheulen würde. Doch Fina drehte den Kopf zur Seite und warf Alkan einen verzweifelten Blick zu.

      Er verstand zuerst nicht, was der Blick ihm sagen wollte, doch allmählich dämmerte ihm, dass der Tod ihres Großonkels vielleicht nicht das einzige war, was Fina bedrückte. Da schien es noch etwas zu geben, wovon sie beide noch keine Ahnung hatten.

      Die Pause war zur Hälfte vorbei, als Fina endlich mit der Sprache herausrückte. Danach wünschte Alkan, sie hätte geschwiegen.

      „Wisst ihr“, begann Serafina, „als Onkel Richard im Sterben lag, waren wir bei ihm, meine Eltern und ich. Mein Cousin hatte uns angerufen. Er lag in einem Hospital drüben in Rathsburg. Man hatte ihn in ein Einzelzimmer gelegt, zum Sterben. Wie wir gerade reinkommen, da dreht er den Kopf, unendlich müde und schwach, und sieht mich an, nur mich alleine. Er sagt etwas, aber ich verstehe es nicht, weil er zu leise spricht. Seine Stimme ist nur ein Hauch. Also gehe ich näher hin, halte mein Ohr an seinen Mund, und er wiederholt es noch einmal. Oh Gott, wenn ich dran denke, läuft es mir eiskalt den Rücken runter.“ Sie schüttelte sich. Es musste ein ansteckender Schauer sein, denn Alkan spürte, wie sich die feinen Härchen auf seinem Unterarm ebenfalls aufstellten.

      „Was hat er denn gesagt?“, wollte Marie wissen.

      „Ja“, drängelte Alkan. „Was hat er gesagt?“

      Serafina blickte an ihren Freunden vorbei und wirkte plötzlich unruhig. Die beiden drehten sich um und erkannten Frau Sonnenschein, ihre Klassenlehrerin. Sie näherte sich ihnen mit schnellen Schritten von der Mitte des Schulhofs her. Sicher wollte sie mit Serafina reden. Aber Serafina ganz sicher nicht mit ihr.

      „Was sagte dein Onkel?“, spornte Alkan Fina noch einmal an. Und diesmal wirkte es.

      „Er sagte: Verzeih mir, Serafina! Es ist viel zu früh. Du bist noch nicht reif dafür. Geh nicht hin, hörst du? Du darfst auf keinen Fall hingehen. Versprich mir, dass du nicht hingehst!“

      Alkan klappte das Kinn herunter. Er hörte Frau Sonnenscheins Absätze klickend näherkommen, und er hörte auch, wie Marie flüsterte: „Und dann? Was hast du gesagt?“

      „Nichts“, antwortete Fina. „Ich hatte keine Zeit mehr für eine Frage. Er ist gestorben, ehe ich auch nur ein Wort sagen konnte.“

      „Nein!“, schrie Marie.

      „Hallo, Serafina!“, rief ihre Klassenlehrerin von hinten. „Ich wollte nur fragen, ob alles in Ordnung ist, und ich wollte dir mitteilen, ich habe mit dem Rektor gesprochen. Du darfst heute früher nach Hause gehen, wenn du möchtest. Es ist in Ordnung.“

      „Nichts ist in Ordnung“, flüsterte Fina ihren Freunden zu. Zu Frau Sonnenschein sagte sie laut und deutlich etwas anderes, nämlich: „Ich würde gerne noch bis zur fünften Stunde bleiben. Der Unterricht lenkt mich ab – das tut mir gut.“

      „Wie du willst.“ Die Lehrerin schien beleidigt zu sein. Wahrscheinlich machte die trauernde Fina sie nervös, und vermutlich hatte sie mit dem Rektor eine halbe Stunde lang verhandeln müssen, bis sie die Erlaubnis bekommen hatte, das Kind nach Hause zu schicken. Vielleicht hatten sie sich sogar gestritten. Und nun besaß Serafina auch noch die Unverfrorenheit, ihren gutgemeinten Vorschlag einfach abzulehnen. Fina war wirklich ein unbequemes Kind. Niemals tat es, was die Erwachsenen von ihr erwarteten.

      Obwohl das Gespräch zwischen Frau Sonnenschein und den Kindern eigentlich beendet war, machte die Lehrerin keine Anstalten wegzugehen und die drei Freunde wieder alleine zu lassen. Mit einem aufgesetzten Lächeln blieb sie neben ihnen stehen und tat so, als würde sie eine winzig kleine Unsauberkeit im Verputz der Schulhauswand begutachten. Als die Kinder gemeinsam ihr Versteck verließen, folgte sie ihnen wie ein gut erzogenes Hündchen.

      Alkan gingen Finas Worte nicht aus dem Sinn. Was hatte ihr sterbender Großonkel gemeint? Wofür war sie noch nicht reif? Wohin sollte sie auf keinen Fall gehen? Meinte er, sie dürfe nicht zu seiner Beerdigung kommen, weil sie noch zu klein dafür war? Nein, das machte keinen Sinn. Fina war zehn Jahre alt, wie Alkan auch, und Alkan hatte man schon als Kleinkind zu den Beerdigungen seiner zahlreichen Tanten und Onkel mitgeschleppt. Dazu kam, dass Fina neben einem Friedhof wohnte und sich ein bisschen für unheimliche und gruselige Dinge interessierte. Sie war auch sehr erwachsen für ihr Alter, das sagten alle, die sie kannten.

      Wovon also hatte der Mann gesprochen?

      Wenn jemand starb und in den Sekunden vor seinem Tod noch etwas loswerden wollte, musste es doch etwas enorm Wichtiges sein.

      In der Englisch-Stunde, die auf die große Pause folgte, schrieb Alkan ein Briefchen an Fina: WOHIN SOLLST DU NICHT GEHEN?, stand auf dem vierfach gefalteten Blatt, das er mit einem geschickten Wurf auf Finas Tisch beförderte.

      Fina antwortete auf der Stelle, ohne sich zu ihm umzudrehen. Ihre Antwort fiel länger aus, als Alkan erwartet hatte. ICH WEISS NICHT, hatte sie mit ungewöhnlich schludrigen Buchstaben auf die Rückseite eines Arbeitsblatts geschrieben. ABER ES MACHT MIR ANGST. ONKEL RICHARD KANN ICH JA NICHT MEHR FRAGEN. WAS SOLL ICH TUN? DIESER ORT, AN DEN ICH NICHT GEHEN DARF, DER KÖNNTE ÜBERALL SEIN, SOGAR MEIN EIGENES HAUS.

       General Dunkel macht Ärger

      Alkan und Marie hatten schon damit gerechnet, Fremde auf Onkel Richards Beerdigung zu sein. Sie gingen nur hin, weil sie Serafina irgendwie beschützen wollten. Aber wenn man die kleine Trauergemeinde so ansah, konnte man meinen, alle seien Fremde. Keiner redete mit dem anderen, die schwarzgekleideten Menschen starrten die ganze Zeit über auf die Erde und hatten die Hände in den Manteltaschen vergraben. Und das, obwohl es eigentlich ein freundlicher Märztag war. Ein milder Wind trug frühlingshafte Gerüche von den Wiesen herüber, und tapsige Bienen brummten auf ungeschickten, halsbrecherischen Flugbahnen zwischen den Menschen hindurch.

      Die Beisetzung fand nicht auf dem Friedhof von Niederblau statt, sondern in einem dreißig Kilometer entfernten Dorf, dessen Namen zu langweilig ist, um ihn hier zu nennen. Serafinas Großonkel war erst vor einigen Jahren aus Niederblau hierhergezogen.

      „Warum begräbt man ihn nicht an seinem Heimatort?“, wollte Alkan von Serafina wissen.

      Die antwortete traurig: „Man will ihn dort nicht haben. Der Pfarrer hat es abgelehnt, ihn auf dem Niederblauer Friedhof zu bestatten.“

      Alkan konnte kaum glauben, was sie ihm da erzählte, aber Fina musste es wissen. Sie wohnte ja neben dem Friedhof, und außerdem spielte ihr Vater jeden Freitag mit dem Pfarrer Canasta.

      Serafina trug ein vornehmes schwarzes Kleid und sah darin aus wie eine junge Dame. Ihr langes, braunes Haar war auf ihrem Hinterkopf zu einem Kunstwerk aus Schlingen und Perlen geflochten. Ihre Haut war heute bleich, bleicher, superbleich.

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