Mein ist die Rache. Hannes Wildecker
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Название: Mein ist die Rache

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Tatort Hunsrück

isbn: 9783748592617

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СКАЧАТЬ Biedermann, so würde man ihn auf den ersten Blick einschätzen. In zwei Jahren wird er Fünfzig. Im Gegensatz zu manchen Kollegen hat er kein Problem mit dem Älterwerden. „Es kommt alles so, wie es kommen soll“, glaubt Maathes an die Vorsehung. Zufälle gibt es für ihn nicht. „Es ist alles vorherbestimmt“ pflegt er immer zu sagen. Auch dass er nie verheiratet war. „Es hat eben nicht sein sollen. Habe nichts verpasst!“

      Und immer, wenn er diese Einstellung preisgibt, streicht er sich über seinen Schnurrbart, den er hegt und pflegt und der gut und gerne eine Spannweite von nahezu zwanzig Zentimetern erreicht hat. Die geschwungene Innenrolle an beiden Enden zwirbelt er mit Bier in die Form. „Bier ist der beste Haarfestiger“, belehrt er jeden Skeptiker, der mit zusammengezogenen Augenbrauen die Prozedur beobachtet.

      „Hey Kalle, wie wäre es mit einer Zigarettenpause?“, ruft Heinrich Schröder, der als starker Raucher die Fahrt offensichtlich mehrfach unterbrechen wird.

      „Warte noch bis hinter Zerf, Henri!“, entgegnet Kalle aus dem Führerhaus. „Wir machen dann auf einem Parkplatz eine Pinkelpause.“

      Henry hustet. Er hustet schon, wenn er an Zigaretten denkt. Verdammtes Laster, auf der einen Seite. Genuss pur für ihn auf der anderen. Er hat nicht vor, aufzuhören.

      Wenn es so kommt, wie es kommen soll, dann ist es eben so, denkt er immer dann, wenn der Husten zu stark wird.

      Henri ist fünfundvierzig, geschieden und hat eine erwachsene Tochter. Er lächelt, als er an Maria denkt. Sein kleines Mariele. Sein einziges Kind. Sein Blick verdunkelt sich gleich wieder. Seit einem Jahr lebt Maria drüben in den Staaten. Hat einen reichen Ami kennen gelernt, der hat sie mit rüber genommen und geheiratet. Henri war noch nie in Amerika. „Ich werde mein Mariele besuchen!“, verkündet er bei jeder Gelegenheit in seiner Kneipe. „Ich werde Urlaub in Amerika machen!“

      Kalle steuert den Van hinter Baldringen und Vierherrenborn die Bundesstraße abwärts und fährt in den Kreisverkehr nahe Zerf ein. Zweihundert Meter später lenkt Kalle den Van auf einen Parkplatz.

      „Alles aussteigen, Pinkelpause!“ Kalle schaltet den Motor aus und streckt sich. Nacheinander steigen die vom Alkohol bereits jetzt schon leicht Angeheiterten aus und schlagen sich in die Büsche. Das Bier am Nachmittag fordert sein Recht. Es ist siebzehn Uhr, keine Eile ist angesagt. Das Brauhaus läuft nicht davon. Und Bier, ja Bier gibt es da weiß Gott genug.

      Als erster kommt Norbert Nörtiger aus dem Gebüsch, der Jüngste der Gastwirtstruppe, die Spuren seiner Erleichterung unterhalb der Gürtellinie auf dem rechten Hosenbein tragend.

      „Nob“ ist die Ausnahme, was das Gewerbetreiben angeht. Während sich die anderen alle der Gastronomie verschrieben haben, besitzt Nörtinger einen kleinen Stehimbiss mitten in der Stadt. Von der Bratwurst über die Frikadelle bis hin zu Schaschlik und Fritten kann man bei ihm alles bekommen.

      Doch der Verzehr erfolgt im Stehen, an der Theke, aber auch an den wenigen Tischen, deren Tischplatten erst in Bauchnabelhöhe enden. So hat Nob auch nur wenige Stammgäste. Meist Touristen oder Besucher vom Lande und ab und zu ein Stadtstreicher, wenn der sich durch Betteln ein paar Kröten zusammengespart hat, sind seine Gäste.

      Er braucht auf niemanden Rücksicht zu nehmen, und so öffnet er am Morgen gegen elf Uhr und schließt am Abend um die gleiche Zeit. Seine Lebensgefährtin Elvira hilft ihm dabei und auch heute vertritt sie ihn, wenngleich sie für diese Sauftour, wie sie den Trip der Gruppe nennt, kein Verständnis hat.

      „Ich kann mir solche Extratouren nicht leisten“, beschwerte sie sich bei Nob, der nur kurz auflachte.

      „Ein Mann muss eben tun, was ein Mann tun muss!“, warf er ihr entgegen und weder sie noch er wussten mit dieser Aussage so richtig etwas anzufangen.

      „Aufsitzen, es geht weiter!“ Kalle steigt in den Van und startet den Motor. „Der Braumeister wartet, wird`s bald!“

      Die letzten Kilometer bis nach Losheim verlaufen auf gerader und ebener Strecke. Sogar die angefangenen halbvollen Bierflaschen bleiben von selbst auf dem Tisch stehen. Der Bierkasten ist weit über halb leer, als die Gruppe in Losheim eintrifft. Alle sehen noch verhältnismäßig frisch aus, bis auf Manni, der wohl die Pinkelpause zum Anlass nahm, hinter den Büschen noch ein wenig an seinem Flachmann zu saugen.

      Kalle lenkt das Fahrzeug auf den Parkplatz der privaten Brauerei und betrachtet sich ein letztes Mal im Spiegel. „Alles okay“, denkt er. „Dann lassen wir doch mal alles auf uns zukommen.“

      Und so wird es, wie geplant, ein feuchtfröhlicher Abend. Das Bier der Brauerei ist frisch und läuft, ohne anzuecken, durch die Kehlen der geübten Gastronomen. Kein Wunder, denn eine Schweinshaxe vorneweg hat für eine solide Unterlage gesorgt. Die Bedienungen in ihren Dirndln und der prallen Oberweite haben es insbesondere Kalle angetan. Aber außer Bedienen ist da nichts drin. Als er einer der prallen Damen an den Hintern greift, kommt es fast zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem männlichen Personal.

      Manni ist es, der gegen neun Uhr an diesem Abend auf die Idee kommt, noch eine Gaststätte im Ort aufzusuchen. „Ist doch vielleicht gemütlicher als hier in diesem Trubel“, meint er. „Vielleicht können wir in der Stadt was aufreißen. Zurück hierher können wir doch noch immer.“

      Eine Abwechslung kommt auch den anderen gerade recht. Und „Aufreißen“, das ist es eigentlich, was alle wollen. Schließlich ist das hier eine Männertour.

      Unterwegs ist der Druck auf die Blase dann doch so groß, dass Kalle das Gefährt erst einmal auf einem kleinen freien Platz, neben dem Radweg, rund zwei Kilometer von der Stadt entfernt abstellt und alle in Reih und Glied die Bäume düngen.

      „Ich glaube, das wird nichts mehr heute Abend!“ brummt Maathes vor sich hin. „Wo sollen wir jetzt noch ein paar Weiber herbekommen?“

      „Alter Schwarzseher!“ Diese beiden Worte von Kalle klingen vorwurfsvoll, so als hege er keinen Zweifel daran, heute noch zum Schuss zu kommen. „Wenn in Losheim nichts los ist, fahren wir halt weiter, nach Merzig oder Schmelz, wir werden sehen!“

      Aus der Ferne kommt ein Lichtschein auf die Männer zu und sie können erkennen, dass es sich um eine Radfahrerin handelt, die, obwohl es für die Jahreszeit noch ausreichend hell ist, bereits den Dynamo auf den Vorderreifen gelegt hat.

      Die Männer schauen sich ohne Worte an und stellen sich mitten auf den Gehweg, so dass die Radfahrerin keine Möglichkeit sieht, als ihr Rad anzuhalten. Auf der einen Seite des Radweges hindert sie das Gebüsch am Weiterfahren, auf der anderen Seite der Van von Kalle.

      Die junge Frau sieht die Männer fragend an.

      „Dürfte ich bitte weiterfahren? Ich habe es eilig. Seien Sie so nett!“

      „Männer wie wir sind immer nett.“ Kalle drängt sich in den Vordergrund und nähert sich der Frau. „Wollen Sie einen Schluck mit uns trinken? Auf den schönen Sommer, auf den lauen Sommerabend?“

      „Bitte, lassen Sie mich durch!“, fleht die junge Frau, die Kalle auf Anfang Zwanzig schätzt.

      Durch den Auftritt von Kalle bestärkt, kommen auch die anderen und bilden einen Kreis um das Mädchen, das breitbeinig dasteht, ein Bein auf dieser, das andere auf jener Seite des Damenrades. Ihr seidenartiges Trägerkleid fällt locker bis knapp über die Knie, Strümpfe trägt sie keine, lediglich weiße dünne Socken in den halbhohen Turnschuhen. Das Kleid ist von oben bis unten mit Knöpfen versehen, die bis zum Hals geschlossen sind. Die junge und schlanke Figur drückt sich in jugendlicher Unschuld durch das eng anliegende СКАЧАТЬ