Название: Sichelland
Автор: Christine Boy
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783844236200
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„Nicht mehr allzu viel, denke ich.“ Auch Menrir erhob sich. „Vielleicht noch eine Stunde. Möchtest du dich vorher noch ein wenig ausruhen?“
Ungläubig zog Lennys die Brauen hoch. „Ausruhen? Wie kommst du denn auf diesen Unsinn?“
Menrir lachte. „Das frage ich mich auch gerade. Wir könnten noch ein wenig nach draußen gehen, wenn du magst.“
Lennys sah schweigend durch einen Spalt im Vorhang hinaus. Die letzten Sonnenstrahlen tauchten die Hügel in ein goldenes Licht und verliehen der Landschaft ein selten freundliches Gesicht. Nicht mehr lange und der Nebel würde wieder aufziehen und alles verschlingen und damit all Jene in ihre Häuser treiben, die sich auch vor den Geistern der Nacht fürchteten. Dann würde es still sein draußen, während sie, Lennys, sich im Großen Saal des Nebeltempels dem Geschwätz der Tempeloberin aussetzen musste. Menrir freute sich auf den Abend, er mochte solche Gesellschaften. Er würde keine große Hilfe sein, wenn es darum ging, möglichst schnell wieder zu verschwinden.
„Nein, ich bleibe hier.“ sagte die Cycala schließlich. „Sei in einer Stunde wieder da, ich habe keine Lust, mich alleine mit Beema herumzuärgern.“
„Oh... ich muss nicht unbedingt spazieren gehen.“ lenkte Menrir schnell ein. „Wir können uns auch hier weiter unterhalten.“
„Ich möchte jetzt aber nicht weiter darüber sprechen. Komm in einer Stunde wieder.“ Ihr Tonfall duldete keinen Widerspruch.
„Gut...“ Der Heiler war verwirrt. „Dann bis später.“
Schon die Hand an der Tür, fiel ihm Sara ein, die noch immer stillschweigend in der Ecke saß. Obwohl Lennys ihm weiter den Rücken zuwandte und aus dem Fenster sah, schien sie sein Zögern zu bemerken. Als sie dennoch nichts sagte, zuckte Menrir ergeben die Achseln und ließ die beiden Frauen allein.
Kaum hatte der Heiler den Raum verlassen, drehte sich Lennys um und setzte sich wieder aufs Bett.
„Komm her.“
Sara verwünschte ihre eigene Nervosität und trat aus dem Vorraum heraus.
„Du wolltest das hier nicht machen, richtig?“ Die Frage klang streng, vielleicht auch herausfordernd, aber nicht wirklich böse. Trotzdem war sich Sara sicher, dass sie nur falsch antworten konnte. Sie schwieg.
„Zumindest lügst du mich nicht an.“ sagte Lennys nach einigen Augenblicken. „Das solltest du auch nie versuchen. ...Wann verlässt Beema normalerweise Feierlichkeiten wie die heute abend?“
Sara dachte einen Moment nach. „Erst sehr spät. Sie bleibt fast immer bis die letzten Gäste die Gesellschaft verlassen.“
„Und Menrir vermutlich auch.“
„Ja.“
Lennys atmete tief durch, doch sie sagte nichts weiter. Diesmal war es Sara, die das Schweigen brach.
„Wenn ihr das Fest früh verlassen wollt, ist es das Beste, zu warten, bis Beema und Menrir hinausgehen.“
„Wie bitte?“ Lennys war sich nicht sicher, was sie mehr verblüffte – dass Sara ohne zu fragen gesprochen hatte, oder das, was sie gesagt hatte.
„Es ist sehr warm gewesen heute und die Luft im Großen Saal wird heiß und stickig sein. Beema verträgt das nicht sehr gut. Wenn sie dazu heute abend auch noch Wein trinkt, wird ihr sicher bald recht unwohl und in solchen Fällen bittet sie Menrir, sie kurz an die frische Luft zu begleiten.“
„Wieso gerade ihn?“
„Sie mag ihn, ... glaube ich. Und er ist Heiler. Manchmal gibt er ihr dann ein Pulver oder ein paar Tropfen und es geht ihr gleich darauf wieder gut.“
„Und was hat das mit mir zu tun?“
„Wenn beide – Menrir und Beema – nicht im Saal sind, könnt ihr einfach gehen. Niemand wird etwas dagegen sagen können und Menrir kann euch nicht überreden zu bleiben. Wenn die beiden zurückkommen, ist es schon zu spät. Ich könnte ihnen dann ausrichten, ihr seid bereits zu Bett gegangen oder was immer ihr wollt.“
Es fiel Lennys schwer, ihre Überraschung zu verbergen. Natürlich war es dreist von dieser Novizin, ungefragt einen solchen Vorschlag zu machen, aber irgendetwas gefiel Lennys auch daran, auch wenn die Idee mit einem großen Fragezeichen behaftet war.
„Leider gibt es keine Garantie dafür, dass sich Beema heute unwohl fühlt.“ meinte sie schließlich.
Sara schluckte. Nun musste sie sich sehr weit aus dem Fenster lehnen und sie war eben schon ein recht großes Risiko eingegangen.
„Nun,... nicht, wenn man sich nur auf sein Glück verlässt.“
„Was meinst du damit? Willst du mir etwa sagen, dass du dafür sorgen kannst, dass sie verschwindet? Mit Menrir?“ Zum ersten Mal klang Lennys amüsiert, wenn auch alles andere als überzeugt.
„Ja, das kann ich.“ Die Novizin versuchte, soviel Selbstsicherheit wie möglich in ihre Antwort zu legen. Menrir hatte ihr geraten, das zu tun, was sie für richtig hielt. Und ihre Aufgabe war es, Lennys Wünsche zu erfüllen, auch wenn die Mittel dazu in diesem Fall eher unkonventionell waren.
Die Cycala wurde wieder ernst.
„Menrir wäre sicher nicht begeistert davon.“
„Ich glaube nicht.“
„Wenn er davon wüsste...“
„Beemas gesundheitliche Probleme sind ihm bekannt. Es wäre keine Überraschung für ihn, denke ich.“ sagte Sara vorsichtig.
Lennys sah sie an. Dieses Gespräch verlief völlig anders als es vorherzusehen war und das beunruhigte sie. Doch sie empfand auch eine gewisse Belustigung.
„Ich will nicht wissen, was du genau vorhast. Jedenfalls jetzt noch nicht. Aber ich könnte meine Meinung über diese Leibdiener-Sitte vielleicht noch ändern, wenn du es schaffst, mir diese Feier möglichst kurz zu halten.“
Kapitel 2
Eigentlich war die Bezeichnung „Festsaal“ ein wenig zu hochtrabend für den großen runden Raum, obwohl er durch einige reich verzierte Säulen geschmückt und in das Licht zahlreicher Kerzenleuchter getaucht war. Doch konnte beides nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine größere Gesellschaft als die jetzige sich wohl beengt gefühlt hätte. Die schmalen Fenster sorgten kaum für einen erfrischenden Windstoß, der der drückende Hitze, die hier herrschte, hätte Einhalt gebieten können. Eine lange Tafel teilte das Zimmer in zwei Hälften.
Während mehrere Novizinnen noch eilig den Blumenschmuck und den Glanz der Weinkelche kontrollierten, sammelten sich auf der anderen Seite des Tisches allmählich die sieben Tempelvorsteherinnen, die direkt der Oberin Beema unterstanden. Auch sie sollten bei dem bedeutsamen Abend zugegen sein, ebenso der Bibliothekar, der Lagerverwalter, zehn der höheren Priesterinnen und nicht zuletzt der Heiler Menrir. Beema СКАЧАТЬ