Название: Penelope von der Polyantha
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752947861
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»Da irren Sie. Cynthia ist niemandem freundlich gesinnt. Manchmal wünschte ich, daß sie tot wäre.« Er sagte das so ruhig, daß sie kaum ihren Ohren trauen wollte.
»Aber Mr. Dorban«, rief sie entsetzt.
Er mußte lachen.
»Sie denken, daß ich ein brutaler Mensch sei – aber das stimmt nicht. Ich weiß nur keinen anderen Weg, Cynthia loszuwerden ... Sie schauen mich ja so entgeistert an, als ob Sie glauben, ich wolle sie ermorden. Das ist durchaus nicht der Fall. Ich konstatiere nur eine unangenehme Tatsache. Es gibt für mich keine andere Möglichkeit, mich von ihr zu trennen. Ich habe die Sache mit ihr besprochen. Es wird Sie interessieren, das zu erfahren. Sie weiß ganz genau, daß ich sie nicht entfernen kann. Ich kann mich nicht von ihr scheiden lassen, und sie läßt sich auch nicht von mir scheiden. Ich kann nicht von ihr fortgehen aus Gründen, über die ich jetzt nicht sprechen möchte. Ich kann sie nicht schlecht behandeln, weil es nicht in meinem Charakter liegt, Damen irgendwie zu beleidigen. Das widerstrebt meiner Natur. Nicht einmal für unheilbar geisteskrank kann ich sie erklären lassen, denn sie ist die vernünftigste Person, die ich kenne. Und doch sehne ich mich nach dem Verständnis und der Liebe, die ich bei Cynthia niemals gefunden habe. Wir sind nämlich nur im Sinne des Gesetzes miteinander verheiratet. Was Liebe und Zuneigung bedeutet, weiß Cynthia überhaupt nicht.«
Penelope hatte bestürzt zugehört.
»Natürlich weiß Cynthia das alles, und ich glaube, sie hat Sie nur deswegen engagiert, damit Sie mich trösten.«
»Wissen Sie auch, was Sie da sagen?« fragte Penelope streng.
»Ich weiß genau, was ich sage« entgegnete Mr. Dorban und zündete sich eine Zigarette an. »Ich habe Sie um Ihre Liebe gebeten.«
Penelope erhob sich und ging wieder nach hinten. Er folgte ihr.
»Wir wollen wieder nach Hause fahren. Da Sie nicht auf meine Bitte eingegangen sind, wollen wir auch nicht mehr darüber sprechen. Vergessen Sie, daß ich jemals davon gesprochen habe. Wenn Sie mir nicht mehr vertrauen und nach Kanada zurückkehren möchten, werde ich dafür sorgen, daß Sie morgen abfahren können, selbst wenn Cynthia nicht damit einverstanden sein sollte. Wenn Sie sich aber auf der anderen Seite auf mein Wort verlassen wollen, auf das Wort El Slicos –«
»El Slico!«
Er lachte leise vor sich hin.
»Natürlich wußten Sie, daß ich El Slico bin. Ich sah, wie Sie neben dem alten Beddle standen. Er kennt mich sehr gut und hat Ihnen sicher gesagt, wer ich bin. Ja, ich bin El Slico. Aber erwähnen Sie Cynthia gegenüber nicht, daß Sie das wissen. Sie würde tausend Ängste ausstehen, wenn sie erführe, daß ich erkannt worden bin.«
»Aber Mr. Dorban«, sagte das junge Mädchen entsetzt. »Sie können doch nicht erwarten, daß ich bei Ihnen bleibe!«
»Sie können bleiben oder gehen, wie Sie wünschen«, erwiderte Arthur Dorban und warf den Motor an. »Ich selbst kann Ihnen nur den guten Rat geben, zu bleiben. Sie werden zugeben, daß ich offen war und mir Ihnen gegenüber nichts zuschulden kommen ließ. Ich würde an Ihrer Stelle nicht nach Kanada zurückgehen. Sie können ruhig auch Cynthia alles erzählen – sie wird die Sache wahrscheinlich schon vermutet haben. Ich glaube allerdings nicht, daß sie Sie wegen Ihrer Zurückhaltung besonders achten wird oder daß sie eine besondere Tugend darin sieht, daß Sie mich abschlägig beschieden haben.«
Penelope antwortete nicht und blieb den ganzen Nachmittag in ihrem Zimmer. Sie war in einer merkwürdigen Lage. Wenn das in Kanada vorgefallen wäre, hätte sie gewußt, was zu tun war. Aber unter diesen Umständen, in einem fremden Lande, ohne Freunde, ganz allein, fiel es ihr sehr schwer, einen Ausweg zu finden.
Die Aufrichtigkeit dieses Mannes hatte natürlich einen gewissen Eindruck auf sie gemacht. Sie wußte ja noch nicht, daß El Slicos größte Stärke in seiner einnehmenden Offenherzigkeit lag. Sollte sie sein Angebot annehmen und abfahren, oder sollte sie noch einige Zeit auf ihrem Posten bleiben, bis sie das nötige Geld zusammengespart hatte, um sich eine Stelle in London suchen zu können? Ob es nun richtig oder falsch war, Penelope entschied sich dafür, zu bleiben.
Als sie schon am Einschlafen war, erinnerte sie sich plötzlich daran, daß irgendwo in London ein gewisser Mr. James X. Orford wohnte, an den sie sich ja wenden konnte, wenn sie in Gefahr kam.
4
Am nächsten Morgen stand sie sehr früh auf und ging in den Garten, um sich noch einmal alles genau zu überlegen.
Es war sechs Uhr. Der Nebel hatte sich verteilt, und man konnte weithin über die Bucht von Borcombe sehen. Das Wasser spiegelte in allen Farben die Strahlen der Sonne wider.
Sie saß auf einer rauen Steinbank und atmete die milde und doch so kräftige Seeluft ein. Das herrliche Bild, das sich ihr bot, machte einen tiefen Eindruck auf sie. Das rote Gestein der Devonshire-Klippen erglühte, weiße Sanddünen und reiche grüne Felder, die unmittelbar an den Klippen begannen, dehnten sich vor ihr aus. Ihre Blicke verfolgten den langen Weg, der sich allmählich in der Landschaft verlor.
Sie war versunken in diese Schönheit und vergaß all ihre Schwierigkeiten und ihre Sorgen. Hinter den Fliederbüschen zog sich die weite Wildnis der Fichten und des Ginsters hin. Links erhob sich der Kirchturm von St. Maria. Die Spitze ragte gerade noch über die Häuser oben auf den Klippen. Sie schaute auf den steilen, gewundenen Pfad, der zu dem Hause führte. Von ihrem Sitzplatz aus konnte sie das Tor nicht sehen, aber sie hörte, daß die Klinke herabgedrückt wurde. Da die Luft so klar war, vernahm sie das Geräusch so deutlich, als wäre das Tor dicht neben ihr. Sie schaute auf und war neugierig, welcher Besuch wohl zu so früher Stunde kommen könnte.
Zuerst erkannte sie den Herrn in dem grauen Anzug und dem Strohhut nicht wieder. Offensichtlich hatte er sie nicht bemerkt, denn er näherte sich dem Haus mit einer gewissen Vorsicht, als ob er daran zweifelte, hier willkommen zu sein.
Er vermied die kiesbedeckten Wege und ging auf dem Rasen, der die Blumenbeete umsäumte. Schritt für Schritt kam er näher und schaute gespannt auf die oberen Fenster. Plötzlich sah er sie, stand einen Augenblick still und trat dann auf sie zu. »Guten Morgen, mein Fräulein«, sagte er mit leiser Stimme. Offenbar wünschte er nicht, daß andere Leute seine Worte hören sollten.
»Guten Morgen.«
Mr. Whiplow schaute sich wieder nach dem Haus um und schnitt eine Grimasse.
»Ist Mrs. Dorban zu Hause? Sie haben ihr wahrscheinlich gesagt, daß Sie mich getroffen haben? An Bord des Schiffs haben Sie mich aber wohl nicht gesehen? Ich möchte fast darauf wetten!«
»Mrs. Dorban ist nach London gefahren. Möchten Sie sie gern sehen?« gab Penelope kühl zurück.
»Nun, ich kann auch mit Arthur verhandeln. Er ist ein verständiger junger Mann. Aber sie ...!« Er blickte Penelope an, und seine ausdruckslosen Augen suchten in ihren Zügen zu lesen. »Hat sie Ihnen nichts gesagt?« Er zeigte mit dem Daumen nach dem Hause. »Reden Sie mir nur nicht vor, daß sie Sie nicht nach mir ausgefragt habe. Sonderbarer Zufall! Zeigt aber nur, wie klein die Welt ist. – Aber gehen Sie doch nicht fort!«
»Ich will einen der Dienstboten hinaufschicken, daß er Mr. Dorban ruft«, begann sie eben, als Arthur Dorban plötzlich in der Haustür erschien.
Er СКАЧАТЬ