Jane Eyre. Charlotte Bronte
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Название: Jane Eyre

Автор: Charlotte Bronte

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752950175

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СКАЧАТЬ diese Worte fand ich nichts zu erwidern; sie waren mir nicht mehr neu; so weit ich in meinem Leben zurückdenken konnte, hatte ich Winke desselben Inhalts gehört. Dieser Vorwurf meiner Abhängigkeit war in meinen Ohren fast zum leeren, bedeutungslosen Singsang geworden, sehr schmerzlich und bedrückend, aber nur halb verständlich. Nun fiel auch Miß Abbot ein:

      »Und Sie sollten auch nicht denken, daß Sie mit den Fräulein Reed und Mr. Reed auf gleicher Stufe stehen, weil Mrs. Reed Ihnen gütig erlaubt, mit ihren Kindern erzogen zu werden. Diese werden einmal ein großes Vermögen haben, und Sie sind arm. Sie müssen demütig und bescheiden sein und versuchen, sich den andern angenehm zu machen.«

      »Was wir Ihnen sagen, ist zu Ihrem Besten,« fügte Bessie hinzu, ohne in hartem Ton zu reden, »Sie sollten versuchen, sich nützlich und angenehm zu machen, dann würden Sie hier vielleicht eine Heimat finden; wenn Sie aber heftig und roh und ungezogen werden, so wird Mrs. Reed Sie fortschicken, davon bin ich fest überzeugt.«

      »Außerdem,« sagte Miß Abbot, »wird Gott Sie strafen. Er könnte Sie mitten in Ihrem Trotz tot zu Boden fallen lassen, und wohin kämen Sie dann? Kommen Sie, Bessie, wir wollen sie allein lassen: um keinen Preis der Welt möchte ich ihr Herz haben. Sagen Sie Ihr Gebet, Miß Eyre, wenn Sie allein sind; denn wenn Sie nicht bereuen, könnte etwas Schreckliches durch den Kamin herunterkommen und Sie holen.«

      Sie gingen und schlossen die Tür hinter sich ab.

      Das rote Zimmer war ein Fremdenzimmer, in dem nur selten jemand schlief; ich könnte beinahe sagen niemals oder nur dann, wenn ein zufälliger Zusammenfluß von Besuchern auf Gateshead-Hall es notwendig machte, alle Räumlichkeiten des Hauses nutzbar zu machen. Und doch war es eins der schönsten und prächtigsten Gemächer im Herrenhause. Wie ein Tabernakel stand im Mittelpunkt desselben ein Bett von massiven Mahagonipfeilern getragen und mit Vorhängen von dunkelrotem Damast behängt; die beiden großen Fenster, deren Rouleaux immer herabgelassen waren, wurden durch Gehänge und Faltendraperien vom selben Stoffe halb verhüllt; der Teppich war rot; der Tisch am Fußende des Bettes war mit einer hochroten Decke belegt; die Wände waren mit einem Stoffe behängt, der auf lichtbraunem Grunde ein zartes rosa Muster trug; die Garderobe, der Toilettentisch, die Stühle waren aus dunklem, poliertem Mahagoni angefertigt. Aus diesen düsteren Schatten erhoben sich weiß und hoch und glänzend die aufgehäuften Matratzen und Kopfkissen des Bettes, über die eine schneeweiße Decke gebreitet war. Eben so unheimlich stach ein großer, gepolsterter, ebenfalls weißer Lehnstuhl hervor, der am Kopfende des Bettes stand und vor dem sich ein Fußschemel befand; damals erschien er mir wie ein geisterhafter Thron.

      Das Zimmer war dumpf, weil nur selten ein Feuer in demselben angezündet wurde; es war still, weil es weit von der Kinderstube und den Küchen entfernt lag; unheimlich, weil ich wußte, daß fast niemals jemand dasselbe betrat. Nur am Sonnabend kam das Hausmädchen hierher, um den stillen Staub einer Woche von den Möbeln und den Spiegeln zu wischen; und in langen Zwischenräumen kam auch Mrs. Reed hierher, um den Inhalt einer gewissen Schieblade zu revidieren, in welcher sich verschiedene Urkunden, ihre Juwelenschatulle und ein Miniaturbild ihres verstorbenen Gatten befand. In diesen letzten Worten liegt das Geheimnis des roten Zimmers, der Zauberbann, weshalb es trotz seiner Pracht so einsam und verlassen war.

      Mr. Reed war seit neun Jahren tot; in diesem Gemache hatte er seinen letzten Atemzug getan; hier lag er aufgebahrt; von hier hatten die Leichenträger ihn hinausgetragen – und seit jenem Tage hatte ein Gefühl trauriger Weihe jeden unberufenen Besucher von seiner Schwelle fern gehalten.

      Der Sitz, auf welchen Bessie und die bitterböse Miß Abbot mich gebannt hatten, war eine niedrige Ottomane, welche nahe dem weißen Marmorkamin stand; das Bett türmte sich vor mir auf; zu meiner Rechten befand sich ein hoher dunkler Garderobenschrank, auf dessen Tafelwerk sich die leisen, düsteren Lichter brachen; zu meiner Linken waren die verhängten Fenster; ein großer Spiegel zwischen denselben wiederholte die todesstille Majestät des Bettes und des Zimmers. Ich war nicht ganz sicher, ob sie die Tür zugeschlossen hatten; und als ich wieder Mut genug hatte, um mich zu bewegen, stand ich auf und ging um nachzusehen. Ach ja! Keine Kerkertür war jemals sicherer verschlossen! Als ich wieder an die Ottomane zurückging, mußte ich an dem Spiegel vorüber, mein gebannter Blick bohrte sich unwillkürlich in die Tiefe desselben ein. In ihm sah alles noch kühler und hohler und düsterer aus als in Wirklichkeit, und die seltsame, kleine Gestalt, die mir aus ihm entgegenblickte, mit weißem Gesicht und Armen, die grell aus der Dunkelheit hervorleuchteten, mit Augen, die vor Furcht hin- und herrollten, wo sonst alles bewegungslos war – diese kleine Gestalt sah aus, wie ein wirkliches Gespenst; ich dachte an eins jener zarten Phantome, halb Elfe, halb Kobold, wie sie in Bessies Dämmerstunden-Geschichten aus einsamen, wilden Schluchten und düsteren Mooren hervorkamen und sich dem Auge des nächtlichen Wanderers zeigten. Ich kehrte auf meinen Sitz zurück.

      In diesem Augenblick bemächtigte der Aberglaube sich meiner, aber die Stunde seines vollständigen Sieges über mich war noch nicht gekommen: mein Blut war noch warm; die Wut des empörten Sklaven erhitzte mich noch mit ihrer ganzen Bitterkeit; ich hatte noch einen wilden Strom von Gedanken an die Vergangenheit zu bändigen, bevor ich mich ganz dem Jammer über die trostlose Gegenwart hingeben konnte.

      Wie der schmutzige Bodensatz aus einem trüben Brunnen, so stieg aus meinem bewegten, aufgeregtem Gemüt alles an die Oberfläche meines Empfindens: John Reeds wilde Tyrannei, die hochmütige Gleichgültigkeit seiner Schwestern, die Abneigung seiner Mutter, die Parteilichkeit der Dienstboten! Weshalb mußte ich stets leiden, stets mit verächtlichen Blicken angesehen werden, immer beschuldigt, immer verurteilt werden? Weshalb konnte ich niemals etwas recht machen? Weshalb war es immer nutzlos, wenn ich versuchte, irgend eines Menschen Gunst zu erringen? Man hatte Achtung vor Eliza, die doch so eigensinnig und selbstsüchtig war. Jedermann hatte Nachsicht mit Georgina, die stets übelgelaunt und trotzig und frech war. Ihre Schönheit, ihre rosigen Wangen und goldigen Locken schienen jeden zu entzücken, der sie anblickte und ihr Vergebung für all ihre Mängel und Fehler zu erkaufen. John wurde niemals bestraft, niemand widersprach ihm jemals, obgleich er den Tauben die Hälse umdrehte, die jungen Hühner umbrachte, die Hunde auf die Schafe hetzte, den Weinstock im Treibhause seiner Trauben beraubte und von den seltensten Pflanzen die Knospen abriß; er nannte seine Mutter sogar »liebe Alte«; nahm durchaus keine Rücksicht auf ihre Wünsche; zerriß und beschmutzte ihre seidenen Kleider nicht selten, – und doch war er »ihr einziger Liebling«. Ich wagte niemals, einen Fehler zu begehen; ich bemühte mich stets, meine Pflicht zu tun, und mich nannte man unartig und unerträglich, mürrisch und hinterlistig, vom Morgen bis zum Mittag, vom Mittag bis zum Abend.

      Mein Kopf schmerzte noch und blutete nach dem erhaltenen Schlage und dem Falle, welchen ich getan; niemand hatte John einen Verweis erteilt, weil er mich grundlos geschlagen; aber weil ich mich gegen ihn aufgelehnt hatte, um seiner weiteren unvernünftigen, besinnungslosen Heftigkeit zu entgehen, hatten alle mich mit den lautesten Schmähungen überhäuft.

      »Ungerecht! – ungerecht!« sagte meine Vernunft, welcher die fortwährende, qualvolle Aufreizung eine frühzeitige, wenn auch vorübergehende Kraft verliehen hatte; und die Entschlossenheit, welche auch geweckt war, ließ mich allerhand Mittel ersinnen, um eine Flucht aus diesem schier unerträglich gewordenen Drucke zu bewerkstelligen – ich dachte daran, auf und davon zu laufen, oder wenn dies nicht möglich, wenigstens niemals wieder Speise und Trank zu mir zu nehmen und auf diese Weise zu Tode zu hungern.

      Wie bestürzt war meine Seele an diesem traurigen Nachmittag! Wie erregt war mein Gemüt, wie furchtbar empört mein Herz! Aber in welcher Düsterheit, welcher Verblendung, welcher unglaublichen Unwissenheit wurde dieser Seelenkampf ausgekämpft! Ich hatte keine Antwort auf die sich mir unaufhörlich aufdrängende Frage, weshalb ich so viel leiden mußte. Jetzt nach Verlauf von – nein, ich will nicht sagen, von wie vielen Jahren – habe ich die Antwort gefunden!

      Ich war ein Mißton in Gateshead-Hall. Ich war ein Nichts an diesem Orte; ich hatte keine Gemeinschaft mit Mrs. Reed oder ihren Kindern oder ihren bezahlten Vasallen. Sie СКАЧАТЬ