Carmen im Kopfhörer. Jochen Sommer
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Название: Carmen im Kopfhörer

Автор: Jochen Sommer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844259858

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      „Im Augenblick nicht“, lehnte Beate ab und bestellte Campari. „Ich habe keine Erfahrung mit Drogen und mit anderen Sachen auch nicht.“

      „Das lässt sich ändern“, sagte Anouschka. „Was eine Droge ist, ist letztlich eine Frage des Landes, in dem du lebst.“

      „Wieso?“, fragte Beate.

      „Wenn du in den arabischen Emiraten leben würdest“, erklärte Anouschka, „kämest du wegen einer Flasche Whisky ins Gefängnis. Der Prophet war Antialkoholiker. Hier in Holland interessiert sich niemand für dein Haschischpfeifchen, in Deutschland kommst du ab einer bestimmten Menge in den Knast. Seit Afrika bin ich meine Vorurteile auch auf diesem Gebiet los, seit Afrika bin ich frei.“

      „Auf allen Gebieten?“, vergewisserte sich Beate.

      „Du hast mich genau verstanden“, lächelte Anouschka und drückte warm und kurz Beates Hand. “Unter Frauen haben wir die Heterospielchen doch nicht nötig“, sagte sie. „Ich sage einer Frau ganz offen, wenn ich sie mag. Dich, Beate, mag ich. Du bist genau mein Typ.“

      Beate fühlte sich etwas unbehaglich. So deutlich hatte ihr noch nie jemand seine Sympathie gestanden und schon gar keine Frau. „Das ist alles ein bisschen viel“, sagte sie verlegen.

      „Lass dir Zeit“, empfahl Anouschka, winkte dem Kellner und bezahlte. Schweigend liefen sie nebeneinander her durch den warmen Sand.

      Rainer saß immer noch auf den Decken. Die kleinere Sonnenbrille stand ihm wirklich besser, dachte Beate und legte sich neben ihn. Sie legte sich auf den Bauch, die Stirn auf ihre verschränkten Unterarme.

      „Dein Rücken ist rot“, hörte sie Anouschka sagen, „ich creme ihn dir ein.“

      Anouschkas warme Hände verrieben sanft die Sonnencreme auf Beates Rücken. „Du bist ganz verspannt“, sagte Anouschka, „ich werde dich ein wenig massieren.“

      Wirbel für Wirbel beschäftigte sie sich mit Beates Rückgrat. Mit den Beckenwirbeln und deren Umfeld befasste sie sich besonders intensiv, dann glitten ihre Hände hoch zu Beates Schultern und Hals; trotz der Hitze bekam Beate Gänsehaut.

      „Hier oben ist alles steinhart“, hörte sie Anouschka sagen, „damit muss ich mich länger beschäftigen.“

      „Mein Rücken ist auch nicht der beste“, meldete sich Rainer zu Wort.

      „Schön der Reihe nach“, vertröstete ihn Anouschka urdeutsch und widmete sich ihm erst, als Beate wohlig schnarchend eingeschlafen war.

      Allerdings dauerte die Massage nur wenige Minuten. „Ihre Muskulatur ist total in Ordnung“, verkündete Anouschka.

      Rainer hatte es nicht anders erwartet, fand seine Fitness im Augenblick jedoch bedauerlich.

      Als die Sonne sank, packten sie ihre Badesachen zusammen, und die beiden Frauen verabredeten sich für den nächsten Vormittag zu einem gemeinsamen Einkaufsbummel. Am nächsten Abend wollten sie zusammen mit Rainer in eine Diskothek gehen.

      Beate ging sofort nach dem Frühstück in Anouschkas Hotel, während Rainer trödelnd durchs Zimmer lief und seine Strandsachen zusammensuchte.

      Die Badehose zog er gleich an, stellte sich vor den langen Spiegel des Kleiderschranks und musterte sich. Der Gedanke an den verabredeten Discobesuch war ihm unbehaglich, der an die sportlich braunen Männerkörper unten am Strand auch. Er würde heute nicht ans Meer gehen, beschloss er.

      Mit dem, was er vor sich im Spiegel sah, konnte er Anouschka nicht beeindrucken, dachte er illusionslos. Aber übertrieben männliche Formen, hatte er mal gelesen, waren auch nicht mehr gefragt, bei jüngeren Frauen. Gefragt waren heute innere Werte. Werte, die er sich nicht absprechen wollte. Nur im Spiegel sah er sie nicht.

      Ohne konkreten Vorsatz bummelte er dann die Einkaufsstraßen entlang, betrachtete die Auslagen der Boutiquen und kaufte als erstes ein Paar Schuhe. Die hohen Absätze streckten seine Figur, und am Nachmittag hatte sich sein Spiegelbild verändert: Eine neue Hose, ein Polohemd in animalischem Rot, ein Wasserglas voll Bourbon in der Linken und eine Körperhaltung, die Rainer unwillkürlich an Bogarts lässige Posen denken ließ.

      Etliche Whisky später glaubte er auch den zynischen Zug der Mundwinkel bei sich zu entdecken. Einen Hut wollte er sich aber nicht kaufen; er hatte es schließlich nicht nötig, irgendjemand zu imitieren.

      Als Anouschka und Beate am Abend ins Hotelzimmer kamen, fühlte Rainer sich von neuer Zuversicht durchströmt. Einträchtig mit dem Whisky floss sie durch seine Adern, und er begrüßte die beiden Frauen eher beiläufig.

      „Habt ihr was Schönes gekauft?“, fragte er.

      „Nein“, sagte Beate, „wir haben Anouschkas Hotelzimmer den ganzen Tag nicht verlassen. Wir haben uns richtig verquatscht, ein bisschen getrunken und so. Aber du warst einkaufen, nicht wahr?“, fragte Beate und hustete.

      Rainer nickte nur.

      Beate hustete erneut. „Meine Bronchitis ist schlimmer geworden“, sagte sie. „Ich möchte heute nicht mit in diese verqualmte Disco gehen. Geht ihr beiden doch allein“, schlug sie vor.

      Rainer schaute erfreut zu Anouschka hinüber und die nickte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass auch Anouschka sich für den Abend zurechtgemacht hatte: Mit einem dunklen Konturenstift hatte sie ihre rotgeschminkten Lippen betont, mit dezentem Make up ihre Augen. Ein enges, züchtig hochgeschlossenes graues Kleid schmiegte sich um ihren Körper, und sie trug flache Schuhe, wie Rainer erfreut feststellte. Dank seiner eigenen neuen Schuhe überragte er Anouschka jetzt ein wenig. Sie sah sehr fraulich aus, nicht so mädchenhaft wie am Strand.

      Und etwas älter wirkte sie durch das Kleid auch; sie passte jetzt noch besser zu ihm, dachte Rainer.

      „Wenn’s deiner Gesundheit dient“, sagte er deshalb großmütig zu Beate, „bleib halt hier. Wir kommen auch ohne dich zurecht.“

      Im Licht der sinkenden Sonne gingen Rainer und Anouschka durch Zandvoort und suchten gemeinsam ein Tanzlokal.

      Die Wände der Diskothek waren schwarz, glänzendes Chrom und der Metallboden der Tanzfläche reflektierten bunte Blitze und flackerndes Licht. „I can get no satisfaction“ brüllte Mick Jagger dazu aus tausend Lautsprechern, und Rainer war beruhigt. Wenigstens die Musik war ihm noch bekannt.

      „Ladies and Gentlemen“, schrie ein magersüchtiger Mann ins Mikrofon, „oldie time is over.“ Mit nervösem Ruck schob er einen Knopf an der Musikanlage nach vorn und bearbeitete pantomimisch eine Gitarre.

      Diese Musik war Rainer nicht bekannt. Unsicher hielt er sich an Anouschka fest und rief ihr zu: „Die Bar in Casablanca hat mir besser gefallen!“

      Anouschka küsste ihn aufs Ohr und antwortete etwas, das Rainer nicht verstehen konnte. Immer mehr Menschen drängten sich ins Lokal und auf die Tanzfläche. Mädchen- und Männerkörper bewegten sich dort, schöne Körper, wie Rainer sie vom Strand her kannte. Er bestellte einen Whisky und schwang sich souverän auf einen Barhocker.

      Anouschka deutete auf die Tanzfläche, Rainer schüttelte ablehnend den Kopf. So tanzte sie allein, und Rainer sah ihr von der Höhe seines Hockers aus dabei zu.

      Zwischen all den buntgekleideten Menschen wirkte Anouschka in ihrem grauen Kleid СКАЧАТЬ