Carmen im Kopfhörer. Jochen Sommer
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Название: Carmen im Kopfhörer

Автор: Jochen Sommer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844259858

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СКАЧАТЬ und Rainer beließ es so. Zu seiner Zeit wäre das verstanden worden, doch Anouschka schien es nicht einmal zu bemerken; auch nicht die heimlichen Blicke, mit denen Rainer im Halbdunkel des Kinos ihr Profil betrachtete.

      Näher kam er Anouschka auch am Plastiktisch des Cafe´s nicht, das sie nach dem Film aufsuchten. Etwas abseits saß er den beiden Frauen gegenüber, vermochte kaum ihrem leisen Gespräch zu folgen.

      Als sie das Cafe´ verließen, war der Ablauf des nächsten Tages bereits geplant, und Rainer bekam von Anouschka einen Abschiedskuss. Sie schien seine Verlegenheit zu bemerken und sagte lächelnd: „Sie sind süß, irgendwie.“

      Mit diesem Satz in den Ohren glitt Rainer in einen traumlosen Schlaf, aus dem ihn erst Beate weckte, die im Badezimmer keuchend abhustete.

      Angewidert stand er auf, verzichtete auf die morgendliche Rasur und ging hinunter in den Frühstückssaal. Wenig später kam Beate, die Tasche mit den Strandutensilien in der Hand.

      „In einer Stunde treffen wir uns mit Anouschka“, sagte sie. „Du hast doch sicher nichts dagegen?“

      Rainer zuckte gleichmütig die Schultern. „Nein, warum?“, fragte er.

      „Ich finde dieses Mädchen sehr sympathisch“, meinte Beate, „und es hat schon so viel erlebt.“

      „Sie ist wirklich ganz nett“, bestätigte Rainer,.

      Sie war mehr als das, dachte er, als sie am Strand ihre Decken ausbreiteten. Unter dem Kleid, das Anouschka gerade auszog, trug sie nur ihr Bikinihöschen, auf das Oberteil hatte sie verzichtet.

      Rainer richtete die Gläser seiner Sonnenbrille hinaus aufs Meer und musterte Anouschka aus den Augenwinkeln. Ihre Brüste waren etwas kleiner als Beates, doch in den Konturen fester. Sie lagen nicht schwer auf den Rippen auf, sondern reckten sich vorwitzig nach oben, und ihre Brustwarzen hatten einen kleineren Hof.

      „Warum tragen Sie eigentlich diese entsetzliche Sonnenbrille?“, fragte Anouschka gerade.

      Rainer murmelte etwas von empfindlicher Bindehaut.

      „Sie steht Ihnen überhaupt nicht“, sagte Anouschka. „Sie sehen damit aus wie ein italienischer Papagallo oder ein arabischer Waffenschieber. Ich hasse diese verspiegelten Gläser. Man fühlt sich beobachtet, selbst wenn sie woanders hingucken.“

      Rainer zog die Brille ab und warf sie lässig in die Badetasche. „Ich werde mir sofort eine andere kaufen“, sagte er gehorsam. „Kommen Sie mit und beraten mich?“

      „Im Interesse des guten Geschmacks“, sagte Anouschka, streifte ihr Kleid über und fragte Beate: „Sie haben doch nichts dagegen?“

      „Nur gegen die Sonnenbrille habe ich was“, antwortete Beate und sah den beiden nach, wie sie über die Holzstufen die Düne emporstiegen. Sie, Beate, hätte Rainer niemals seine Sonnenbrille ausreden können, gestand sie sich ein. Anouschka hatte dafür weniger als eine Minute gebraucht. Vielleicht war sie auch der geeignete Katalysator, um Rainers Unfreiheit zu beseitigen, überlegte Beate.

      Galant hielt Rainer Anouschka die Hand hin und half ihr über die letzte, etwas höhere Holzstufe der Düne hinweg. Er hielt ihre Hand auch noch, als es keine Holzstufen mehr zu überwinden gab.

      „Da vorne gibt es Sonnenbrillen“, rief Anouschka, entzog Rainer ihre Hand und deutete auf einen Souvenirladen.

      Dutzende von Sonnenbrillen lagen in drehbaren Metallständern, und Anouschka wählte eine im unteren Fach des Ständers aus. Wenn sie sich vorbeugte, konnte Rainer durch den Ausschnitt ihres weiten Kleides ihre Brüste sehen. Er ließ sich fast alle Brillen aus den unteren Fächern reichen, in allen Geschäften entlang der Strandpromenade.

      Erst im letzten Geschäft fand er ein Modell, das ihm und auch Anouschka zusagte. Es erinnerte an eine Kassenbrille aus den dreißiger Jahren, hatte kleine, ovale Gläser, die seine Augen knapp verdeckten.

      „Die sieht lustig aus“, fand Anouschka, „wie die Pennälerbrille von Heinz Rühmann in der Feuerzangenbowle. Die passt zu Ihnen.“

      Rainer war geschmeichelt. „Die nehme ich“, sagte er und warf einen Abschiedsblick in Anouschkas Ausschnitt.

      Irgendwie waren diese heimlichen Blicke spannender und erotischer als die mühelose Betrachtung am Strand, dachte Rainer. Anouschkas Assoziation zu Heinz Rühmann fand er aufschlussreich. Schließlich war der in diesem Film auch deutlich älter gewesen als das Mädchen, in das er sich verliebt hatte.

      Als sie an den Strand zurückkamen, lagen die Badesachen noch da, Beate nicht.

      „Sie ist bestimmt im Strandcafe´“, vermutete Anouschka und ging ebenfalls hin.

      Rainer blieb zurück und sah ihr nach. Er konnte sich nicht erinnern, in den Jahren seiner Ehe jemals mit einer so hübschen Frau in Kontakt gekommen zu sein; vorher auch nicht. Es war schon verrückt, dass er Anouschka ausgerechnet durch Beate kennengelernt hatte. Sie hatte eben auch ihre guten Seiten, dachte Rainer versöhnlich.

      Beate saß tatsächlich auf ihrem Stammplatz vorn an der Brüstung, Anouschka setzte sich zu ihr.

      „Habt ihr eine Sonnenbrille gefunden?“ fragte Beate.

      Anouschka nickte. „Nach langem Suchen, im letzten Souvenirladen.“

      „Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie ihm die eklige Brille ausgeredet haben. Auf Sie hört er wenigstens. Wir könnten uns übrigens duzen“, schlug sie vor.

      „Einverstanden“, sagte Anouschka.

      Beate winkte dem Kellner, der brachte Campari.

      „War es sehr nervig?“, erkundigte sich Beate.

      „Überhaupt nicht. Dein Mann war ausgesprochen folgsam“, sagte Anouschka. „Ich glaube, er hat sich ein wenig in mich verguckt. Oder zumindest in meinen Ausschnitt.“

      Beate staunte über Anouschkas Offenheit. „Das überrascht mich nicht“, sagte sie. „Wenn ich mein Mann wäre, ginge es mir bestimmt genauso.“

      „Danke für das Kompliment“, lächelte Anouschka und sah Beate nachdenklich in die Augen. „Und wenn du nicht dein Mann wärest?“ fragte sie.

      Die Frage verwirrte Beate. Sie griff zu ihrem Campariglas, nippte mehrmals und stellte es zurück. Sie wusste nicht recht, ob sie die Frage so verstanden hatte, wie sie sie hätte verstehen können. Vorsichtshalber wechselte sie das Thema.

      „Was hattest du eigentlich damit gemeint: Afrika ist für mich ein Ort der Selbstfindung?“, fragte sie. „Was hast du dort Neues über dich herausgefunden?“

      „Zum Beispiel, dass ich nicht nur eine Schwäche für Männer habe, sondern auch für Frauen“, wurde Anouschka deutlicher. „Das war für mich neu. Ich glaube inzwischen, dass jede Frau bi ist, die meisten wissen es nur nicht. Aber es ist schwer im Kommen.“

      Beate wollte nicht verstehen. „Was ist schwer im Kommen?“

      „Die Bisexualität“, sagte Anouschka unmissverständlich. „Nach einem Pfeifchen geht es besonders gut; es hilft, die Hemmungen zu überwinden.“

      Das verstand Beate wirklich nicht. „Nach welchem Pfeifchen?“

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