Название: Der dunkle König
Автор: Eckhard Lange
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742772442
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Saul legte ihm die Hand auf die Schulter. "Ja, man hat mir dieses Amt übertragen, obwohl ich es nicht gewollt habe. Doch Jahwe hat entschieden, und nun bin ich in der Pflicht. Aber ich kann sie nicht erfüllen ohne die Hilfe und den Rat wohlmeinender Männer." Abner sah dem Vetter in die Augen: "Du denkst an die Schmährufe, mit denen dich einige aus den Südstämmen begleitet haben, als du Mizpa verließt? Deine Mitkämpfer von Jabesch hätten sie beinahe gesteinigt, wenn du sie nicht gehindert hättest." "Es geschah um der Würde des Heiligtums willen, Abner. Aber man soll sie nicht schelten, wenn sie offen ihre Meinung sagen. Es liegt an mir, sie zu überzeugen. Es können nur meine Taten sein, mein Einsatz für die Stämme. Und dafür brauche ich Jahwes Hilfe - und auch deine."
Er schwieg und wandte sich Jonathan zu, der soeben in den Schatten der Eichen getreten war. "Schalom, Vater" grüßte der junge Mann, "Friede auch dir, Abner!" Die beiden erwiderten den Gruß, und Jonathan fragte ein wenig vorwurfsvoll: "Müssen wir uns hier im Verborgenen treffen, nur aus Angst vor den Philistern dort unten?" "Nicht aus Angst, Sohn, wohl aber aus Vorsicht," erwiderte Saul ruhig. "Sie müssen nicht alles erfahren, was in Israel geschieht." Jonathan nickte: "Da stimme ich dir zu, Vater. Und sie haben auch nichts zu suchen in Israel, nicht wahr?"
Abner schmunzelte: "Es ist das Vorrecht der Jugend, schnell zu urteilen und schnell zu handeln. Doch manchmal ist es auch gut, bedächtig vorzugehen. Und ich denke, eben deshalb hat dein Vater uns hierhergebeten." Jonathan hatte sich neben die beiden gesetzt. Er schwieg und blickte sie nur erwartungsvoll an. Saul hatte sich wohl überlegt, was er nun vorbringen wollte, Langsam, fast zögerlich begann er:
"Das Volk und unser Gott hat mich zum König gemacht über Israel, auch wenn Jahwe König bleibt für sein erwähltes Volk. Nicht zum Herrschen hat er mich berufen, sondern um dieses Volk zu schützen vor allen Feinden. Dazu aber bedarf es waffenfähiger Männer, und es bedarf der Waffen, die sie führen können. Ihr habt beide gesehen beim Kampf um Jabesch, wie es um diese Waffen steht in Israel. Allein die Überraschung, der Hinterhalt, hat uns den Sieg gebracht. Doch das kann nicht die Lösung sein, wenn wir von Neuem angegriffen werden."
"Ich denke, Ammon wird vorerst wenig Lust auf einen neuen Angriff haben, zu stark waren seine Verluste," wandte Abner ein. "Nicht die Ammoniter, die Philister sind die eigentlichen Feinde," rief Jonathan. "Nicht wahr, Vater, ihren Angriff fürchtest du?"
Saul nickte: "Ja, mein Sohn, so ist es. Wenigstens langfristig werden wir gegen die Städte in der Ebene in den Krieg ziehen müssen. Noch haben sie zwar ihre Wachposten im Land wie hier bei uns, aber wir leben in Frieden. Sie mögen uns für einen Teil ihres Machtbereichs halten, aber sie verlangen keinen Tribut, keine Abgaben, als wären wir besiegt und unterworfen. Doch das wird nicht so bleiben. Die Städte wachsen, sie brauchen Getreide und Öl, die Dörfer an der Grenze zu ihren Gebieten sind längst zinspflichtig, müssen ihre Produkte auf die Märkte von Gath und Ekron bringen. Und bald werden sie auf das Bergland übergreifen, nach und nach und ohne große Kriege zu führen, werden sie die Stämme unterwerfen. Und am Ende wird Baal unser Gott sein und nicht mehr Jahwe."
"Und was plant mein König dagegen zu tun?" Es sollte spöttisch klingen, aber Abner hoffte im Grunde auf einen Plan, der sich verwirklichen ließ. "Es sind vielerlei Dinge, die getan werden müssen," antwortete Saul ruhig. "Zunächst müssen wir die Stämme fester zusammenführen. Es reicht nicht, wenn der Seher sie hier und da zu einem gemeinsamen Opferfest lädt, wir müssen die Ältesten einbinden, die Vertreter der Stämme zu regelmäßigen Beratungen bitten. Und ich sage bewußt 'Beratungen', denn kein königlicher Befehl wird sie zum Handeln zwingen können, sondern nur gemeinsame Beschlüsse. Dann muß der Heerbann erneuert werden. Ein König braucht Krieger. Ich kann mich nicht darauf verlassen, daß die Männer ihre Felder und Weinberge verlassen, nur weil irgendwo die Trompete zur Schlacht ruft. Und das, Vetter Abner, möchte ich dir übertragen."
"Und dann erscheinen sie mit Dreschflegeln und Winzermessern zum Kampf!" Noch konnte Abner seinen Spott nicht zügeln. Doch Saul nickte ihm zu: "Ja, so ist es - heute. Aber eben das muß sich ändern. Wir brauchen Waffen, die diesen Namen verdienen. Wir brauchen Männer, die sie herstellen können, damit wir unabhängig werden von den Schmiedewerkstätten der Philister." "Und deshalb brauchen wir die Erzlieferungen von jenseits des Jordans, statt sie den Händlern von Ekron zu überlassen," rief Jonathan dazwischen. Der König sah seinem Sohn scharf in die Augen: "Ja, Sohn, wir brauchen das Erz. Aber wir müssen uns hüten, den Philistern einen Grund für einen Krieg zu geben, solange wir nicht selbst gerüstet sind. Das wird unsere schwierigste Aufgabe sein. Und eben deshalb ist es nötig, sich mit den Ältesten der Stämme zu beraten."
"Wir haben die Ammoniter vor Jabesch überrascht und so in die Flucht geschlagen," sagte Jonathan. "Warum tun wir nicht ein Gleiches mit den Philistern? Solange Ekron allein die Straße hinüber ins Jordantal bewacht, können wir seine Wachposten vertreiben. Es kann lange dauern, bis alle fünf Städte sich auf eine Antwort einigen. Darin liegt doch unsere Chance!" Abner legte Sauls Sohn die Hand auf den Arm: "Eine Chance ist noch kein Erfolg, lieber Jonathan. Dein Vater hat recht: Wir sollten den Frieden nützen, statt ihn vorschnell zu brechen."
Der junge Mann blickte auf den Boden. Man sah, daß er nicht überzeugt war. Doch Saul hatte einen anderen Plan, um die Kräfte seines Sohnes zu binden: "Abners Aufgabe, den Heerbann neu zu ordnen, wird Zeit in Anspruch nehmen. Aber der König braucht eine kleine, schlagkräftige Truppe für den Notfall, für irgendwelche Grenzkonflikte. Sagen wir - eine Leibwache. Das wird bei den Königen in der Ebene noch keinen Argwohn wecken, haben sie doch alle solche Männer in ihrer Nähe. Und es wird deine Aufgabe sein, Sohn, sie zu suchen und auszubilden. Es gibt genügend Söhne in den Dörfern ringsum, die keine Erben sind, sondern nur Knechte ihres ältesten Bruders. Sie werden deinem Ruf folgen."
Saul erhob sich. "Ich hoffe, ihr werdet meinem Wunsch folgen. Ich vertraue auf euch." Und er streckte den beiden seine Hände entgegen. Und sie ergriffen sie. Die Pläne des Königs gewannen Gestalt. "Jahwe wird mit uns sein!" Saul sprach es leise und feierlich. Und er wußte, das ist die Wahrheit. Er wußte es genau.
VIERTES KAPITEL: DAS OPFER DES KÖNIGS
I.
Zum zweiten Mal war Erntezeit auf dem Gebirge. Auch Saul war mit seinen Knechten hinausgezogen, dorthin, wo auf den Terrassen am Hang oberhalb von Gibea seine Äcker lagen, das Erbteil seiner Familie seit undenklichen Zeiten. Doch während er die Halme ergriff, zu einem Büschel zusammenraffte und mit gewohntem Schwung die Sichel ansetzte, waren seine Gedanken nicht bei der Sache. Er mußte an Abner denken. Der hatte seine Aufgabe als Heerbannführer mit großem Ernst übernommen, die Männer aus den Dörfern zusammengeholt und den Kampf geübt. Er hatte eiserne Speerspitzen anfertigen lassen, damit die Männer sie selbst an Stangen befestigen konnten. Immer wieder hatte er sie danach zurückgeschickt in ihre Städte und Dörfer und an ihre Arbeit, sie ermahnt, auch dort miteinander den Gebrauch der Waffen zu üben. Und jedes Mal, wenn sie wieder vor Abner erschienen, konnte er Fortschritte wahrnehmen.
Bald würde der König ein Heer aufbieten können. Doch noch zögerte er. Nein, er wollte den Frieden nicht brechen. Es wäre besser, die Philister würden als erste zu den Waffen greifen, das würde den Mut und den Zorn seiner Männer befördern, und beides brauchte Saul, um seine Leute in den Kampf zu führen. Wenn es galt, Weib und Kind, Hof und Acker und letztlich die eigene Freiheit zu verteidigen, СКАЧАТЬ