JACOB. Irene Dorfner
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Название: JACOB

Автор: Irene Dorfner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Leo Schwartz

isbn: 9783738062045

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СКАЧАТЬ bleibt keiner lange. Jacob macht gerne seine Späße und ärgert jeden. Und der alte Winzl ist ein richtiger Kotzbrocken. Immer hat er etwas zu meckern, mit nichts ist er zufrieden. Frau Winzl ist eine feine Dame, für sie arbeite ich gerne, wegen ihr bin ich auch noch hier.“ Iris Daubner erzählte ausführlich einige Auseinandersetzungen mit Alfred Winzl, die sich ähnelten und Krohmer mehr und mehr langweilten. Diese Frau Daubner war eine sehr gesprächige Frau, die sehr viel Wert auf die genaue Darstellung ihrer Erzählungen legte, weshalb sich die Unterhaltung in die Länge zog. Ungeduldig sah er auf die Uhr.

      „Was ist mit Jacob Winzl? Was können Sie mir von ihm erzählen?“, unterbrach Krohmer.

      „Der Junge ist im Grunde genommen kein schlechter Mensch, obwohl auch ich unter seinen dummen Späßen und Beleidigungen zu leiden habe. Ich vermeide es, ihm zu begegnen. Frau Winzl hat ihren Sohn nach Strich und Faden verzogen. Der alte Winzl schimpft oft mit seinem Sohn, der Alte ist sehr hartherzig und oft auch grob. Aber man muss ihm hoch anrechnen, was er geschaffen hat. Ich kann mich noch gut an den kleinen Schrottplatz erinnern. Dort haben wir oft gespielt, als ich noch ein kleines Mädchen war. Ja, das waren noch Zeiten damals…“

      „Haben Sie Freunde oder Bekannte von Jacob kennengelernt? Oder wissen Sie, wo er sich in seiner Freizeit aufhält?“

      Iris Daubner kam einen Schritt näher und sah sich verschwörerisch um.

      „Hier ins Haus dürfen keine Fremden, das hat der alte Winzl strikt verboten. Ich möchte niemanden anschwärzen,“ flüsterte sie. „Abgesehen davon, dass Jacob eigentlich nur Freizeit hatte, pflegte er nicht den Umgang, den seine Eltern sich für ihr einziges Kind gewünscht haben. Keine Rowdies oder Asoziale, sondern versnobte Taugenichtse, die sich auf den Lorbeeren ihrer Eltern und Großeltern ausruhen und deren Geld mit vollen Händen rauswerfen. Ich habe Jacob in einer Gruppe dieser unsympathischen jungen Leute gesehen, als ich meine Tochter in München besucht habe. Ich mag Jacob eigentlich sehr gerne, aber inmitten dieser Leute war er peinlich und ich habe mich für ihn geschämt. Sie haben einem Obdachlosen 100 Euro hingehalten und er musste dafür für sie tanzen. Als er tanzte, haben sich die jungen Leute über ihn lustig gemacht. Das macht man doch nicht, das geht nicht.“

      „Kennen Sie diese jungen Leute?“

      „Von mir erfahren Sie keine Namen, ich bin doch nicht blöd. Nachher erfährt einer, dass die Polizei den Namen von mir hat und dann werden sie mir einen Killer auf den Hals schicken.“ Krohmer musste lachen, die Phantasie und das einfache Gemüt dieser Frau waren erfrischend komisch. „Lachen Sie nicht, das machen die Reichen so, das habe ich oft genug im Fernsehen gesehen. Aber,“ und nun kam sie noch näher. „Sie brauchen sich nur eine Klatschzeitung kaufen oder eines der sündhaft teuren Münchner Lokale aufsuchen, dort finden Sie diese Leute. Ich weiß aus verlässlicher Quelle, die ich Ihnen nicht nenne, dass sie sich regelmäßig in der Münchner Nobeldisco Point X aufhalten. Sie kennen die Disco?“

      „Nicht persönlich. Ist Ihnen in letzter Zeit irgendjemand aufgefallen, der nicht hierhergehört?“

      Sollte sie es der Polizei sagen? Sollte sie erzählen, dass sie schon mehrfach einen jungen Mann hier gesehen hat, der Frau Winzl besucht? Sie kannte sogar seinen Namen: Miguel! Ein hübscher Mann, ohne Zweifel. Aber sie mochte keine Ausländer, die waren ihr suspekt und machte daher einen großen Bogen um sie. Sollte sie Frau Winzl verraten? Nein! Wenn es sich um den Chef gehandelt hätte, hätte sie geplaudert, denn sie mochte den Mann nicht und sah ihn zum Glück nicht sehr oft. Aber die Chefin war immer gut zu ihr gewesen und war ihr gegenüber auch immer sehr großzügig. Nicht selten steckte sie ihr heimlich einen Schein mehr zu. Seit sie diesen Miguel kannte, war sie wie ausgewechselt und blühte regelrecht auf. Sollte sie ihr das nehmen? Nein, sie würde die Chefin nicht verraten. Warum auch? Der Kriminaler war wegen Jacob hier und nicht wegen der Chefin. Also schüttelte sie den Kopf.

      Krohmer hatte gemerkt, dass die Putzfrau nicht reden wollte, aber er konnte sie nicht dazu zwingen.

      „Was ist denn nun passiert? Ist Jacob in Ordnung?“

      „Liebe Frau Daubner. Ich würde Ihnen gerne etwas erzählen, darf ich aber nicht. Verstehen Sie das bitte. Sollte Ihnen noch irgendetwas einfallen, melden Sie sich bitte.“ Krohmer gab ihr seine Karte. „Ich möchte mich einstweilen bei Ihnen bedanken. Der Hinweis auf die Diskothek hilft uns weiter.“

      „Sie können sich auf mich verlassen, Herr Kommissar. Ich halte Augen und Ohren auf,“ blinzelte sie ihm zu, steckte die Karte in die Schürze und ging davon.

      Krohmer nahm den Laptop von Netzteil und ging wieder zurück ins Wohnzimmer, wo sich auch Lotte Winzl inzwischen wieder eingefunden hatte. Schon von weitem hörte er, dass Alfred Winzl seine Frau anbrüllte und ihr heftige Vorwürfe machte. Konnte sich der Trottel nicht benehmen?

      „Entschuldigen Sie mein Benehmen von vorhin,“ sagte Frau Winzl mit einem aufgesetzten Lächeln, als sie Krohmer bemerkte. „Ich habe für einen Moment die Fassung verloren. Es ist sonst nicht meine Art, einfach wegzulaufen.“

      Krohmer winkte ab, er verstand die Frau nur zu gut.

      „Sie müssen wissen, dass meine Frau meint, etwas Besseres zu sein,“ grinste Winzl. „Und jetzt wieder zu Jacob: Haben Sie etwas von Ihren Leuten gehört? Ich hoffe nicht, dass sie am falschen Turm stehen.“

      Frau Winzl sah Krohmer und ihren Mann abwechselnd an. Von welchem Turm sprach ihr Mann? Krohmer gab ihr das Schreiben und während sie las, schüttelte sie immer wieder den Kopf. Was sollte der Schwachsinn?

      „Das ist aus Rapunzel,“ flüsterte sie.

      „Das wissen wir doch längst. Die Polizisten sind schon bei der Arbeit. Denkst du, die sind dumm und warten nur auf deine Hilfe?“ Winzl war echt fies zu seiner Frau und Krohmer hätte nicht übel Lust, ihn mal so richtig zurechtzuweisen. Aber das war eine Ausnahmesituation und Krohmer war sich sicher, dass sich Winzl große Sorgen um seinen Sohn machte.

      In den nächsten zehn Minuten herrschte Stille, bis das Klingeln von Krohmers Handy diese unterbrach und Frau Winzl erschrocken zusammenzuckte.

      „Chef?“, rief Leo laut, da um ihn herum sehr viel Verkehr war. „Burghausen war nichts, alle Türme wurden abgesucht. Aber mit Graming hatte Hans Recht.“

      „Haben Sie den Jungen?“

      „Leider nein. Wir haben nur einen neuen Hinweis gefunden. Wieder eine Passage aus irgendeinem Märchen, wir haben keine Ahnung, aus welchem. Wir brauchen entweder eine gute Internetseite, oder jemanden, der sich mit Märchen auskennt.“

      „Ich kenne jemanden, der uns ganz sicher weiterhelfen kann. Wir treffen uns im Büro.“

      Krohmer verabschiedete sich und hatte alle Mühe, den aufgebrachten Alfred Winzl davon abzuhalten, ihn zu begleiten. Er brauchte Ruhe bei der Arbeit und dabei störte ein Angehöriger, so hart das auch war. Krohmer hatte Alfred Winzl in die Hand versprechen müssen, ihn auf dem Laufenden zu halten. Frau Winzl war immer ruhiger geworden und Krohmer vermutete, dass sie ein Medikament eingenommen hatte. Sollte er einen Arzt rufen? Warum? Alfred Winzl war der Ehemann, soll er sich doch endlich um seine Frau kümmern. Es musste dem Trottel doch auch auffallen, in welchem Zustand sich seine Frau befand.

      Im Rückspiegel bemerkte Krohmer Iris Daubner am oberen Fenster. War das nicht Jacobs Zimmer? Schon an der Wohnzimmertür lungerte die neugierige Frau herum und er war kurz davor, sie anzusprechen. Aber die Stimmung im Haus war sowieso schon auf dem Gefrierpunkt, da musste er nicht auch noch die Putzfrau hineinziehen. Außerdem kannte Frau Daubner den Sohnemann und sie machte sich ganz bestimmt ebenfalls Sorgen um ihn.

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