Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Mittelalter – I. Römisches Reich Deutscher Nation –. Ricarda Huch
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СКАЧАТЬ des Sachsenherzogs Heinrich, der Enkel des großen Otto, die nicht einmal Latein verstanden, die sich mit Vorliebe in Quedlinburg aufhielten und in den Wäldern des Harzes jagten, war ein Fremder im Norden; den Römern aber blieb er fast noch fremder als sein Großvater. Der war tatkräftig, folgerichtig, ein Herrscher, der zu rechter Zeit zu gebieten, zu strafen, zu verzeihen wusste; Otto III. wollte zugleich die Welt beherrschen und ein Heiliger sein. Otto I. wurde geliebt und verehrt, aber zugleich gefürchtet. Einmal begaben sich die Mönche von Sankt Gallen mit ihrem neuerwählten Abt an den Hof nach Speyer, um sich vom König die Wahl bestätigen zu lassen. Obwohl sie das Recht der freien Abtswahl besaßen, kamen sie als Bittende und nicht ohne Sorge, denn sie wussten, dass ihr Erwählter dem Herrn nicht sonderlich genehm war. Sie ersuchten den jungen Otto um Fürsprache, der auch als liebenswürdiger Kronprinz sich für ihr Anliegen einzusetzen versprach, hinzufügend: „Gott, in dessen Hand die Herzen der Könige sind, möge für euch meinen Löwen mild und versöhnlich machen.“ Der Bischof von Speyer sagte gelegentlich zum Kaiser: „Niemals waren Augen schärfer als die deinigen, mein Löwe.“ Wie einen Löwen liebten die Deutschen sich ihre Herrscher vorzustellen: furchtbar, gefährlich, großmütig. Gegen das Ende seines Lebens besuchte Otto zusammen mit seinem Sohn das Kloster Sankt Gallen. Die auf beiden Seiten aufgereihten lobsingenden Mönche betrachteten scheu den alten König, wie er mächtig in ihrer Mitte stand und die großen Augen mit Herrscherblick langsam über sie hingleiten ließ. Otto III. ließ sich vom Bischof Adalbert von Prag, der seine Diözese verlassen hatte, weil er unter der Rohheit und Widersetzlichkeit der Böhmen litt, ermahnen, sich des Kaisertums nicht zu überheben, sondern eingedenk zu sein, dass er Staub sei, und kniete weinend vor den Eremiten, die damals in Italien den Ruf der Heiligkeit genossen. Er gab sich abwechselnd schrankenlosen Herrschaftsansprüchen und haltloser Zerknirschung hin. „Euretwegen“, rief er den aufständischen Römern zu, „habe ich mein Vaterland und meine Angehörigen verlassen. Die Liebe zu euch ließ mich meine Sachsen und alle Deutschen, mein eigen Blut verschmähen. Euretwegen habe ich die Missgunst und den Hass aller auf mich geladen, da ich euch über alle stellte. Und für all das habt ihr euren Vater verworfen, meine Diener grausam ermordet und mich, den ihr doch nicht ausschließen könnt, ausgeschlossen!“ Aber die Römer unterwarfen sich wohl einem Herrscher, der ihnen seine Kraft bewies, einen frommen Schwärmer und Barbaren, der sie mit weinerlichen Worten an sich fesseln wollte, verachteten sie.

       Als Otto III. im Jahre 1000 in Aachen war, ließ er sich die Gruft Karls des Großen öffnen. Mit drei Begleitern drang er in das vom Geruch der Verwesung erfüllte Gewölbe ein und sah den toten Kaiser, so erzählt die Überlieferung, aufrecht, als lebe er, auf seinem Stuhl sitzen. Er hatte eine Krone auf dem Haupt, und die Nägel waren durch die Handschuhe, die er trug, hindurchgewachsen, ein grauenvolles Zeichen posthumer Lebendigkeit. Der Toten Grabesruhe zu stören war von der Kirche verboten und widerstrebte dem Gefühl des Volkes. Man glaubte, der edle Geist sei dem Königs Jüngling zürnend erschienen und habe ihm ein ruhmloses Ende geweissagt. Er starb zwei Jahre später zu seinem und des Reiches Glück: denn die Unzufriedenheit der Deutschen wäre vermutlich bald zum Ausbruch gekommen und hätte ihn jeder Grundlage beraubt.

      Von den deutschen Königen im engeren Sinne ist Otto I. der einzige, dem der Beiname der Große gegeben wurde, obwohl unter seinen Nachfolgern mancher ebenso geistvoll und tatkräftig war wie er. Es erklärt sich daraus, dass er in mancher Hinsicht wie Karl der Große ein Begründender war, dass er, indem er das Kaisertum an die Deutschen brachte, eine neue Epoche einleitete. Was für zerreißende Schicksale die Verbindung mit Italien und dem Papst auch über Deutschland brachte, sie gab ihm eine Weltstellung, sie gab ihm das Glück großer Gedanken, großer Kämpfe, einer großen Aufgabe. Nicht das ist ja das Höchste, dass eine dauernde Ordnung entsteht, die dem Volk Wohlstand und ruhiges Gedeihen gewährt, obwohl ein guter Herrscher auch das anstreben wird, sondern dass große Gedanken das Gemüt des Volkes bewegen, an denen es wachsen, für die es sich einsetzen kann. Und die Aufgabe, die Otto der Große seinem Volk bestimmte, war nichts Ausgeklügeltes, sie war in der Geschichte, in der geographischen Lage, in der Anlage und den Neigungen der deutschen Stämme vorgebildet. Es wäre nicht möglich gewesen, das deutsche Volk zum Träger des universalen Gedankens zu machen, wenn nicht viele Tatsachen ihn bestätigt hätten.

       Dennoch war es nicht die Begründung des Kaisertums allein, die Otto vor so vielen Großen groß erscheinen ließ, sondern auch das Umfassende seiner Bestrebungen und seine Persönlichkeit. Nicht nur besiegte er endgültig die Ungarn, sondern er bekämpfte auch mit Glück die Slawen und gründete, allen Widerstand überwindend, das Erzbistum Magdeburg als Ausgangspunkt der Christianisierung der Länder jenseits der Elbe. Gesandtschaften von nah und fern bewiesen, dass ihm die christlichen und die heidnischen Völker einen Ehrenplatz in der abendländischen Welt einräumten. Hat er auch auf die Kirche, die Wissenschaften und Künste nicht so entscheidend und richtunggebend gewirkt wie Karl der Große, so hat er doch die Bedeutung dieser Seite des geistigen Lebens nicht verkannt. Seine menschliche Größe geht wohl am meisten daraus hervor, dass mehrmals aus seinen Feinden Freunde wurden. Die eigene Mutter hatte ihm verschiedentlich entgegengearbeitet, teils durch Begünstigung ihres Lieblingssohnes Heinrich, teils durch allzu verschwenderische Schenkungen an die Geistlichkeit und die Armen; aber auch sie wendete schließlich ihr ganzes Herz ihm zu. Es wird erzählt, dass eines Tages in Nordhausen, Mathildens Witwensitz, nachdem Mutter und Sohn sich unter Tränen umarmt und getrennt hatten, die alte Königin niederkniete und den Boden küsste, wo Ottos Füße gestanden hatten; durch diese rührende Gebärde mochte sie, des Sohnes Größe endlich ganz begreifend, ihr früheres Verkennen abbitten wollen. Als die, die das mit angesehen hatten, dem König nachfolgten und es ihm erzählten, sprang er sofort vom Pferd, kehrte um und umarmte seine Mutter, indem er sagte: „Durch welchen Dienst kann ich diese Tränen vergelten?“ Wie sein Vater, starb Otto I. in Memleben, wo noch ein paar Säulengänge an die Zuneigung der Sachsenkönige zu dieser Pfalz erinnern. Nachdem er wie immer bei Morgengrauen aufgestanden war, den Armen Almosen gespendet, fröhlich, wie es seine Art war, zu Mittag gespeist und am Schluss des Tages den Abendgottesdienst besucht hatte, wurde er von einem plötzlichen Übelbefinden ergriffen. Mitten aus erfülltem Leben schied der tätige Geist königlich gefasst. Begraben wurde er, wie er gewünscht hatte, neben seiner ersten Frau, Edith, im Dom zu Magdeburg, der im Jahre 1207 abbrannte.

      * * *

      Bischöfe

       Bischöfe

      Während der Kriege Karls des Großen mit den Sachsen schickte die altbritische Kirche Missionare an die deutsche Küste; einer von ihnen war Willehad, den Karl der Große im Jahre 787 in Worms zum Bischof machte.

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      Willehad

      Zu seinem Wohnsitz wählte er ein Dorf, das Bremen hieß, wo er auch, als er zwei Jahre später starb, bestattet wurde. Erst sein Nachfolger Willerich (Willerich (auch Willeric, Wilrich, Wilderic; † 4.Mai 837) war der zweite Bischof von Bremen.) erhielt zum Bischofstitel ein Bistum, das dem Erzbischof von Köln unterstellt wurde. In Nordalbingien, dem Niederelbeland, gab es damals zwei Kirchen, die eine war in Hamburg und gehörte zu Bremen, die andere war in Meldorf im Dithmarschen und gehörte zu Verden. Sehr, sehr langsam befestigte sich bei den Sachsen und Friesen, die die Gegend der unteren Weser und Elbe bewohnten, das Christentum; an eine weitere Ausbreitung desselben nach dem skandinavischen Norden konnte erst nach dem Tod Karls des Großen gedacht werden. Der Anlass dazu ging von Dänemark aus, da König Harald sich mit seinem Gefolge in Mainz taufen ließ; Kaiser Ludwig selbst war sein Taufpate. Als er den Wunsch äußerte, einen Geistlichen mitzunehmen, der den Gottesdienst ausübe und das Volk bekehre, und nach einem Mann gesucht wurde, der sich dazu eignete und bereit erklärte, meldete sich der, den man an erster Stelle nennen muss, wenn man von großen Bischöfen erzählen will, Ansgar, damals Mönch im Kloster Korvey.

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      Ansgar von СКАЧАТЬ