Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Mittelalter – I. Römisches Reich Deutscher Nation –. Ricarda Huch
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СКАЧАТЬ der herrschenden Dynastie berücksichtigten, solange solche vorhanden waren. So gab in Sachsen Verwandtschaft mit dem unvergessenen Widukind ein Recht auf die Führerschaft, und es ist anzunehmen, dass die Familie der Brunonen oder Ludolfinger in verwandtschaftlichem Zusammenhang mit dem alten Helden gestanden hat. Ludolf, von Ludwig dem Deutschen zum Grafen erhoben, in Korvey, Quedlinburg, an den Quellen der Lippe begütert, vermählte seine Tochter Liutgard mit einem Sohn Ludwigs und stellte dadurch auch eine Verwandtschaft mit den Karolingern her. Nachdem Ludolfs Sohn Brun im Kampf gegen die Normannen gefallen war, folgte ihm sein Bruder Otto, von dem die Überlieferung berichtet, dass ihm die Königskrone angeboten sei, dass er aber als zu alt darauf verzichtet und seine Wähler bewogen habe, sie dem Herzog der Franken zu übertragen. Sein Sohn Heinrich machte seinen Namen berühmt durch glückliche Bekämpfung der Slawen, konnte aber der Ungarn, die sie herbeiriefen, nicht sofort Herr werden.

       Schöne Gestalt, schönes Antlitz, königliche Haltung, Festigkeit, Gelassenheit und vermutlich die kühle Kindlichkeit, der gutmütige Humor und die Spielfreude, die dem niedersächsischen Menschen eigen sind, machten Heinrich zum Liebling des Volkes und der Sage. Man verübelte es ihm nicht, dass er Hatheburg, die der erste Gegenstand seiner Liebe war, als sie ihm gleichgültig geworden war, in das Kloster zurückschickte, aus dem er sie geholt hatte, die Güter aber, die sie ihm zugebracht hatte, behielt. Seine Ehe mit der jungen Mathilde, die durch ihren Vater von Widukind abstammte, befriedigte die Anhänglichkeit der Sachsen und machte ihn zum Vater ausgezeichneter Söhne und Töchter. Die Frage der Reichseinheit löste er dadurch, dass er die einzelnen Stämme in Güte zu gewinnen wusste; Herzog Arnulf von Bayern verband er sich in persönlicher Unterredung und indem er ihm allerlei Sonderrechte, hauptsächlich auf kirchlichem Gebiete, zugestand. Es kam Heinrich allerdings zugute, dass er von vornherein im Bund mit den Franken war. Auf eine eigentliche Unterordnung der Herzogtümer unter die Königsgewalt verzichtete er, die weitere Ausbildung der Verfassung seinem Nachfolger überlassend. Es gehört zu dem Anziehenden seines Wesens, dass er sich im Augenblick bescheiden konnte, um für die Zukunft das Unmögliche möglich zu machen. So hielt er es mit den Ungarn, denen er jahrelang Tribut zahlte, um inzwischen ein Heer und passende Verteidigungsanstalten auszubilden und den Feind mit Sicherheit besiegen zu können. So begnügte er sich damit, einen losen Staatenbund zu schaffen und wenigstens das Auseinanderfallen des Reiches zu verhindern, so verfuhr er in Bezug auf Rom und das Imperium. Als er in Fritzlar zum König der Sachsen und Franken gekrönt wurde, und der Erzbischof von Mainz ihn salben und krönen wollte, lehnte er das ab als solcher Ehre nicht würdig. Ob er am Ende des Lebens daran dachte, sich die Kaiserkrone in Rom zu holen, ist ungewiss. Stetig, schlicht, frei von Prahlerei und Eitelkeit, sicher in der eigenen Kraft ruhend, ging er in das liebevolle Gedächtnis nicht nur der Sachsen, sondern des ganzen deutschen Volkes ein.

       Dem vorbereitenden, grundlegenden Fürsten folgte sein großer Sohn Otto, der von Anfang an mehr Königsbewusstsein und höhere Ziele hatte. Heinrich blieb immer in erster Linie Herzog der Sachsen, wenn er auch als ein pflichttreuer Mann die Aufgaben, die das Schicksal ihm zuwies, erfüllte; Otto fühlte sich als Nachfolger Karls des Großen. Wo sein Vater als Erster unter Gleichen auftrat, war er Herrscher, ohne dass ihm doch das schöne Gleichgewicht der Seele, das jenen auszeichnete, gefehlt hätte. Von allen Seiten befehdet, von Verrat umgeben, konnte er wohl heftig zürnen und strafen; aber er blieb im Herzen gelassen und frei. Wenn er auf einsamen Wegen unter den Eichen seiner Wälder sich mit der Vogeljagd belustigte, sang er selbstvergessen liebliche Lieder vor sich hin. Großmütig, gar nicht misstrauisch konnte er denselben Feinden, die ihn immer wieder verrieten, immer wieder verzeihen.

       Obgleich zur Zeit Ottos die Zahl der freien Leute noch beträchtlich war, so hatten sich infolge der Lehensverfassung doch die Vasallen schon zu sehr zwischen König und Volk geschoben, als dass er sich darauf hätte stützen können. Um ein Gegengewicht gegen das Unabhängigkeitsstreben der Stämme zu schaffen, bediente er sich seiner Verwandten und der Bischöfe. Da er in der Verwandtschaft seine ärgsten Feinde hatte, erwies sich die erstgenannte Waffe als zweischneidig. Sehr wertvoll war ihm sein jüngster Bruder Brun, ein ausgezeichneter Charakter, sich selbst streng beherrschend und gerecht gegen andere, den er zum Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen machte. Bruns zugleich wissenschaftliche und staatsmännische Begabung machten ihn für diese Doppelstellung geeignet. Heinrich dagegen wollte selbst König werden und machte sich zum Mittelpunkt aller Feindseligkeiten gegen seinen Bruder. Schweigsam, verschlossen, ränkesüchtig, dabei maßlos heftig und rachsüchtig erscheint sein Charakter durchaus nicht anziehend, aber eine Persönlichkeit muss er doch gewesen sein; weil er seinem blonden Vater glich, bevorzugte ihn die Mutter, überhaupt machte ihn seine Schönheit bei den Frauen beliebt. Nachdem er sich endgültig unterworfen hatte, erhielt er das Herzogtum Bayern und erwies sich seitdem als zuverlässige Stütze des Königs. Durch seine Heirat mit Judith, der Tochter des verstorbenen Herzogs Arnulf, nahm er an dem Ansehen der einheimischen Dynastie teil. Seinen Schwiegersohn Konrad machte Otto zum Herzog von Lothringen, seinen Sohn Ludolf zum Herzog von Schwaben, nachdem er ihn mit der Tochter des letzten Schwabenherzogs Hermann verheiratet hatte; beide fielen von ihm ab. In den Stämmen war ein so starker Widerstand gegen die königliche Oberherrschaft, dass die Stammeshäupter wie durch eine Naturkraft davon ergriffen wurden; die Zeitgenossen wenigstens haben den unglücklichen Ludolf, bevor er Herzog wurde, der Untreue und Widersetzlichkeit nicht fähig gehalten, und Konrad hat durch den Eifer, mit dem er, um sein Vergehen gutzumachen, sich am Kampf gegen die Ungarn beteiligte, bewiesen, dass er nicht unedel dachte.

      Eine ganz andere Grundlage bestimmte die Stellung der Bischöfe. Als Glieder der Kirche vertraten sie von vornherein die Idee der Reichseinheit, die in Rom ihren Mittelpunkt hatte. Sie waren bereit, sich der Hoheit des Königs, nicht aber den Herzögen unterzuordnen. Der Erzbischof von Mainz besonders, dessen Diözese sich durch das ganze Reich erstreckte, fühlte sich dem Reiche verbunden. Alle Erzbischöfe erhielten die Erinnerung an das Karolinger-Reich, wo Papst und Kaiser gemeinsam, Karl der Große fast allein, Kirche und Reich regiert hatten, und Otto pflegte diese Überlieferung. Während Heinrich, sein Vater, die Kaiserkrönung abgelehnt hatte, ließ er sich in Aachen, nachdem er von den Herzogen und Großen in einem mit dem Münster verbundenen Säulengange auf den Thron gehoben worden war, im Inneren der Kirche von den Erzbischöfen von Mainz und Köln nach der alten Ordnung mit dem Schwert umgürten und dem Mantel bekleiden, salben und krönen. Von den Herzogen, die bei der nachher stattfindenden Tafel die herkömmlichen Ämter als Mundschenk, Truchsess, Marschall und Kämmerer ausübten, fielen drei bald nachher von ihm ab. Von den Bischöfen wurde nur einer später sein Gegner, der Erzbischof Friedrich von Mainz, der die von Otto angebahnte Verbindung des geistlichen Amts mit weltlichen Geschäften missbilligte.

       Die Heranziehung der Bischöfe zu den Reichsgeschäften bewirkte Otto dadurch, dass er ihnen Grafschafts-Rechte verlieh und durch Erteilung von Immunitäten Bischöfe und Äbte von den königlichen Gerichten unabhängig machte. Er leitete diese folgenreiche Umwandlung der Verfassung behutsam ein, seine Söhne setzten sie unbedenklicher fort. Bald kamen ganze Grafschaften an die Bischöfe, die dadurch zu weltlichen Fürsten wurden. Der Gewinn für den König war unübersehbar: er konnte nun auf die Anhänglichkeit einer Anzahl großer Herren rechnen, die ihn nicht nur durch ihren Rat und Einfluss, sondern auch durch das Aufgebot ihrer Mannschaft unterstützten. Allerdings wurde die kirchliche Tätigkeit der Bischöfe durch den neuen Aufgabenkreis, der ihnen erwuchs, wesentlich eingeschränkt. Predigt und Armenpflege, ursprünglich eine heilige Pflicht ihres Amtes, mussten den Pfarrern überlassen werden, die Bischöfe, die die Könige auf ihren Reisen und Heerzügen begleiteten, waren nicht selten jahrelang von ihren Diözesen abwesend. Indessen diese dem hohen Adel entstammenden Männer waren mit der Verweltlichung mehr als einverstanden. Nur ausnahmsweise war einer von der Wichtigkeit der geistlichen Seite seines Amtes so durchdrungen, dass er die Verflechtung in weltliche Geschäfte als ungehörig und belästigend empfand.

      Otto I. hatte wie Karl der Große die Gabe nie ermüdender Tätigkeit. Er bedurfte nicht viel Schlafs, und da er im Schlafe sprach, meinte man, dass er selbst schlafend wache. Die Niederwerfung der Aufstände in den Herzogtümern, die Bekämpfung der Slawen und Ungarn nahmen die ersten Jahrzehnte seiner Regierung in Anspruch, dann konnte er endlich den Blick auf Italien richten. Gegen den Papst, der den Karolinger Arnulf krönte, hatte СКАЧАТЬ