Ricarda Huch: Deutsche Geschichte – Untergang des Römischen Reiches Deutscher Nation – bei Jürgen Ruszkowski. Ricarda Huch
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СКАЧАТЬ sollten bald unter ausgezeichneten Führern ihre Leistungsfähigkeit beweisen.

       Einen bedeutenden Erfolg errang die französische Diplomatie, als es ihr gelang, die Schweden zu einem Einfall in die Mark Brandenburg zu veranlassen. Der höfliche schwedische Anführer versicherte zwar, das solle keine Ruptur bedeuten; aber der Große Kurfürst nahm es für das, was es war, und kam ohne Zeitverlust seinem Land zu Hilfe. In seinem eigenen Interesse verletzt, zeigte er, was er leisten konnte, wenn er wollte. In raschem Zug führte er seine Truppen vom Rhein nach dem Osten, eroberte das von den Schweden besetzte Rathenow zurück, besiegte den Generallieutenant Wrangel in der Reiterschlacht bei Fehrbellin und jagte den Feind in der vielbewunderten Fahrt über die Eisfläche des Kurischen Haffs über die Grenze. Dann eroberte er Stettin und glaubte sich ein zweites Mal im Besitz von Pommern. Dass Ludwig XIV., dessen Absicht es durchaus nicht war, das Reich von den Schweden zu befreien, ihm die Beute entriss, erbitterte ihn nicht gegen den französischen König, sondern gegen den Kaiser, der ihn allerdings nach längerem Auf und Ab der Meinungen am Wiener Hof preisgab. Der Friede von Nymwegen, der im Jahr 1679 den ersten Koalitionskrieg abschloss, war ein Triumph der französischen Diplomatie. Nachdem zuerst Holland, wo die Aristokratenpartei wieder zu Ansehen kam, sich durch einen vorteilhaften Handelsvertrag hatte gewinnen lassen, folgten Spanien und der Kaiser; da musste auch Friedrich Wilhelm sich fügen. Von Groll gegen den Kaiser erfüllt, schloss er sich neuerdings eng an Frankreich. Ludwig XIV. konnte sorglos zu neuen Eroberungen schreiten.

      Wenn er etwas rauben wollte, pflegte Ludwig vorher zu proklamieren, dass er nichts als den Frieden wünsche und nie etwas nähme, als was ihm gehöre. Was ihm gehöre, bestimmten die sogenannten Reunionskammern, deren Aufgabe es war, festzustellen, welche Gebiete von den Besitztümern Metz, Toul und Verdun jemals abhängig gewesen wären. Als die Kammern einmal, vom Eifer fortgerissen, auf diese Weise die Bistümer Straßburg, Speyer, Worms, Trier und Mainz einforderten, soll selbst Louvois, der französische Kriegsminister, gelacht haben.

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      Der spätere Kardinal Richelieu wurde am 9. September 1585 in Paris als Armand du Plessis de Richelieu geboren. Ursprünglich war er für eine militärische Laufbahn vorgesehen, aber als sein Bruder Alphonse-Louis (1582 – 1653) auf das Amt des Bischofs von Luçon verzichtete, kam Richelieu im Jahr 1607 als „Ersatzkandidat“ zum Zuge. 1614 überzeugte er bei den Generalständen mit seinen rhetorischen Fähigkeiten. 1616 wurde Richelieu von der Regentin Maria von Medici (1575 – 1642) zum Außenminister.

       Richelieu hatte diesen Weg vorgezeichnet, indem er im Jahr 1624 eine Kammer gründete, die den französischen Anspruch auf Lothringen zu begründen hatte, später galt er der Eroberung des Elsass. Nach einer längeren Pause nahm die an das Parlament von Metz angeschlossene Reunionskammer im Jahr 1679 ihre Tätigkeit wieder auf, wobei angenommen wurde, dass die drei Bischöfe von Metz, Toul und Verdun als Kläger auftraten und die von ihnen abhängenden Vasallen zur Huldigung aufforderten, widrigenfalls ihre Gebiete ihnen aberkannt würden. Proteste wurden nicht beachtet. Als räumliche Grenze wurde der Rhein betrachtet, eine zeitliche Grenze gab es nicht, man ging bis auf Karl den Großen zurück. Er befürchte, sagte der österreichische Staatsmann von Hornigk, das um sich fressende Dependentienfeuer werde auch die rechtsrheinischen Lande ergreifen, und schließlich werde der König von Frankreich ganz Deutschland als abhängig vom Bistum Metz und als sein Eigentum erklären.

      Es wird erzählt, Karl V. habe einmal gesagt, wenn Straßburg und Wien gleichzeitig von Feinden bedroht werden sollten, würde er zuerst Straßburg entsetzen. Als der Fall eintrat, stand ein schwächerer Fürst an der Spitze des Reiches, aber schwächer nicht nur durch seinen Charakter, sondern auch durch nicht von ihm verschuldete Umstände. Das Elsass hatte er verloren, die Aussicht, es wiederzugewinnen, war gering, das Schwergewicht Österreichs hatte sich nach dem Osten verlagert. Nachdem der unglückliche Friede von Nymwegen geschlossen war, in dem Leopold sogar die Stadt Freiburg im Breisgau, ein Kleinod seiner Krone, geopfert hatte, stand er wieder allein, mit dem militärisch wichtigen Kurfürsten von Brandenburg war er sogar verfeindet. Im Osten bereitete sich die Türkei zu einem großen Schlag vor.

      Ludwig XIV. hätte die heißbegehrte Reichsstadt Straßburg am liebsten durch Schmeichelei und Bestechung gewonnen. Wohl gab es in Straßburg seit mehr als 100 Jahren eine französische Partei, aber ausschlaggebend war sie nicht. Die Einwohner waren deutsch und wollten deutsch, wollten vor allem Reichsstädter bleiben, was sie auch im letzten Krieg durch die Tat bewiesen hatten. Die Reichsfreiheit war das Fundament ihres Wohlstandes und Ansehens; wie hätten sie darauf verzichten sollen! Sodann waren sie durchaus protestantisch. Die Stadt, die unter Führung des Stättmeisters Sturm und des Pfarrers Martin Butzer eine Säule der Reformation gewesen war, misstraute dem katholischen Frankreich.

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      Martin Butzer

       Als im Herbst des Jahres 1681 französische Truppen sich um Straßburg zusammenzogen und ihre Absicht nicht mehr zu verkennen war, verbreitete sich Schrecken. Eine Aussicht auf Entsatz zeigte sich von keiner Seite. Ludwig hatte mit der Möglichkeit gerechnet, dass die evangelischen Orte der Eidgenossenschaft sich um der alten Bundesgenossin willen rühren würden; aber auch sie blieben still. Das Reich war wie gelähmt. Wohl brachte der Kaiser auf dem Reichstag eben damals eine neue Reichskriegsverfassung zustande; aber sie kam der bedrängten Reichsstadt nicht zugute. Der Magistrat war in großer Sorge, wie sich der notwendige Übergang an Frankreich vollziehen sollte, ohne dass es zu einem Aufruhr im Volk käme. Denn notwendig schien es, sich zu fügen, heroischer Untergang kam nicht in Betracht. Nicht einmal zu einem Tumult kam es; nach der Überlieferung verlangte ein einziges Männlein von 70 Jahren, ein Schneider, dass bis zum Tode für die Freiheit gekämpft werde. Er fand jedenfalls keinen Widerhall in der Bevölkerung: man ließ, wenn auch ungern, das Unvermeidliche geschehen. Dass tapferer Widerstand, wie Bremen ihn gegen Schweden gewagt hatte, wirksame Hilfe herbeigezogen hätte, ist nicht anzunehmen.

      Am 30. September zog Louvois an der Spitze seiner Truppen in die gefallene Stadt ein. Nach den Bedingungen der Kapitulation blieb ihr die innere Verfassung erhalten; aber der Dom wurde dem katholischen Kultus zurückgegeben.

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      Straßburger Dom (Münster) – Foto: Jonathan Martz

      Einige Tage später traf der berühmte Vauban ein, um die Grenzstadt zu einer uneinnehmbaren Festung zu machen. Im Oktober erfolgte der triumphale Einzug des Königs mit der ganzen königlichen Familie. An der Pforte des Münsters empfing den unblutigen Eroberer der Bischof von Straßburg, Egon von Fürstenberg, unter Ludwigs Kreaturen eine der verächtlichsten.

      Am selben Tag besetzten französische Truppen in Italien die Mantua gehörende Festung Casale.

       Man kann wohl das Schuldverhältnis bei diesem traurigen Ereignis nicht richtiger beurteilen, als es Leibniz in einem lateinischen Gedicht getan hat: Deutschland an Straßburg: Schandfleck welchen der Rhein mit all seinen Wogen nicht abwäscht, dass du schweigend verdirbst, dass du das Reich mit verdirbst! Straßburg an Deutschland: Schandfleck welchen der Rhein mit all seinen Wogen nicht abwäscht, dass daliegen im Schlaf allzumal Kaiser und Reich.

      Nachdem der Schlag gefallen war, fehlte es nicht an Bemühungen im Reich, Kräfte zum Widerstand gegen die Vergewaltigung zu sammeln; sie scheiterten hauptsächlich an der Weigerung des Kurfürsten von Brandenburg, der am Tag nach dem Fall Straßburgs dem französischen Gesandten einen mit Diamanten besetzten Degen schenkte und das Bündnis mit Frankreich erneuerte. Vergebens bestürmte der kaiserliche Gesandte, der von dem bereits abgeschlossenen Geheimbund nichts ahnte, das Gewissen Friedrich Wilhelms; dieser befürwortete eifrig den Verzicht auf die von Frankreich geraubten deutschen Gebiete. Von Brandenburg verlassen, von türkischer Übermacht bedroht, entschloss sich Leopold zu einem 20jährigen Waffenstillstand mit Frankreich, СКАЧАТЬ