Das Wesen des Christentums. Feuerbach Ludwig
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Название: Das Wesen des Christentums

Автор: Feuerbach Ludwig

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754945940

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СКАЧАТЬ Genuß, oder das religiöse Gefühl, oder die ästhetische Anschauung, oder die moralische Gesinnung für das Absolute, das Wahre gilt: so kann nur da die Unerkennbarkeit oder Unbestimmbarkeit Gottes als ein Dogma ausgesprochen und festgesetzt werden, wo dieser Gegenstand kein Interesse mehr für die Erkenntnis hat, wo die Wirklichkeit allein den Menschen in Anspruch nimmt, das Wirkliche allein für ihn die Bedeutung des wesentlichen, des absoluten, göttlichen Gegenstandes hat, aber doch zugleich noch im Widerspruch mit dieser rein weltlichen Richtung ein alter Rest von Religiosität vorhanden ist. Der Mensch entschuldigt mit der Unerkennbarkeit Gottes vor seinem noch übriggebliebenen religiösen Gewissen seine Gottvergessenheit, sein Verlorensein in die Welt; er verneint Gott praktisch, durch die Tat – all sein Sinnen und Denken hat die Welt inne –, aber er verneint ihn nicht theoretisch; er greift seine Existenz nicht an; er läßt ihn bestehen. Allein diese Existenz tangiert und inkommodiert ihn nicht; sie ist eine nur negative Existenz, eine Existenz ohne Existenz, eine sich selbst widersprechende Existenz – ein Sein, das seinen Wirkungen nach nicht unterscheidbar vom Nichtsein ist. Die Verneinung bestimmter, positiver Prädikate des göttlichen Wesens ist nichts andres als eine Verneinung der Religion, welche aber noch einen Schein von Religion für sich hat, so daß sie nicht als Verneinung erkannt wird – nichts andres als ein subtiler, verschlagener Atheismus. Die angeblich religiöse Scheu, Gott durch bestimmte Prädikate zu verendlichen, ist nur der irreligiöse Wunsch, von Gott nichts mehr wissen zu wollen, Gott sich aus dem Sinne zu schlagen. Wer sich scheut, endlich zu sein, scheut sich zu existieren. Alle reale Existenz, d.h. alle Existenz, die wirklich Existenz ist, die ist qualitative, bestimmte Existenz. Wer ernstlich, wirklich, wahrhaft an die Existenz Gottes glaubt, der stößt sich nicht an den selbst derb sinnlichen Eigenschaften Gottes. Wer nicht durch seine Existenz beleidigen, wer nicht derb sein will, der verzichte auf die Existenz. Ein Gott, der sich durch die Bestimmtheit beleidigt fühlt, hat nicht den Mut und nicht die Kraft zu existieren. Die Qualität ist das Feuer, der Sauerstoff, das Salz der Existenz. Eine Existenz überhaupt, eine Existenz ohne Qualität ist eine geschmacklose, eine abge-schmackte Existenz. In Gott ist aber nicht mehr, als in der Religion ist. Nur da, wo der Mensch den Geschmack an der Religion verliert, die Religion selbst also geschmacklos wird, nur da wird daher auch die Existenz Gottes zu einer abgeschmackten Existenz.

      Es gibt übrigens noch eine gelindere Weise der Verneinung der göttlichen Prädikate als die direkte, eben bezeichnete. Man gibt zu, daß die Prädikate des göttlichen Wesens endliche, insbesondre menschliche Bestimmungen sind; aber man verwirft ihre Verwerfung; man nimmt sie sogar in Schutz, weil es dem Menschen notwendig sei, sich bestimmte Vorstellungen von Gott zu machen, und weil er nun einmal Mensch sei, so könne er sich auch keine andern als eben menschliche Vorstellungen von ihm machen. In Beziehung auf Gott, sagt man, sind diese Bestimmungen freilich ohne Bedeutung, aber für mich kann er, weil und wenn er für mich sein soll, nicht anders erscheinen als so, wie er mir erscheint, nämlich als ein menschliches oder doch menschenähnliches Wesen. Allein diese Unterscheidung zwischen dem, was Gott an sich, und dem, was er für mich ist, zerstört den Frieden der Religion, und ist überdem an sich selbst eine grund- und haltlose Distinktion. Ich kann gar nicht wissen, ob Gott etwas andres an sich oder für sich ist, als er für mich ist; wie er für mich ist, so ist er alles für mich. Für mich liegt eben in diesen Bestimmungen, unter welchen er für mich ist, sein Ansichselbstsein, sein Wesen selbst; er ist für mich so, wie er für mich nur immer sein kann. Der religiöse Mensch ist in dem, was Gott in bezug auf ihn ist – von einer andern Beziehung weiß er nichts – vollkommen befriedigt, denn Gott ist ihm, was er dem Menschen überhaupt sein kann. In jener Unterscheidung setzt sich der Mensch über sich selbst, d.h. über sein Wesen, sein absolutes Maß hinweg, aber diese Hinwegsetzung ist nur eine Illusion. Den Unterschied nämlich zwischen dem Gegenstande, wie er an sich, und dem Gegenstand, wie er für mich ist, kann ich nur da machen, wo ein Gegenstand mir wirklich anders erscheinen kann, als er erscheint; aber nicht, wo er mir so erscheint, wie er mir nach meinem absoluten Maße erscheint, wie er mir erscheinen muß. Wohl kann meine Vorstellung eine subjektive sein, d.h. eine solche, an welche die Gattung nicht gebunden ist. Aber wenn meine Vorstellung dem Maße der Gattung entspricht, so fällt die Unterscheidung zwischen Ansichsein und Fürmichsein weg; denn diese Vorstellung ist selbst eine absolute. Das Maß der Gattung ist das absolute Maß, Gesetz und Kriterium des Menschen. Aber die Religion hat eben die Überzeugung, daß ihre Vorstellungen, ihre Bestimmungen von Gott solche sind, die jeder Mensch haben soll und haben muß, wenn er die wahren haben will, daß sie die notwendigen Vorstellungen der menschlichen Natur, ja, die objektiven, die gottgemäßen Vorstellungen sind. Jeder Religion sind die Götter der andern Religionen nur Vorstellungen von Gott, aber die Vorstellung, die sie von Gott hat, ist ihr Gott selbst, Gott, wie sie ihn vorstellt, der echte, wahre Gott, Gott, wie er an sich ist. Die Religion begnügt sich nur mit einem ganzen, rückhaltslosen Gott; sie will nicht eine bloße Erscheinung von Gott; sie will Gott selbst, Gott in Person. Die Religion gibt sich selbst auf, wenn sie das Wesen Gottes aufgibt; sie ist keine Wahrheit mehr, wo sie auf den Besitz des wahren Gottes verzichtet. Der Skeptizismus ist der Erzfeind der Religion. Aber die Unterscheidung zwischen Gegenstand und Vorstellung, zwischen Gott an sich und Gott für mich ist eine skeptische, also irreligiöse Unterscheidung.

      Was dem Menschen die Bedeutung des Ansichseienden hat, was ihm das höchste Wesen ist, das, worüber er nichts Höheres sich vorstellen kann, dieses ist ihm eben das göttliche Wesen. Wie könnte er also bei diesem Gegenstande noch fragen, was er an sich sei? Wenn Gott dem Vogel Gegenstand wäre, so wäre er ihm nur als ein geflügeltes Wesen Gegenstand: der Vogel kennt nichts Höheres, nichts Seligeres, als das Geflügeltsein. Wie lächerlich wäre es, wenn dieser Vogel urteilte: mir erscheint Gott als ein Vogel, aber was er an sich ist, weiß ich nicht. Das höchste Wesen ist dem Vogel eben das Wesen des Vogels. Nimmst du ihm die Vorstellung vom Wesen des Vogels, so nimmst du ihm die Vorstellung des höchsten Wesens. Wie könnte er also fragen, ob Gott an sich geflügelt sei? Fragen, ob Gott an sich so ist, wie er für mich ist, heißt fragen, ob Gott Gott ist, heißt über seinen Gott sich erheben, gegen ihn sich empören.

      Wo sich daher einmal das Bewußtsein des Menschen bemächtigt, daß die religiösen Prädikate nur Anthropomorphismen, d.h. menschliche Vorstellungen sind, da hat sich schon der Zweifel, der Unglaube des Glaubens bemächtigt. Und es ist nur die Inkonsequenz der Herzensfeigheit und der Verstandesschwäche, die von diesem Bewußtsein aus nicht bis zur förmlichen Verneinung der Prädikate und von dieser bis zur Verneinung des zugrunde liegenden Wesens fortgeht. Bezweifelst du die gegenständliche Wahrheit der Prädikate, so mußt du auch die gegenständliche Wahrheit des Subjekts dieser Prädikate in Zweifel ziehen. Sind deine Prädikate Anthropomorphismen, so ist auch das Subjekt derselben ein Anthropomorphismus. Sind Liebe, Güte, Persönlichkeit menschliche Bestimmungen, so ist auch das Grundwesen derselben, welches du ihnen voraussetzest, auch die Existenz Gottes, auch der Glaube, daß überhaupt ein Gott ist, ein Anthropomorphismus – eine durchaus menschliche Voraussetzung. Woher weißt du, daß der Glaube an Gott überhaupt nicht eine Schranke der menschlichen Vorstellungsweise ist? Höhere Wesen – und du nimmst ja deren an – sind vielleicht so selig in sich selbst, so einig mit sich, daß sie sich nicht mehr in der Spannung zwischen sich und einem höhern Wesen befinden. Gott zu wissen und nicht selbst Gott zu sein, Seligkeit zu kennen und nicht selbst zu genießen, das ist ein Zwiespalt, ein Unglück. Höhere Wesen wissen nichts von diesem Unglück; sie haben keine Vorstellung von dem, was sie nicht sind.

      Du glaubst an die Liebe als eine göttliche Eigenschaft, weil du selbst liebst, du glaubst, daß Gott ein weises, ein gütiges Wesen ist, weil du nichts Besseres von dir kennst als Güte und Verstand, und du glaubst, daß Gott existiert, daß er also Subjekt oder Wesen ist – was existiert, ist Wesen, werde es nun als Substanz oder Person oder sonstwie bestimmt und bezeichnet – weil du selbst existierst, selbst Wesen bist. Du kennst kein höheres menschliches Gut, als zu lieben, als gut und weise zu sein, und ebenso kennst du kein höheres Glück, als überhaupt zu existieren, Wesen zu sein; denn das Bewußtsein СКАЧАТЬ