Название: Mann meiner Träume
Автор: Nicole Knoblauch
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738099775
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„Das stimmt nicht!“
„Nicht? Er schreit, macht dir Vorwürfe, bringt dich zum Weinen und ein Kuss von ihm lässt dich alles vergessen? Ich sehe da schon Parallelen.“
„Nein. Napoleone stellt keine Bedingungen. Er verlangt nichts von mir. Er lässt mich gehen, das hätte Stefan nie zugelassen. Bei Napoleone darf ich einfach ich sein.“
„Er verlangt nichts von dir?“ Anna konnte nicht glauben, dass Marie das wirklich dachte. „Du denkst nicht, dass da einiges verkehrt läuft?“
„Doch. Er verändert sich, verliert seine Ideale. Er ist jetzt härter.“
Mit geschlossenen Augen massierte sich Anna die Schläfen. „Wir reden immer noch über Träume, oder?“
„Sicher. Auch wenn es sich immer noch nicht so anfühlt.“
„Dann würde ich sagen, dass er zu dem Mann wird, den die Geschichte uns beschreibt: kalt, skrupellos und selbstverliebt. Daran wirst du nichts ändern können.“
Energisch schlug sich Marie mit der Faust aufs Knie. „Ich werde es aber versuchen. Meine Liebe muss doch etwas ändern!“
„Das hat schon bei Stefan nicht funktioniert.“
„Das hier ist anders. Ich bin anders! Diesmal werde ich es schaffen.“
Anna blickte zu Marie, die mit Tränen in den Augen vor ihr saß. „Du würdest wirklich bei ihm bleiben, wenn du könntest, oder?“
Marie nickte. „Das macht mich fertig, Anna. Ich werde nie bleiben können, nie da sein, wenn er abends nach Hause kommt, nie mit ihm die kleinen Dinge des Alltags erleben.“ Ihre Stimme versagte und sie verbarg ihr Gesicht in den Händen.
„Ich weiß nicht, Marie. Wir reden über Napoléon I.. Vielleicht ist es besser, wenn du den Alltag mit ihm nie erlebst?“
„Soll das etwa gut sein?“
„Hast du mal überlegt, warum du diese Träume hast?“
„Woher soll ich das denn wissen?“ Ihre Worte klangen bitterer als beabsichtigt.
„Vielleicht soll dir das Ganze wieder Vertrauen in eine Beziehung geben?“
„Das ist aber ein merkwürdiger Weg, das zu erreichen. Ich soll lernen, eine Beziehung zu führen, indem ich keine führen darf?“
„Wenn du es so formulierst, hört es sich nicht überzeugend an“, sagte Anna seufzend. „Hast du inzwischen eine Ahnung, wer dieser Tristan Berière ist?“
„Keinen blassen Schimmer. Ich habe all meine Bücher durchgesehen und ein wenig im Netz recherchiert. Der Name kommt nirgends vor.“
„Aber er scheint ein Freund deines Napoleone zu sein?“
„Es sah so aus. Sie scheinen sich nahe zu stehen.“
„Ich bin gespannt, ob er noch eine wichtige Rolle spielt. Vorausgesetzt, deine Träume gehen weiter.“
12. November (August 1794)
Sie gingen weiter. Am nächsten Abend wartete Marie schon aufgeregt darauf, dass Anna nach Hause kam.
„Du wolltest mehr über Tristan Berière erfahren!“, begrüßte sie ihre Cousine. „Setz dich und lies das!“
„Marie, jetzt lass mich erst einmal ankommen.“ Anna hängte ihre Jacke auf und betrat das Wohnzimmer. „Was ist los?“
„Lies!“
Festungshaft
Die Luft roch nach Fisch und Meer. Kein Strand diesmal, sondern eine Stadt. In einiger Entfernung hörte ich Stimmen, die auf viele Menschen schließen ließen. Ein kurzer Blick an mir hinab bestätigte, dass es sich wieder um einen meiner Träume handelte. Ich trug Kleidung des ausgehenden 18. Jahrhunderts und befand mich in einer schmalen und nichtssagenden Gasse. Die hätte überall sein können. Kurz entschlossen setzte, ich mich in Bewegung und trat auf eine breite Uferstraße hinaus.
In einigen Metern Entfernung sah ich das Meer glitzern und dachte sofort an Nizza. Da müsste Napoleone stationiert sein. Suchend blickte ich mich um und blieb an einer großen Festungsanlage hängen. Das war nicht Nizza. Diese in verschiedene Richtungen spitz zulaufenden hohen Mauern kannte ich von Fotos: Fort Carré in Antibes. Aus der Luft betrachtet, bildeten die Mauern einen vierzackigen Stern. Wenn mir doch nur einfallen würde ...
„Bürgerin Seurant, mal wieder auf der Suche nach Eurem 'Bruder'?“ Hörte ich da ein Hauch Ironie? Lächelnd stand Tristan Berière vor mir.
„Ja, das scheint mein Los zu sein, wenn ich Euch begegne, nicht wahr?“ Zu meiner Überraschung freute ich mich, ihn zu sehen - das ersparte mir eine Menge Sucherei.
„Zu Euren Diensten.“ Er deutete eine leichte Verbeugung an. „Ich fürchte nur, es wird nicht ganz einfach sein, Euch zu ihm zu bringen.“
Das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht.
„Buonaparte steht unter Arrest.“
„Unter Arrest?“ Dann lag ich richtig mit Antibes und das Datum wusste ich auch. Napoleone war vom 10. - 20. August inhaftiert. Völlig zu Unrecht.
„Ja. Nach dem Sturz Robespierres wurde jeder, der mit ihm in Verbindung stand, festgesetzt.“
„Er kannte Robespierre doch gar nicht! Soweit ich weiß, hatte er zu seinem jüngeren Bruder Kontakt – und das nur flüchtig.“
„Ja, aber“, Berière brach ab und musterte mich eindringlich.
„Aber?“, fragte ich unschuldig.
Er schüttelte den Kopf. „Es sind schlimme Zeiten. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Aber das wisst Ihr ja. Möchtet Ihr ihn besuchen? Ich werde sehen, was ich machen kann.“
„Geht das?“, fragte ich überrascht.
„Ja. Wenn man die richtigen Leute kennt.“ Er grinste breit. „Ich könnte Euch eine Stunde verschaffen.“
„Danke.“ Es wurde wirklich Zeit, dass ich herausfand, was dieser Mann in meinen Träumen machte.
„Wartet hier“, sagte er und verschwand. Es dauerte wenige Sekunden, bis er wieder auftauchte.
An seinem Gesicht erkannte ich sofort, dass er Erfolg gehabt hatte. „Gute Nachrichten. Ich konnte zwei СКАЧАТЬ