Der Weg des Bösen. Hannes Wildecker
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Название: Der Weg des Bösen

Автор: Hannes Wildecker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Tatort-Hunsrück-Krimi

isbn: 9783748594499

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СКАЧАТЬ und ohnmächtig fiel sie zu Boden.

      Der Anführer der Gruppe hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt und seine Pistole im Hosenbund untergebracht.

      „Zeigt es der Schlampe!“ rief er, noch auf dem Boden kniend und sich die Magengegend haltend.

      Die Meute stürzte sich, einer nach dem anderen auf Conny, deren Ohnmacht ihr die beiden ersten Schänder ihres Körpers aus dem Bewusstsein fernhielt.

      Als sie kurz darauf dem stinkenden Atem einer der Gewalttäter mit dem Kopf auswich und an ihm vorbeisah, fiel ihr Blick auf die Balustrade der oberen Etage. Dort stand Maggie, ihre Tochter, in ihrem Nachthemd, die langen blonden Haare fielen ihr über die Schultern. Die Arme hingen kraftlos am Körper entlang. Ihr Körper schüttelte sich wie in einem Kälteschock. Ihr Mund war aufgerissen, doch kein Ton verließ ihre Lippen, zu tief saß der Schock in Bezug auf das, was die 12-Jährige miterleben musste.

      Connys Blicke hatten die ihrer Tochter erreicht und versuchten, alle telepathischen Kräfte zu bündeln, ihr die Nachricht zu übermitteln, dass sie weglaufen, sich verstecken solle. Conny schüttelte leicht mit dem Kopf und sah Maggie mit weit aufgerissenen Augen durchdringend an.

      Lauf weg, mein Kind. Verstecke dich! schrie sie ihr in Gedanken zu. Dir geschieht dasselbe wie mir, wenn man dich sieht! Lauf, mein Kind!

      Doch Maggie stand wie versteinert. Sie war nicht imstande, den Blick abzuwenden von dem, was man dort unten ihrer Mutter antat. Sie sah ihre großen Augen, die auf sie gerichtet waren, sah die Angst in den Augen ihrer Mutter. Sie sah die Tätowierung an der rechten Schulter des Mannes, der ihre Mutter bedrängte. Einen Adler im Flug, so groß wie ein Handteller, auf dem rechten Schulterblatt dieses Verbrechers.

      Sie starrte auf den Adler, der nun immer mehr ein Teil von ihr zu werden schien. Ein Teil ihres Geistes. Der Adler auf der Schulter des Mannes hatte ein neues Zuhause bekommen. Ein Nest in ihrem Kopf. Er würde ihr für die nächsten Jahre zum Freund werden und gleichzeitig zum Feind.

      Die Augen Connys hingen weiterhin an Maggie und es schien, als bündele sie alle telepathischen Kräfte auf ein Ziel, den stummen Schrei: Lauf! Flieh!

      Und dann geschah es. Maggie rückte langsam von dem Geländer der Balustrade weg, ging weiter rückwärts durch die offene Tür zu ihrem Zimmer und schloss diese leise hinter sich. Dann schien plötzlich die Starre von ihr abzufallen. Sie schaute sich hektisch im Zimmer um, suchend nach einem Versteck. Es gab keines. Sie wusste: Wenn die Männer hierher kamen, würde man sie finden.

      Maggie öffnete das Fenster und sprang hinaus. Sie sprang in die Dunkelheit.

      Die Rückseite des Hauses war an einer leichten Böschung gelegen und Maggie kam auf Händen und Füßen auf, als sie den Boden berührte. Dann spürte sie die Schmerzen auf den Knien, auf den Handflächen. Sie kümmerte sich nicht darum. Ich muss fort von hier. Ich muss Hilfe holen. Schnell blickte sie noch einmal zurück zum Fenster ihres Zimmers. Niemand stand dort, niemand hatte sie gesehen.

      Dann lief sie, barfuß und in wehendem Nachtkleid über die Wiese, den frisch bestellten Acker, auf das am nächsten gelegene Haus zu, das ihr meilenweit entfernt vorkam. Als sie es erreichte, schlug ein Hund an. Maggie sah die Haustür und lief. Der Hund bellte jetzt pausenlos. Als Maggie die Tür erreichte, verließen sie die Sinne und ihr zierlicher Körper fiel auf die Eingangsstufen. Das Bellen des Hundes schien nicht zu enden. Es rettete Maggie das Leben.

      Kapitel 3

       Gegenwart

      Wie in Trance blickte Maggie aus dem Fenster des ICE. Die Gegend flog nur so an ihr vorbei und die auftauchenden Bäume und Masten entlang der Bahnstrecke ließen ihr Spiegelbild in schnellem Wechsel auftauchen und verschwinden. Kurz konzentrierte sie sich auf ihr Gesicht im teilweise beschlagenen Fenster und fuhr sich mit der Hand durch die schulterlangen mittelblonden Haare. Sie schüttelte kurz den Kopf und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht, um danach etwas näher an die Glasscheibe zu rücken. So gut es ging betrachtete sie ihr Spiegelbild, das schmale Gesicht mit den hohen Backenknochen, das ihr etwas Exotisches verlieh. Sie versuchte, in ihre Augen zu sehen, doch die Konturen ihres Kopfes verschwammen in der Dunkelheit vor ihren Augen.

      Maggie sah auf die Anzeigetafel über der Verbindungstür des Waggons. 175 km/h war dort zu lesen. Sie schaute auf die Uhr. In wenigen Minuten würde sie am Ziel sein. Dort wo sie hinwollte, hielt dieser Zug nicht. Sie musste auf andere Weise dorthin gelangen. Wie, das war ihr gleich. Mit einem Bus, einem Taxi, per Anhalter. Es gab nicht mehr viel auf dieser Erde, was sie interessierte. Alles hatte sich auf eines konzentriert: Auf ihre Rache. Sie werden bezahlen für das, was sie meinen Eltern und mir angetan haben. Alle vier. Und wenn es vollbracht war, dann wollte auch sie nicht mehr leben.

      „Sie fahren auch nach Trier?“

      Maggie erschrak und erst jetzt nahm sie die Anwesenheit des Mannes ihr gegenüber bewusst wahr. Ein junger, adrett gekleideter Mann, Maggie schätzte ihn auf höchstens Zwanzig, sah sie freundlich abwartend an.

      Sie überlegte kurz, ob sie den Mann und seine Frage ignorieren sollte. Sie entschloss sich dagegen und gab eine knappe Antwort.

      „Ja, nach Trier. Von dort aus weiter.“

      „Zu einer der Ortschaften, die man heutzutage nicht mehr mit der Bahn erreichen kann“, stellte der Mann fest und nickte verstehend. „Mir geht es ebenso. Ich muss nach Hermeskeil. Kann nur hoffen, dass um diese Zeit noch ein Bus fährt.“

      „Wahrscheinlich nicht.“

      „Was meinen Sie? Kein Bus?“

      Maggie schüttelte den Kopf und sah durch das beschlagene Fenster auf die tief hängenden Wolken, dorthin, wo sie ihre Lieben vermutete.

      Wir werden uns wiedersehen, sprach sie lautlos vor sich hin. Wenn alles vorüber ist, werden wir uns wiedersehen. Sie hatte sich in den vergangenen Wochen einen Plan zurechtgelegt. Nichts durfte schiefgehen. Sie würde sich Zeit lassen. Eine Woche? Einen Monat? Ein Jahr? Zeit spielte für sie keine Rolle mehr. Ihr Leben war bereits zu Ende gelebt. Was bedeutete da schon Zeit?

      „Wir sind da“, hörte sie den Mann gegenüber sagen. Seine Anwesenheit hatte sie bereits wieder ignoriert.

      Maggie nickte und im gleichen Moment ging ein leichter Ruck durch den Zug. Sie hatte nicht wahrgenommen, dass sich draußen die weite Landschaft zunehmend in ein Häusermeer verwandelte und der Zug schließlich in den Bahnhof einlief.

      Die Fahrgäste erhoben sich und eilten an ihr vorbei, den Ausgängen entgegen. Türen schlugen, Pfiffe ertönten. Eine weibliche Stimme verkündete monoton-freundlich, dass man sich nun in Trier, der ältesten Stadt Deutschlands befände.

      Maggie war an ihrem Ziel angekommen, an ihrem vorläufigen Ziel. Langsam erhob auch sie sich und der Mann ihr gegenüber fragte: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Ihren Koffer?“

      Sie schüttelte wortlos den Kopf und verließ das Abteil und den Zug, ohne den Mann weiter zu beachten, die Handtasche mit ihrem gefährlichen Inhalt fest an ihre Brust pressend. Vor dem Bahnhof rief sie nach einem Taxi. „Nach Hermeskeil. Zu einer Gaststätte, die noch geöffnet hat. Wo man übernachten kann.“

      Der Mann aus dem Zug war aus ihrem Gesichtsfeld verschwunden.

      Das Taxi hielt direkt vor dem Eingang der Kneipe. Im Inneren brannte noch Licht. Es begann zu nieseln. Der Regen fühlte СКАЧАТЬ