Название: Internal Investigations
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811442757
isbn:
41
Ob kumulativ oder als Alternative zu einem Beschlagnahmeverbot analog § 97 Abs. 1 S. 3 InsO ein Verwertungsverbot für solche Erkenntnisse besteht, die die internen Ermittler lediglich auf Grund einer für den Arbeitnehmer bestehenden faktischen Zwangslage oder einer zivilrechtlichen Auskunftspflicht erlangt haben, ist ebenso umstritten, wie das Bestehen dieser Auskunftspflicht selbst.[98] Regelmäßig wird jedoch entweder das eine oder das andere angenommen, um den betroffenen Arbeitnehmer nicht vollkommen schutzlos zu stellen.[99] Sowohl ein Verwertungsverbot als auch ein Schweigerecht gegenüber dem Arbeitgeber wären geeignete Rechtsinstitute, um die Waffengleichheit zwischen staatlichen Ermittlungsbehörden und Beschuldigten zu erhalten. Das Schweigerecht des Arbeitnehmers würde jedoch nicht nur staatliche Ermittlungen, sondern auch die unternehmensinterne Aufklärung der jeweiligen Vorfälle hindern.[100] Das Auskunftsinteresse des Arbeitgebers dürfte damit nach den von der Rechtsprechung des BGH aufgestellten Grundsätzen den Vorrang beanspruchen[101] und ein Verwertungsverbot insbesondere im Hinblick auf die Nähe der entsprechenden Sachverhalte zum Gemeinschuldnerbeschluss vorzugswürdig sein.[102] Auch die Hörfallenentscheidung des BGH[103] legt ein Verwertungsverbot nahe.[104] Es ließe sich über den Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren begründen, der sich aus dem Rechtsstaatsprinzip, den allgemeinen Freiheitsrechten sowie der Pflicht des Staates zur Achtung der Menschenwürde ergibt und in Art. 6 Abs. 1 EMRK seinen einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat.[105] Die Argumente für ein Verwertungsverbot gewinnen zudem an Gewicht, wenn man bedenkt, dass die mögliche Auskunftspflicht nicht der einzige Unterschied zwischen einer internen Ermittlung und einem staatlichen Ermittlungsverfahren ist.[106] Einem Unternehmen stehen gegenüber seinen Mitarbeitern diverse Möglichkeiten zur Verfügung, um einen faktischen Zwang zur Kooperation zu begründen.[107] Wollte man ein Beweisverwertungsverbot verneinen, müssten ggf. also noch weitere Verfahrensprinzipien auf das interne Ermittlungsverfahren erstreckt werden. Vorrangig ist an eine entsprechende Anwendung des § 136a Abs. 3 StPO zu denken, wenn beispielsweise bewusst über Mitwirkungspflichten getäuscht wird oder sonst unzulässige Vernehmungsmethoden eingesetzt werden.[108] Eine solche Angleichung der internen Ermittlungen an das staatliche Ermittlungsverfahren dürfte jedoch verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Strafverfolgungsmonopol der Staatsanwaltschaft begründen.[109] Schlussendlich erfolgen interne Ermittlungen aber auch häufig vollkommen unabhängig von einem konkreten Verdacht gegen einen Mitarbeiter, so dass die Standards der StPO keinen geeigneten Maßstab bieten.[110]
c) Gewahrsam des Zeugnisverweigerungsberechtigten gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 StPO
42
Über die bisher genannten Voraussetzungen hinaus muss sich der jeweilige Gegenstand nach dem Wortlaut des § 97 Abs. 2 S. 1 StPO auch im Gewahrsam des Zeugnisverweigerungsberechtigten befinden, damit das Beschlagnahmeverbot eingreift. Die ganz herrschende Meinung sieht in § 148 StPO jedoch eine Ergänzung des § 97 Abs. 2 S. 1 StPO für die Kommunikation mit dem Verteidiger, so dass es ausreichen soll, wenn sich der Gegenstand in einem solchen Verhältnis entweder im Gewahrsam des Zeugnisverweigerungsberechtigten befindet oder es sich um Verteidigerpost oder andere schriftliche Verteidigungsunterlagen handelt.[111] Gewahrsam meint dabei die von einem natürlichen Willen getragene Herrschaft über ein Beweismittel unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung. Mitgewahrsam soll nach überwiegender Auffassung genügen, sofern der Mitgewahrsamsinhaber nicht der Beschuldigte selbst ist.[112] Der Gewahrsam an dem Beweismittel erstreckt sich daher auch auf Beweismittel, die z.B. in Schließfächern verwahrt werden und nur gemeinsam mit dem Vermieter entnommen werden können.[113] Sachen auf dem Postweg befinden sich demgegenüber nicht im Gewahrsam des Berufsträgers.[114] Wie bereits ausgeführt, können sie jedoch trotzdem dem Schutzbereich des § 97 StPO unterfallen, wenn es sich um schriftliche Verteidigungsunterlagen handelt. Eine Beschlagnahme von schriftlichen Verteidigungsunterlagen soll dem Gedanken des § 148 StPO entsprechend stets ausgeschlossen sein. Dabei ist es irrelevant, ob sich der Beschuldigten noch auf freiem Fuß befindet oder bereits inhaftiert wurde,[115] ob die Unterlagen bereits abgesandt worden sind oder sich noch im Gewahrsam des Beschuldigten befinden[116] und ob es sich um Papiere oder lesbare Computerdaten handelt.[117] Auch Aufzeichnungen über interne Ermittlungen können Verteidigungsunterlagen darstellen.[118]
Zur Begründung dieser Auffassung heißt es, § 148 StPO garantiere einen freien und ungehinderten mündlichen und schriftlichen Verkehr des Beschuldigten mit seinem Verteidiger und verbiete die Beschlagnahme von Verteidigungsunterlagen daher auch dann, wenn diese sich im Besitz des Beschuldigten befänden.[119] Zwar beziehe sich die Vorschrift des § 148 Abs. 1 StPO seinem Wortlaut nach nur auf den Verkehr des Verteidigers mit einem inhaftierten Beschuldigten. Dieser Grundsatz des freien ungehinderten Verkehrs müsse jedoch auch für den auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten gelten.[120] § 148 StPO sei Ausdruck einer allgemeinen Rechtsgarantie des unüberwachten Verkehrs zwischen Verteidiger und Beschuldigten und diene somit einer wirksamen ungehinderten Strafverteidigung. Der Schutz gelte daher erst Recht für den in Freiheit befindlichen Beschuldigten.[121] Eine ausdrückliche Regelung sei aus diesem Grund unnötig.[122] Nur für den inhaftierten Beschuldigten habe es wegen der besonderen Ausgestaltung des durch die Inhaftierung gegebenen – früher angenommenen[123] – besonderen Gewaltverhältnisses und der insoweit zulässigen Überwachung des mündlichen und schriftlichen Verkehrs des Beschuldigten der besonderen Regelung des § 148 StPO bedurft. Jede andere Auslegung würde zu einer unzulässigen Benachteiligung des auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten führen. Eine Erstreckung des Beschlagnahmeschutzes auf den Postweg sei aus denselben Gründen geboten.[124] Die Erstreckung auf Datenträger entspreche § 11 Abs. 3 StGB.[125]
43
Die schlichte Behauptung, Unterlagen würden zur Verteidigung benötigt, oder die Vermischung von Beweismitteln mit Verteidigungsunterlagen hindert die Beschlagnahme demgegenüber СКАЧАТЬ