Название: Internal Investigations
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811442757
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bb) Aufzeichnungen über anvertraute Mitteilungen oder über andere Umstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO
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In § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO werden diejenigen Aufzeichnungen gegen Beschlagnahme geschützt, die die Berufsträger oder ihre Gehilfen über ihnen vom Beschuldigten anvertraute Mitteilungen oder andere Umstände gemacht haben, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt. Aufzeichnungen in diesem Sinne sind alle auf Papier oder anderem Material festgehaltenen mündlichen Mitteilungen oder andere sinnlichen Wahrnehmungen des Berufsträgers, die im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung stehen.[33] Solange es sich um eigene Wahrnehmungen des Berufsträgers handelt, ist gleichgültig, wer die Aufzeichnungen schlussendlich fertigt.[34] Beschlagnahmefrei sind analog § 11 Abs. 3 StGB auch Ton-, Bild- und Datenträger.[35] Als gängiges Beispiel für entsprechende Aufzeichnungen seien die Handakten eines Rechtsanwalts genannt. Notarielle Urkunden dürfen im Unterschied zu deren Entwürfen[36] beschlagnahmt werden, da ihr Inhalt gerade zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt ist und daher als nicht geheimhaltungsbedürftig eingestuft wird.[37]
cc) Andere Gegenstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt, i.S.d. § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO
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In § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO werden schließlich so genannte „andere Gegenstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt,“ in den Schutz der Norm einbezogen. Über das Merkmal „andere Gegenstände“ erfährt die Norm zunächst keine Einschränkung, so dass von der Kugel, die der Arzt aus dem Körper des Beschuldigten entfernt hat,[38] bis zu allgemeinen Buchungs- und Geschäftsunterlagen[39] alles als tauglicher Gegenstand des Beschlagnahmeverbotes in Betracht kommt.[40] Fraglich ist allerdings, ob sich nicht auch unter § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO nur solche Gegenstände subsumieren lassen, die sich auf Grund des Vertrauensverhältnisses zwischen Beschuldigtem und Zeugnisverweigerungsberechtigtem im Gewahrsam des Letztgenannten befinden. Die lange Zeit überwiegende Rechtsprechung und herrschende Meinung bejahte dies und ging davon aus, dass § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO lediglich einen Auffangtatbestand für solche Gegenstände darstelle, die weder schriftliche Mitteilungen noch Aufzeichnungen seien.[41] Das Beschlagnahmeverbot könne deshalb nicht weiter reichen als in den Nr. 1 und 2, in denen die Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter ausdrücklich genannt sei.[42] Die Vertrauensbeziehung zwischen dem Berufsträger und einer dritten, nicht beschuldigten Person werde daher zwar über die §§ 53, 53a StPO, nicht aber über § 97 Abs. 1 StPO geschützt.[43]
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Eine entsprechende Auffassung hat insbesondere für drei Fallkonstellationen der internen Ermittlungen Bedeutung. Zum einen muss die Frage beantwortet werden, ob auch Gegenstände geschützt sind, die ein Dritter dem Verteidiger zu Zwecken der Verteidigung übergeben hat. Nach Auffassung des LG Mainz sollen solche Gegenstände nämlich beschlagnahmt werden können, da sie nicht von „an diesem Vertrauensverhältnis beteiligten Personen stammen“.[44] Als zweites muss die Frage geklärt werden, ob und in welchem Umfang Geschäfts- und Buchungsunterlagen, die der Beschuldigte zu anderen Zwecken als zur Verteidigung einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer übergeben hat, beschlagnahmt werden dürfen, und drittens, ob auch sonstige, übergebene oder vom Berufsträger angefertigte Gegenstände, wie im Rahmen des Mandats gefertigte Protokolle über Interviews, beschlagnahmefrei sind, wenn sich das Verfahren nicht gegen den Mandanten richtet.
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Nun zur ersten Fallgruppe, für die das Meinungsbild am deutlichsten ist: Unterlagen, die dem Verteidiger von einem Dritten zu Zwecken der Verteidigung übergeben worden sind, werden vom Beschlagnahmeverbot erfasst.[45] Die in allen drei Fallgruppen gegen eine Beschränkung auf das Verhältnis Berufsträger/Beschuldigter angeführten Argumente werden auch hier ins Feld geführt. Bereits der Wortlaut der Nr. 1 und 2 unterscheide sich erheblich von Nr. 3, da dort der Begriff des „Beschuldigten“ nicht genannt werde.[46] Das vorstehende Argument werde noch dadurch verstärkt, dass schon die ausschließliche Anwendung der Nr. 2 auf Umstände, die aus der Beziehung zwischen dem Berufsgeheimnisträger und dem beschuldigten Auftraggeber erwachsen seien, fraglich scheine, da der 2. HS „Aufzeichnungen über andere Umstände, auf die sich das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt“ keine derart enge Auslegung gebiete, sondern auch an § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3b StPO ausgerichtet werden könne.[47] Dass dort aber auch solche Tatsachen und Umstände erfasst werden, die dem Berufsträger von einem Dritten mitgeteilt oder über einen Dritten bekannt geworden sind, ist tatsächlich ganz überwiegende Meinung.[48] Regelmäßig heißt es zu § 53 StPO, von wem, zu welchem Zweck und aus welchem Grund dem Berufsausübenden die Tatsachen bekannt geworden seien, sei gleichgültig.[49] Die Befürworter einer extensiven Auslegung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO argumentieren daher weiter, der Sinn und Zweck des § 97 StPO, das Zeugnisverweigerungsrecht der §§ 53, 53a StPO vor Umgehungen zu schützen, spreche damit gegen die in der Rechtsprechung früher regelmäßig anzutreffende Restriktion.[50] Das Schweigerecht und das Beschlagnahmeverbot müssten sich unter teleologischen Gesichtspunkten entsprechen.
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Soweit die Frage nach von Dritten übergebenen Gegenständen zur Verteidigung im Raum steht, werden diese allgemeinen Argumente aber noch durch das weitere Argument gestützt, dass auch diese Unterlagen unmittelbar das Vertrauensverhältnis zwischen Berufsträger und Beschuldigtem betreffen, auch wenn sie nicht von einem dieser beiden stammen.[51]
Erfreulicherweise hat sich daher seit den neunziger Jahren in der Rechtsprechung ein Umdenken eingestellt und die Entscheidungen mehren sich, die eine Beschränkung des § 97 Abs. 1 Nr. 3 StPO auf Gegenstände, die der Beschuldigte dem Berufsträger übergeben hat, ablehnen.[52] Die herrschende Auffassung hat sich insoweit gewandelt und wird nun sowohl dem Wortlaut als auch dem telos besser gerecht.[53]
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In der zweiten, jedoch verwandten Fallkonstellation verlaufen Argumentation und Entwicklung des Meinungsspektrums ähnlich. So wollte das LG Braunschweig aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes ableiten, das Buchhaltungsunterlagen und Belege, die ein Steuerberater für seinen Mandanten verwahrt, aus dem Anwendungsbereich der Norm auszunehmen seien.[54] Das LG Braunschweig argumentierte, dass nach Sinn und Zweck der Norm nur solche Aufzeichnungen, Mitteilungen und andere Gegenstände privilegiert werden dürften, die innerhalb des Vertrauensverhältnisses entstanden seien. Ganz eindeutig gelte dies für die in § 97 Abs. 1 Nr. 1 StPO genannten schriftlichen Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und den zeugnisverweigerungsberechtigten Personen sowie für die in § 97 Abs. 1 Nr. 2 StPO genannten Aufzeichnungen der zeugnisverweigerungsberechtigten Personen über anvertraute Mitteilungen oder über andere Umstände, auf die sich das СКАЧАТЬ