Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
isbn:
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Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird nach § 171 unter anderem gehemmt,
– | solange die Verfolgung der Steuerhinterziehung noch nicht verjährt ist, § 171 Abs. 7; |
– | bzgl. der Steuern, wegen denen Steuerfahndung oder Zollfahndungsämter vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit Ermittlungen beginnen oder bzgl. derer dem Steuerpflichtigen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wird, bis zur Bestandskraft der aufgrund der Prüfung erfolgenden Festsetzung, § 171 Abs. 5; |
– | bis ein Jahr nach Eingang einer vor Ablauf der Festsetzungsfrist erstatteten Nacherklärung oder Selbstanzeige, § 171 Abs. 9. |
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Mit dem Tod des Steuerhinterziehers endet die Ablaufhemmung.[1037]
dd) Festsetzung von Hinterziehungszinsen, §§ 235, 238
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Nach §§ 235, 238 sind hinterzogene Steuern monatlich mit einem Zinssatz von 0,5 Prozent zu verzinsen. Daraus ergibt sich ein jährlicher Zinssatz von 6 Prozent. Voraussetzung der Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist, dass das Vorliegen einer Steuerhinterziehung nach den Vorschriften der AO und der FGO – d.h. nicht nach den Vorschriften der StPO, jedoch unter Berücksichtigung des In-dubio-pro-reo-Grundsatzes – festgestellt wird.[1038] Wird der Verkürzungsbetrag geschätzt, muss er für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen mit der Gewissheit strafrichterlicher Überzeugung feststehen.[1039]
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Bei den Zinsen handelt es sich nicht um eine (zusätzliche) Strafmaßnahme, sie dient vielmehr dazu, im Wege einer grundsätzlich zulässigen Typisierung[1040] den erlangten Zinsvorteil abzuschöpfen. Die Vorschrift des § 238 könnte folglich verfassungswidrig sein, wenn der Zinssatz dauerhaft deutlich über dem Marktzins läge. Denn aus dem aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG hergeleiteten Übermaßverbot folgt dass ein Steuerpflichtiger nicht zu einer unverhältnismäßigen Abgabe herangezogen werden darf.[1041] Die Unverhältnismäßigkeit hat das BVerfG[1042] für die Zeit bis 2006 sowie der BFH zunächst für die Zeit bis Ende 2011[1043] und später bis 2013[1044] verneint. Dabei hatte es der BFH bislang dahinstehen lassen, ob der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK eröffnet ist und sich daraus oder aus Art. 19 Abs. 4 GG die Rechtswidrigkeit eines Zinsbescheides wegen überlanger Verfahrensdauer ergeben kann.[1045] Mit Beschluss v. 25.4.2018 – IX B 21/18 hat der BFH schließlich schwerwiegende verfassungsrechtliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in § 238 Abs. 1 S. 1 AO geregelten Höhe von Nachzahlungszinsen von einhalb Prozent für jeden vollen Monat jedenfalls ab dem Verzinsungszeitraum 2015 geäußert und bzgl. der entsprechend festgesetzten Zinsen Aussetzung der Vollziehung gewährt.[1046] Mit Beschluss vom 3.9.2018 – VIII B 15/18 hat der BFH die AdV mit Verweis auf den vorgenannten Beschluss auch auf Zinszeiträume ab 2012 erstreckt.[1047]
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Ist die Zinsfestsetzung aus sachlichen oder persönlichen Gründen unbillig, kommt ein Zinserlass nach § 237 Abs. 4 i.V.m. § 234 Abs. 2 als Billigeitsmaßnahme in Betracht, die im Ermessen der Finanzbehörde liegt. Allein die überlange Verfahrensdauer rechtfertigt nach der finanzgerichtlichen Rspr. keinen Billigkeitserlass.[1048] Erzielt der Steuerpflichtige tatsächlich nicht die typisierend angesetzten 6 % Zinsen, so rechtfertigt auch das keinen Billigkeitserlass, da die Zinsbelastung typische Folge der gesetzlichen Regelung ist und den gesetzgeberischen Vorstellungen entspricht.[1049]
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Schuldner der Zinsen ist nach § 235 Abs. 1 S. 2 derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind, also der Steuerschuldner. Das gilt auch dann, wenn er an der Hinterziehung nicht beteiligt war.[1050] Der Tod des Steuerhinterziehers, der seiner strafprozessualen Verfolgung entgegensteht, hindert nicht die Festsetzung von Hinterziehungszinsen.[1051] Nach § 4 Abs. 5 Nr. 8a EStG unterliegen Hinterziehungszinsen einem Abzugsverbot.
ee) Abzugsverbote für Geldstrafen, -bußen, -auflagen und Strafverfahrenskosten
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Anders als § 12 Nr. 4 EStG, der bestimmte Aufwendungen dem privaten Bereich zuordnet, so dass es sich schon nicht um Betriebsausgaben handelt, begründen § 4 Abs. 5 Nr. 8 und Nr. 10 EStG Abzugsverbote für betrieblich veranlasste Aufwendungen. Der Anwendungsbereich der Vorschriften des § 12 EStG und des § 4 Abs. 5 EStG schließt sich damit gegenseitig aus.
(1) Geldstrafen, sonstige Rechtsfolgen mit Strafcharakter
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Aufgrund des Abzugsverbots gem. § 12 Nr. 4 EStG dürfen in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen und sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, nicht von den Einkünften abgezogen werden. Grund ist, dass diese Aufwendungen als privat veranlasst gelten und daher nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden. Das Abzugsverbot ist nicht auf im Inland verhängte Rechtsfolgen beschränkt. Es umfasst nicht die Einziehung (s. dazu EStH 12.3 S. 3 und Rn. 373) da diese keinen pönalen Charakter hat.[1052] Für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen gilt das Abzugsverbot, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.[1053] Davon erfasst werden insb. nach § 153a StPO zu zahlende Auflagen, die somit nur dann abziehbar sind, wenn sie der Schadenswiedergutmachung, etwa durch Nachentrichtung der verkürzten Steuer, dienen. Eine Berücksichtigung von Geldstrafen, Auflagen usw. über § 33 EStG scheidet mangels Zwangsläufigkeit stets aus.[1054]
(2) Geldbußen, Ordnungs- und Verwarnungsgelder
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Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 1 EStG umfasst von einem deutschen Gericht oder einer deutschen Behörde oder von Organen der Europäischen Union festgesetzte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder. Dasselbe gilt nach § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 2 EStG für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.
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Soll bei einer Ordnungswidrigkeit der durch sie erlangte wirtschaftliche Vorteil mit der Geldbuße abgeschöpft werden (vgl. § 17 Abs. 4 OWiG), so verlangt der allgemeine Gleichheitssatz, dass entweder die Geldbuße mit dem Abschöpfungsbetrag bei der Besteuerung abgesetzt werden kann oder ihrer Bemessung nur der um die absehbare Steuer verminderte Betrag zugrunde gelegt wird.[1055] Um dies zu gewährleisten gilt das Abzugsverbot für Geldbußen gem. § 4 Abs. 5 Nr. 8 S. 4 EStG nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch СКАЧАТЬ