Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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1. Grundlagen
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Ein zentraler Aspekt der Emittenten-Compliance sind Insiderhandelsverbote.[32]
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Insiderinformation im Sinne des Art. 7 Abs. 1 a) und 4 S. 1 MAR ist allgemein eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs damit verbundener derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, d.h., wenn ein verständiger Anleger sie wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.[33] Eine Legaldefinition für „präzise“ findet sich in Abs. 2. Explizit geregelt ist nunmehr, dass auch ein Zwischenschritt eines gestreckten Vorganges als eine Insiderinformation betrachtet wird, falls er für sich genommen die Kriterien für eine Insiderinformation erfüllt (Abs. 3).
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Ein Insidergeschäft liegt nach Art. 8 Abs. 1 S. 1 MAR vor, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und unter Nutzung derselben für eigene oder fremde Rechnung direkt oder indirekt Finanzinstrumente, auf die sich die Informationen beziehen, erwirbt oder veräußert. Das gilt nicht nur für den Erwerb und Verkauf von Finanzinstrumenten, sondern auch für die Stornierung oder Änderung eines Auftrags nach Erlangung einer Insiderinformation. Die insoweit bisher bestehende Regelungslücke wurde durch Art. 8 Abs. 1 S. 2 MAR geschlossen. Die Regelungen wenden sich sowohl an Primärinsider, also Personen, die kraft ihrer Tätigkeit Zugang zu den Informationen haben, also auch an Sekundärinsider, die nur durch Zufall in den Besitz der Informationen gelangen (Abs. 4). Wird eine juristische Person tätig, so richtet sich die Erstreckung auf die für diese im Rahmen des Insidergeschäfts aktiv gewordenen natürlichen Personen nach nationalem Recht (Abs. 5).
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Nach Art. 14 MAR ist das Tätigen von Insidergeschäften und der Versuch hierzu sowie Dritten zu empfehlen, Insidergeschäfte zu tätigen oder Dritte anzustiften, Insidergeschäfte zu tätigen verboten. Auch die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 10 MAR) ist untersagt, soweit sie nicht im Rahmen von Marktsondierungen erfolgt (Art. 11 Abs, 2 MAR) und die entsprechenden Nachweise geführt werden können. Die straf- und bußgeldrechtlichen Regelungen zum Insiderrecht, durch die sog. CRIM-MAD (RL 2014/57/EU) über strafrechtliche Sanktionen auf europäischer Ebene harmonisiert, sind in Deutschland nach wie vor im Wertpapierhandelsgesetz, jetzt in den §§ 119 und 120 WpHG, festgeschrieben.
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Das wesentliche Merkmal eines Insidergeschäfts ist die Nutzung einer Informationsasymmetrie zum eigenen Vorteil. Wie die nicht abschließenden Regelungen des Art. 9 MAR (Legitime Handlungen) zeigen, besteht eine widerlegbare Vermutung für die Nutzung von Insiderinformationen, wenn ein Primärinsider Geschäfte tätigt.[34] Eine juristische Person kann diese Vermutung widerlegen, wenn sie nachweist, dass sie zuvor angemessene und wirksame interne Regelungen und Verfahren eingeführt, umgesetzt und aufrechterhalten hat, durch die sichergestellt ist, dass die natürliche Person die in ihrem Auftrag tätig wird, diese Entscheidung in Unkenntnis der Insiderinformation und unbeeinflusst getroffen hat. Haben diese legitimen Handlungen jedoch eine rechtswidrige Grundlage, liegt gleichwohl ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot vor (Art. 9 Abs. 6 MAR). Ferner sieht Art. 5 MAR eine Bereichsausnahme für Rückkaufprogramme und Stabilisierungsmaßnahmen vor.
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Auch ohne noch weiter auf die Details dieser Normen und deren Anwendungsbereich einzugehen, lassen sich die Herausforderungen an eine Emittenten-Compliance in diesem Bereich erahnen. Versteht man Compliance als Risikomanagement und stellt dem ein komplex durchstrukturiertes Unternehmen gegenüber, gewinnt die Vorstellung Gestalt. Dabei ist nicht nur an die horizontale Ebene zu denken. So können sich Insiderinformationen aus M&A-Sachverhalten, aus Rechtsstreitigkeiten oder aus Compliance-Vorfällen ergeben. Auch der geplante Austausch einer Schlüsselposition im Vorstand ist regelmäßig als solche zu betrachten und wird von der HR-Abteilung mit vorbereitet. Nach außen kommuniziert wird häufig durch eine eigene Kommunikations- oder Presseabteilung. Nicht selten sind externe Beratungsfirmen und Dienstleister in solche Vorgänge eingeschaltet. An all diesen Schaltstellen finden sich Wissensträger, die sensible Informationen, bewusst oder unbewusst, gewollt oder versehentlich, nach außen tragen oder auch verwenden können. Verkompliziert wird dies durch die vertikale Informationsverteilung. In einem Unternehmen sind Entscheidungsprozesse regelmäßig mehrstufig gestaltet, so dass sich auf jeder Stufe die Frage stellt, ob es sich um eine konkrete Information im Sinne des Art. 7 MAR handelt. Dies können beispielsweise auch Gerüchte sein, wenn sie einen Tatsachenkern und Kursbeeinflussungspotenzial enthalten, z.B. mit Blick auf die Übernahme eines Wettbewerbers.[35]
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Hinzu kommt, wie bereits zuvor angedeutet, dass es sich beim Verstoß gegen Insiderhandelsverbote um Vorgänge handelt, die sich im Wesentlichen außerhalb des Unternehmens abspielen. Zwar zieht der jeweilige Mitarbeiter sein Wissen regelmäßig aus Informationen, mit denen er im Unternehmen oder als Externer „bestimmungsgemäß“ in Berührung gekommen ist, doch verwertet er dieses im privaten Bereich. Die Möglichkeiten, den Erwerb und das Halten von Finanzinstrumenten des eigenen oder betreuten Unternehmens oder deren Verkauf kann das emittierende Unternehmen nicht ohne Mitwirkung des Mitarbeiters steuern. Die Aufgabe von internen Regelungen der Emittenten-Compliance – beispielsweise durch die Aufnahme einer entsprechenden Regelung zum Insiderhandelsverbot im Code of Conduct oder Code of Ethics– ist es daher, verstärkt an ein integres Verhalten potenzieller Insider zu appellieren und durch entsprechende Maßnahmen Awareness zu schaffen, um zumindest fahrlässiges Handeln so weit als möglich zu unterbinden. Insider, die ihr Wissen vorsätzlich zu ihrem Vorteil verwenden wollen, sind erfahrungsgemäß auch durch entsprechende Schulungen, Rundschreiben und die Aufnahme in das Insiderverzeichnis nicht davon abzuhalten.
2. Insiderverzeichnis
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Dementsprechend hat auch das Instrument zur Sicherung der Emittenten-Compliance im Bereich der Insiderhandelsverbote, das Insiderverzeichnis, drei Funktionen:[36]
– | Es soll der Aufsichtsbehörde die Überwachung und der Nachweis von Insidergeschäften erleichtert werden, indem sie Kenntnis über die Insider im Unternehmen erhält (externe Überwachungs- und Sanktionsfunktion). |
– | Es soll die Aufgabe derer erleichtern, die intern den Fluss der Insiderinformationen und die Einhaltung von Geheimhaltungspflichten überwachen müssen (Organisations- und interne Überwachungsfunktion). |
– | Es bezweckt die Aufklärung der Insider über ihre Rechte und Pflichten und beinhaltet damit eine gewisse Abschreckungswirkung (Sensibilisierungsfunktion). |
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Nach Art. 18 Abs. 1 lit. a MAR haben Emittenten und in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnde Personen eine Liste aller Personen aufzustellen, die Zugang zu Insiderinformationen haben, wenn diese Personen für sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages oder anderweitig Aufgaben wahrnehmen, durch die diese Zugang zu Insiderinformationen haben, wie Berater, Buchhalter oder Ratingagenturen.
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