Название: Verkehrsunfallflucht
Автор: Carsten Krumm
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Praxis der Strafverteidigung
isbn: 9783811447097
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Bei dem Strafverfahren nach § 142 StGB enthalten die Akten häufig von der Polizei gefertigten Fotos des oder der unfallbeteiligten Fahrzeuge. In Papier-Strafakten befinden sich oft nur Ausdrucke der Digitalfotos, deren Qualität (Ausdrucke auf normalem Papier oder Fotopapier, schwarzweiß oder in Farbe) von der Praxis der Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaft abhängt, seltener bis nie ist der Datenträger mit den Original-Foto-Dateien selbst enthalten. Soll von Seiten der Verteidigung ein Sachverständiger für Verkehrsunfallrekonstruktionen eingeschaltet werden (vgl. hierzu näher unter Rn. 124 ff.), so braucht dieser in aller Regel die von der Polizei gefertigten Fotos als Dateien oder zumindest Ausdrucke in „bestmöglicher“ Qualität.
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Den Datenträger mit den Original-Foto-Dateien, sofern vorhanden, darf die Verteidigung zwecks Kopiervorgang entnehmen, Fotos kann man kopieren, einscannen etc. Oftmals übernimmt dieses bereits der Sachverständige, der als „Hilfsperson der Verteidigung“[3] dazu berechtigt ist. Wichtig ist nur, dass keine Originale oder der Datenträger abhandenkommen. Die Verteidigung kann und muss bei der Staatsanwaltschaft auch die Übermittlung des Datenträgers mit den Original-Foto-Dateien – ggf. direkt an den von ihm beauftragten Sachverständigen – beantragen,[4] zumindest eine amtlich gefertigte Kopie der Dateien fordern.[5]
Nach Anfertigung von Kopien bzw. des Scans ist die Strafakte an die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht zurückzureichen (vgl. Rn. 87) mit der Bitte, auf eine Stellungnahme (vgl. Rn. 79) der Verteidigung zuzuwarten. Das ist die Aufforderung rechtliches Gehör gewährt zu bekommen und wahrnehmen zu wollen. Mit dem/der Mandanten/in ist der Inhalt der Strafakte zu besprechen; im Regelfall ist das bei der Verteidigung von Verkehrsstraftaten die Rücksprache in den Kanzleiräumen (vgl. zur Überlassung der Strafakte in Kopie an den Mandanten Rn. 78).
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Bei dem nun folgenden zweiten Gespräch mit dem/der Mandanten/in wird diesem/r zunächst der wesentliche Inhalt der bisherigen Ermittlungen, so wie es sich aus der Strafakte darstellt, bekannt gemacht. Dabei kann der Verteidiger seinem/r Mandanten/in den gefertigten Aktenauszug zum Durchlesen und Durcharbeiten – vorab – überlassen, das ist natürlich zulässig.[6] Nach der Erfahrung des Autors ist der Regelfall jedoch, die wesentlichen Aktenteile vorzutragen, Wichtiges vorzulesen, Fotos gemeinsam anzuschauen etc.
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Dabei muss die weitere Verteidigungsstrategie festgelegt werden. Hierbei stellt sich zunächst die Kernfrage, ob eine „Einlassung“ des/der Mandanten/in zur Sache erfolgen soll oder ob man – weiterhin – schweigen soll – zum Aussageverhalten generell vgl. Rn. 23 ff. Diese wichtige taktische Frage kann nur für jeden Einzelfall gesondert entschieden werden.[7] Denkbar ist, dass lediglich eine Verteidigungsschrift der Verteidigung zur Strafakte übermittelt wird, die „nur“ den Akteninhalt würdigt und auf Widersprüche, Ungereimtheiten oder Lücken hinweist und im Übrigen keine Einlassung des/der Mandanten/in zum Tatgeschehen enthält (vgl. dazu Rn. 81). Soll jedoch eine Einlassung erfolgen, ist zu überlegen, ob eine selbst formulierte und niedergeschriebene – gemäß § 249 StPO verlesbare – Einlassung des/der Mandanten/in (vgl. dazu auch Rn. 28) oder eine von der Verteidigung für seine/n Mandanten/in formulierte Einlassung erfolgen soll. Die Verteidigung muss dabei immer die strafprozessualen Probleme einer von ihr für den/die Mandanten/in formulierten Einlassung bedenken. Zunächst gilt, dass Ausführungen der Verteidigung nur dann dem/der Mandanten/in überhaupt als eigene „Einlassung“ zugerechnet werden können, aus denen der Wille des/der beschuldigten Mandanten/in erkennbar ist, sich diese Äußerungen zurechnen zu lassen.[8] Das ist dann der Fall, wenn die Verteidigung zu dieser Erklärung ausdrücklich bevollmächtigt ist oder diese nachträglich genehmigt wird;[9] Rechtsausführungen der Verteidigung sind keine Sacheinlassung[10], ebenso wenig wie „nur“ eine Stellungnahme oder Überlegungen zum Akteninhalt[11].
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Grundsätzlich gilt, dass eine Einlassung der Verteidigung für seine/n Mandanten/in später in einer Hauptverhandlung nicht nach § 249 StPO verlesbar ist;[12] dann müsste das Gericht schon die Verteidigung als Zeugen vernehmen.[13] Die Verteidigung vermeidet strafprozessuale Probleme, wenn man Ausführungen macht, die „nur“ als Ausführungen der Verteidigung erkennbar sind, also: Keine Einlassung in Form eines Zitates oder überhaupt in direkter Rede. Denn zu beachten ist Folgendes: „Gibt der Verteidiger in der Hauptverhandlung in Anwesenheit seines Mandanten, der selbst keine Angaben zur Sache macht, Erklärungen zur Sache ab, so können diese ohne Weiteres als Einlassung des Angeklagten verwertet werden“.[14]
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Denn die Entscheidung zur Abgabe einer Einlassung – egal ob eine eigene Einlassung des/der Mandanten/in oder eine Einlassung der Verteidigung für den/die Mandanten/in – ist später praktisch nicht mehr revidierbar. Eine Einlassung sollte in der Regel also nur abgegeben werden, wenn hiermit ein positives Ergebnis erreicht werden kann, beispielsweise eine Verfahrenseinstellung oder nach einem Geständnis ein mildes Urteil.[15]
Hinweis
Vom Autor als strategisch sinnvoll empfunden wird, entlastende Umstände oder Tatsachen, die eine günstigere Beurteilung rechtfertigen, im Ermittlungsverfahren besser nur durch die Verteidigung vortragen zu lassen, ohne dass eine Einlassung des/der Mandanten/in bereits im Ermittlungsverfahren erforderlich ist. So kann die Verteidigung in einer Verteidigungsschrift Widersprüche, Ungereimtheiten und Lücken im Ermittlungsverfahren aufdecken, bislang nicht bekannte Tatsachen vortragen und unter Beweis stellen, Urkunden überreichen oder auch auf rechtliche Gesichtspunkte hinweisen, die allein schon zur Verfahrenseinstellung oder zu einer milderen Beurteilung führen, ohne dass es schon einer Einlassung bedarf. Der Autor beendet eine solche Verteidigungsschrift generell mit dem Zusatz: „Sollte sich die Staatsanwaltschaft dem Antrag der Verteidigung auf Einstellung des Strafverfahrens oder der Auffassung der Verteidigung zur Sach- und/oder Rechtslage nicht anschließen können, wird gebeten dem/der Beschuldigten vor Abschluss der Ermittlungen über die Verteidigung noch einmal rechtliches Gehör zu gewähren. Es ist beabsichtigt, dann ggf. eine weitere Stellungnahme ggf. mit Beweisantrag abzugeben.“ Oftmals kommt die Staatsanwaltschaft dem nach und es könnte dann immer noch eine Einlassung (vgl. dazu Rn. 83) abgegeben werden.
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Mit dem/der Mandanten/in muss offen die Erfolgsaussichten der Verteidigung, vor allem die Zielrichtung, erörtert werden. Es gibt keine „aussichtslosen Verteidigungen“. Es gibt allerdings Verteidigungsziele, die nach Kenntnis des Akteninhalts und der Beweismittel nicht mehr realisierbar sind. Wenn sich dabei ein Widerspruch zwischen dem nach dem Akteninhalt Realisierbaren und den Wunschvorstellungen des/der Mandanten/in ergibt, muss sich die Verteidigung offensiv damit auseinandersetzen.
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