Название: Sanktionsbewehrte Aufsichtspflichten im internationalen Konzern
Автор: Andreas Minkoff
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht
isbn: 9783811444096
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Zu erwähnen ist insofern die Feststellung von Achenbach wistra 1998, 296 (296), wonach die Norm „zu den schwierigsten Vorschriften des deutschen Wirtschaftsstrafrechts“ zählt. Auch nach über 15 Jahren dürfte dieser Ausspruch Gültigkeit entfalten, wenngleich dem Wirtschaftsstrafrechtler freilich auch an anderer Stelle kaum übersehbare Problembereiche begegnen. Als Beispiel soll nur der vieldiskutierte Untreuetatbestand dienen, der auch nach mittlerweile zahlreichen höchstrichterlichen Stellungnahmen Anlass für umfassende Diskussionen bietet.
Habersack in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 Rn. 8; Altmeppen in: MK-AktG, Einleitung zum dritten Buch vor § 291 AktG Rn. 19; Saenger Gesellschaftsrecht, Rn. 923; Wiesenack/Klein in: Eisele/Koch/Theile, S. 7; Theisen Der Konzern, S. 21 spricht gar von rund 90 % aller Aktiengesellschaften und von wohl weit mehr als der Hälfte der deutschen Personengesellschaften. Vgl. zur Konzernverbreitung auch die Angaben bei Hackel Konzerndimensionales Kartellrecht, S. 82; Görling Konzernhaftung, S. 47 ff.
So etwa Schneider NZG 2009, 1321 (1323).
Dies gilt umso mehr, als in Großkonzernen Pflichtverletzungen wohl vergleichsweise selten in der unmittelbaren Sphäre einer Konzernobergesellschaft vorkommen, sondern regelmäßig gerade in Tochtergesellschaften begangen werden. Vgl. insofern die Ergebnisse der – wenn auch basierend auf einem quantitativ überschaubaren Teilnehmerkreis – empirischen Untersuchung von Wiesenack/Klein in: Eisele/Koch/Theile, S. 18: „Problemherde treten augenscheinlich jedenfalls faktisch regelmäßig auf Ebene der Tochtergesellschaft auf.“
Vgl. nur aus dem Bereich der wirtschaftsstrafrechtlich orientierten Dissertationen – und damit lediglich in Ergänzung zu der einschlägigen Kommentarliteratur und den nicht nur vereinzelten Beiträgen in Fachzeitschriften und Sammelbänden – zuletzt aus dem Jahr 2014 Muders Haftung im Konzern; Caracas Internationale Konzernstrukturen; und aus dem Jahr 2011 Grundmeier Rechtspflicht, die sich bei ihrer Untersuchung zu Compliance-Pflichten im Konzern weit überwiegend auf die konzernweite Anwendbarkeit des § 130 OWiG konzentriert. Daneben gibt es unter den jüngeren Dissertationen eine ganze Reihe von Untersuchungen, die der hier aufgeworfenen Streitfrage jedenfalls einzelne Abschnitte widmen, vgl. etwa aus dem Jahr 2014 Sonnenberg Aufsichtspflicht, S. 55 f.; aus dem Jahr 2013 Huber Compliance-Pflichten, S. 205 ff.; Wilhelm Aufsichtsmaßnahmen, S. 25 ff.; Petermann Compliance-Maßnahmen, S. 106 ff.; Lang Corporate Compliance, S. 159 ff.; aus dem Jahr 2012 Hackel Konzerndimensionales Kartellrecht, S. 354 ff.; aus dem Jahr 2011 Geismar Aufsichtspflichtverletzung, S. 62 ff.; aus dem Jahr 2010 – wenn auch nur in äußerster Knappheit – Fruck Aufsichtspflichtverletzung, S. 22; sowie aus dem Jahr 2009 Vogt Verbandsgeldbuße, S. 281 ff. In der weiter zurückliegenden Vergangenheit finden sich indes nur wenige Dissertationen, die entsprechende Ausführungen enthalten. Dies mag angesichts der bereits aufgezeigten Relevanz überraschen, ist aber wohl zum erheblichen Teil auf das lange Schattendasein der Verfolgung von Wirtschaftskriminalität auf Leitungsebene der Unternehmen zurückzuführen. Freilich gibt es Ausnahmen, die bereits einige Jahre nach Inkrafttreten des Ordnungswidrigkeitengesetzes die praxiserhebliche Erscheinung des Konzerns bei der Untersuchung des § 130 OWiG berücksichtigten, vgl. insofern pionierhaft aus dem Jahr 1976 Thiemann Aufsichtspflichtverletzung, S. 150 ff.
So auch Gürtler in: Göhler, § 130 OWiG Rn. 5a; Schücking in: Krieger/Schneider, § 36 Rn. 5; Kraatz Wirtschaftsstrafrecht, Rn. 74.
Eine derart empfindliche Sanktion auf dogmatisch fragilem Gerüst war im Falle Siemens – wie auch in anderen prominenten Korruptionsfällen – wohl nur deshalb möglich und von Bestand, weil der zu Grunde liegende Bußgeldbescheid letztendlich Ergebnis einer Einigung zwischen Unternehmen und Staatsanwaltschaft war, vgl. hierzu nur Beulke/Moosmayer CCZ 2014, 146 (146 f.). In Folge dessen vermochten damit auch diese vielbeachteten Fälle keine Gelegenheit für eine höchstrichterliche Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen zu bieten.
OLG München Beschluss vom 23.9.2014, Az. 3 Ws 599, 600/14: „Die Anwendbarkeit des § 130 OWiG auf Konzernsachverhalte kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig.“
So widmen etwa unter den bereits genannten Untersuchungen nur einzelne Autoren ihr Augenmerk auch grenzüberschreitenden Komponenten. Umfassendere Ausführungen finden sich soweit ersichtlich insofern einzig bei Caracas Internationale Konzernstrukturen. Wenigstens einige Zeilen widmet den konzernweiten Aufsichtspflichten im internationalen Konzern Grundmeier Rechtspflicht, S. 101 f. Abseits der Konzernproblematik finden sich Ausführungen zur grenzüberschreitenden Reichweite des § 130 OWiG schließlich – wenn auch nur denkbar knapp – bei Buchholz Zuwiderhandlung, S. 103 ff.
Vgl. nur Altmeppen in: MK-AktG, Einleitung zum dritten Buch vor § 291 AktG Rn. 35.
Theisen Der Konzern, S. 8: „Die multinationale Konzernverbindung stellt in der Konzernpraxis die größte Grundgesamtheit dar. Es muss heute als der Regelfall bezeichnet werden, dass eine unternehmerische Aktivität sich auf mehr als zwei Länder erstreckt.“