Название: AGB-Recht
Автор: Martin Schwab
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Recht in der Praxis
isbn: 9783811455337
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2. Kapitel Die „Vorformulierung“ für eine „Vielzahl“ von Verträgen
Inhaltsverzeichnis
I. Die Gefährdungslage bei der Verwendung von AGB
II. Vorformulierung
III. Vielzahl von Verträgen
I. Die Gefährdungslage bei der Verwendung von AGB
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Nicht jede Vertragsbedingung, die von einem Teil einseitig in den Vertrag eingeführt wird, ist AGB. Die Einbeziehungskontrolle (§§ 305 II, 305c BGB) und die Inhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB) rechtfertigen sich vielmehr aus einer typischen Gefährdungslage für den Klauselgegner: Der Verwender legt die Vertragsbedingungen generell seinen Geschäftsabschlüssen zugrunde, um nicht bei jedem einzelnen Abschluss die aus seiner Sicht regelungsbedürftigen Punkte erneut bedenken zu müssen. AGB dienen damit der Rationalisierung des Geschäftsverkehrs. Diese Rationalisierung verursacht beim Klauselgegner gleichsam spiegelbildlich einen erhöhten Verhandlungsaufwand: Wenn er vollumfänglich seine Interessen wahren will, muss er den häufig umfassenden Katalog an Klauseln lesen (was wegen des Kleindrucks häufig schon schwierig genug ist), verstehen (was er wegen der juristischen Fachsprache in den Klauseln oft ebenfalls nicht kann) und ggf. jede einzelne Klausel mit dem Verwender verhandeln. Dies wird der Vertragspartner häufig als zu umständlich empfinden und daher den Vertrag mitsamt den vom Verwender eingeführten Klauseln unterschreiben – dies umso mehr, als er infolge des generalisierenden Charakters nicht davon ausgehen kann, der Verwender werde gerade ihm gegenüber von seinen Klauseln eine Ausnahme machen[1]. Wenn eine Partei vorformulierte Vertragsbedingungen einführt, die sie generell bei ihren Geschäftsabschlüssen verwendet, gibt sie zu verstehen, dass der Vertrag entweder zu diesen Bedingungen oder überhaupt nicht zustande kommt[2]. Der Verwender verschafft sich nach alledem mit Hilfe der Vorformulierung einen strukturellen Verhandlungsvorteil, nämlich die Möglichkeit, seinem Vertragspartner missbräuchliche Klauseln unterzuschieben im Vertrauen darauf, dieser werde sie entweder nicht bemerken oder mangels greifbarer Alternativen akzeptieren – oder auch einfach deshalb hinnehmen, weil er die Kosten und Mühen scheut, die damit verbunden sind, fremde AGB zu lesen und zu analysieren: Die Auseinandersetzung mit jenen AGB wird der andere Vertragsteil als prohibitive Transaktionskosten empfinden.
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Diese typische Gefährdungslage besteht konsequent nur dann, wenn tatsächlich Vertragsbestimmungen mit derart allgemeingültigem Charakter in den Vertrag eingeführt werden. Deshalb spricht das Gesetz nur dann von AGB, wenn die Vertragsbedingungen für eine „Vielzahl“ von Verträgen „vorformuliert“ sind. Die Auslegung dieser Tatbestandsmerkmale hat sich am soeben beschriebenen Zweck der AGB-Kontrolle auszurichten.
Anmerkungen
Instruktiv dazu OLG Celle NJW 1978, 326 f.
BGH NJW 1977, 624, 625.
1. Allgemeine Begriffsbestimmung
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Bereits beim Begriff der „Vorformulierung“ kommt der generalisierende Charakter von AGB zum Ausdruck: Klauseln, die ein Vertragsteil aus Anlass des konkreten Vertragsabschlusses entwirft, sind selbst dann nicht vorformuliert, wenn sie bereits in unterschriftsreifer Fassung vorliegen, bevor der Verwender mit seinem Angebot an die Gegenseite herantritt. Der BGH hat sich vielmehr für die folgende Begriffsbestimmung ausgesprochen[1]:
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Tipp
Vertragsbedingungen sind im Sinne des § 305 I 1 BGB nur, aber auch immer dann vorformuliert, wenn sie als Grundlage oder Rahmen für gleichartige Rechtsverhältnisse mit verschiedenen Kunden aufgestellt sind.
2. Vorformulierung durch Dritte
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Dagegen ist nicht entscheidend, ob der Verwender die Bedingungen selbst vorformuliert, hierzu den Auftrag gibt oder aber stattdessen auf allgemein zugängliche (empfohlene) Vertragswerke zurückgreift[2]. Wenn also die soeben wiedergegebene Definition erfüllt ist, handelt es sich um AGB unabhängig davon, wer ihr materieller Urheber ist.
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Mit dieser Feststellung ist freilich nur belegt, dass die Vertragsbedingungen selbst dann „vorformuliert“ sind, wenn sie von Dritten ausgearbeitet wurden. Eine andere Frage ist, ob der Verwender diese Bedingungen auch „gestellt“ hat. Bei Vertragsbedingungen, die von unabhängigen Dritten empfohlen und von den Vertragsparteien sodann zugrunde gelegt werden, kann es hieran fehlen, weil die Verwendung solcher Bedingungen beiden Parteien zugerechnet werden muss. Näheres unten Rn. 110 ff.
3. Die Vorformulierung „im Kopf“ des Verwenders
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Des Weiteren ist nicht entscheidend, in welcher Form die Vertragsbedingungen vorformuliert wurden. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Bedingungen bei Vertragsschluss in Schriftform vorliegen. Vielmehr reicht es aus, dass der Verwender die AGB sozusagen „im Kopf“ vorformuliert, also Bedingungen in den Vertrag einführt, die er in seinem Gedächtnis gespeichert hat und generell seinen Vertragsabschlüssen zugrunde legt[3]. Der Rationalisierungseffekt und die damit einhergehenden Gefahren für den Klauselgegner bestehen unabhängig davon, in welcher Form die vorformulierten Bedingungen vorliegen.
4. Handschriftliche Ergänzungen in vorformulierten Klauseln
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Schwierige Probleme ergeben sich, wenn der Verwender vorformulierte Vertragsbedingungen stellt, die der individuellen Ergänzung durch handschriftliche oder maschinenschriftliche Zusätze bedürfen.
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Beispiel 11
a) |
In den AGB eines Kfz-Händlers über den Verkauf von Neuwagen heißt es: „Der Kaufpreis richtet sich nach der Preisliste des Herstellers. Der aktuelle Listenpreis beträgt . . . . . €. Mit jeder Erhöhung des Listenpreises erhöht sich zugleich
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