Название: BGB-Schuldrecht Besonderer Teil
Автор: Volker Emmerich
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
isbn: 9783811495555
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Nach § 476 Abs. 1 S. 2 sind die verbraucherschützenden Regeln über den Verbrauchsgüterkauf auch anzuwenden, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Ein Umgehungsgeschäft wird angenommen, wenn die von den Parteien gewählte rechtliche Gestaltung den Zweck hat, die Anwendung des Kaufrechts entgegen dem vom Gesetz beabsichtigten Verbraucherschutz zu beschränken oder auszuschließen[11]. Ein Beispiel sind so genannte Strohmanngeschäfte, bei denen ein Unternehmer eine Privatperson, z. B. einen Mitarbeiter, als Verkäufer vorschiebt, um selbst der strengen Haftung nach den §§ 474 ff zu entgehen. Das Umgehungsverbot des § 476 Abs. 1 S. 2 hat dann zur Folge, dass es bei der Anwendbarkeit der genannten Vorschriften auf den Vertrag mit dem Strohmann verbleibt (der seinerseits Rückgriff bei dem Unternehmer nehmen kann, §§ 675 Abs. 1 und 667).[12] Als Umgehungsgeschäfte zu behandeln sind ferner sogenannte Beschaffenheitsvereinbarungen (im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1), durch die die Kaufsache – entgegen ihrem objektiven Verwendungszweck, ihrem Preis und ihrem Zustand – pauschal abgewertet wird, etwa durch die Bezeichnung gebrauchter Kraftfahrzeuge als „Bastlerfahrzeuge“ oder „rollender Schrott“, um von vornherein jede Haftung des Verkäufers für etwaige Mängel der verkauften Sache auszuschließen, – sofern solche Abreden überhaupt ernst gemeint sind und nicht lediglich eine unbeachtliche falsa demonstratio darstellen[13]. Zulässig ist dagegen – natürlich – ein Hinweis des Verkäufers auf einzelne, tatsächlich vorhandene konkrete Mängel der Sache (§ 434 Abs. 1 S. 1).[14]
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Keine Bedenken bestehen unter dem Gesichtspunkt des § 476 Abs. 1 S. 2 gegen das verbreitete Finanzierungsleasing (s. u. § 8 Rn 15). Einen (umstrittenen) Grenzfall bildet dagegen das sogenannte Agenturgeschäft des Gebrauchtwagenhandels, bei dem der Händler nur als Vertreter des Voreigentümers auftritt, natürlich, um eine eigene Haftung nach den §§ 476 und 434 ff für etwaige Mängel des gebrauchten Fahrzeugs zu vermeiden. Derartige Agenturgeschäfte verstoßen nicht generell, sondern nur dann gegen das Umgehungsverbot des § 476 Abs. 1 S. 2, wenn sich unter ihnen in Wirklichkeit nach der vereinbarten Risikoverteilung ein Eigengeschäft des Händlers verbirgt[15]. Nach Meinung des BGH muss sich der Händler dann als Verkäufer behandeln lassen, sodass sich der Käufer bei Mängeln des Fahrzeugs auch an ihn halten kann[16], richtiger Meinung nach daneben aber ebenfalls an seinen Vertragspartner.[17] Liegt kein Umgehungsgeschäft vor, so kommt immer noch eine Haftung des Gebrauchtwagenhändlers – neben dem privaten Verkäufer – aufgrund des § 311 Abs. 3 als so genannte Sachwalter in Betracht.[18]
a) Überblick
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In den §§ 475 bis 477 und in § 479 in der Fassung von 2017 enthält das Gesetz eine Reihe von Vorschriften, durch die durchweg der Schutz der Verbraucher bei Verbrauchsgüterkaufverträgen im Sinne des § 474 (dazu o. Rn 1 ff) – entsprechend den Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie von 1999 gegenüber dem Regelfall – weiter verstärkt werden soll. Auf die meisten dieser Sonderregelungen ist bereits im Zusammenhang eingegangen worden, so dass darauf verwiesen werden kann: zu § 475 Abs. 2, der den Gefahrübergang bei Schickschulden regelt, s. deshalb schon o. § 3 Rn 21 ff; zu § 475 Abs. 3, der die Rechtsfolgen einer Nachlieferung präzisiert, o. § 5 Rn 6; zu § 475 Abs. 4 S. 1, der die Befugnis des Verkäufers einschränkt, die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten zu verweigern, o. § 5 Rn 15; zu § 475 Abs. 4 S. 2 und S. 3 sowie Abs. 5, die Bestimmungen über den Aufwendungsersatz in den Einbaufällen enthalten, o. § 5 Rn 12a; zu § 475 Abs. 6 über den Vorschussanspruch des Käufers im Rahmen der Nacherfüllung o. § 5 Rn 5 sowie schließlich zu dem Regress in der Lieferantenkette (§ 478) o. § 5 Rn 49a ff.
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§ 475 Abs. 1 von 2017 enthält zum Schutze der Verbraucher eine Abweichung von § 271: Während nach § 271 Abs. 1 die beiderseitigen Leistungen im Zweifel, d. h. mangels abweichender Vereinbarungen der Parteien, sofort zu bewirken sind, kann beim Verbrauchsgüterkauf jede Partei nur noch „unverzügliche“ Leistung verlangen (§ 475 Abs. 1 S. 1); die Leistung muss maW ohne schuldhaftes Zögern, d. h. sobald wie möglich, aber auch nicht früher erfolgen (§ 121 Abs. 1), seitens des Verkäufers aber spätestens binnen 30 Tagen, um dem Käufer auf jeden Fall Rechtssicherheit hinsichtlich der Leistungszeit zu geben (§ 475 Abs. 1 S. 2). Für den Käufer folgt aus dem Gesagten, dass er ebenfalls nicht mehr sofort, sondern nur noch ohne schuldhaftes Zögern sobald wie möglich zahlen muss. Unbenommen bleibt das Recht der Parteien, die von ihnen geschuldeten Leistungen auch sofort zu erbringen (§§ 271 Abs. 1, 475 Abs. 1 S. 3).[19] Die Regelung bedeutet z. B., dass der Verkäufer, der sich die Sache erst noch beschaffen oder sie den Wünschen des Käufers anpassen muss, nicht in Verzug gerät, wenn er sich ohne schuldhaftes Zögern darum bemüht, seine Leistungen zu erbringen.
b) §§ 476 Abs. 1, 479
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Nach § 476 Abs. 1 S. 1 darf nicht im Voraus zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433 bis 435, 437, 439 bis 443 und 474 bis 479 abgewichen werden. Die gesetzliche Regelung der Gewährleistungsrechte des Käufers ist folglich beim Verbrauchsgüterkauf (nur) zugunsten des Verbrauchers im Kern zwingendes Recht. Ausnahmen gelten lediglich noch für Schadensersatzansprüche des Käufers (§ 476 Abs. 3) (weil sich die beiden einschlägigen Richtlinien nicht mit Schadensersatzansprüchen befassen) sowie für Abreden, die der Käufer mit dem Verkäufer nach Mitteilung des Mangels trifft, z. B. für einen Vergleich über die Gewährleistungsrechte des Käufers in einem Rechtsstreit wegen der Mängel (§ 476 Abs. 1 S. 1). An die Stelle der unwirksamen Abrede tritt dann in dem (fortbestehenden) Vertrag die gesetzliche Regelung, so dass es z. B. im Falle eines unwirksamen Gewährleistungsausschlusses in den AGB des Verkäufers dabei bleibt, dass der Käufer bei Mängeln der Sache erst zurücktreten oder Schadensersatz verlangen kann, wenn er zuvor dem Verkäufer fruchtlos eine Frist zur Nacherfüllung СКАЧАТЬ