Название: Grundbegriffe der Philosophie
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Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Reclams Universal-Bibliothek
isbn: 9783159615127
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Die Bewegung der A. erfasste große Teile Europas und strahlte auf Nord- und Lateinamerika aus. Vielerorts entwickelte sie sich von einer philosophisch-literarischen Strömung zu einer sozialen Reformbewegung oder sogar zur politischen RevolutionRevolution. Die Bewegung wurde beflügelt durch die großen Erfindungen der Neuzeit (Buchdruck, Seekompass, Fernrohr, Mikroskop, Blitzableiter) und den Aufschwung der Wissenschaften, insbesondere die wissenschaftliche RevolutionRevolution des 17. Jh. (→WissenschaftWissenschaft). Neue Formen von ÖffentlichkeitÖffentlichkeit entstanden: Zahlreiche Zeitungen, politische und gelehrte Zeitschriften, Lesegesellschaften, Salons und Clubs, Schulen, Universitäten, Akademien und gelehrte Sozietäten wurden gegründet, Bibliotheken und Museen für breitere Kreise geöffnet. Da die A. sich wesentlich als Erziehungs- und Bildungsprogramm verstand, entwickelte sie eine praxisorientierte Pädagogik. In RechtRecht und Verwaltung, im Schul- und Unterrichtswesen sowie in allen anderen Lebensbereichen wurden bedeutende Reformen durchgesetzt (v. a. Kodifizierung der Grundrechte und der Verfassung; vielerorts Abschaffung des Hexereidelikts, der Folter und der Leibeigenschaft). Die amerik. Unabhängigkeitsbewegung mit der Declaration of Independence 1776, der Bill of Rights of Virginia 1776 und der amerik. Verfassung 1787, durch die sich die erste moderne Demokratie konstituierte, sowie die Franz. RevolutionRevolution mit ihrer Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen (Erklärung der Menschen- und BürgerrechtRechte) 1789 waren konkrete politische Folgen der europ. A. Aufklärung
[51]Die A. hat als Programm, Bewegung und Epoche unterschiedliche Bewertungen und Reaktionen erfahren. Legitim ist die Forderung, die A. solle sich selbst aufklären, was ganz im Sinne des A.-Programms ist. A. stieß jedoch auch auf Ablehnung. Sturm und Drang und Romantik brandmarkten sie als einseitige Vergötzung von VerstandVerstand und Nützlichkeit und setzten ihr GefühlEmotionen, Glauben und Genie entgegen (u. a. Johann Georg HamannHamann, Johann Georg, Friedrich Heinrich JacobiJacobi, Friedrich Heinrich). Konservative wie Edmund BurkeBurke, Edmund verabscheuten die Franz. RevolutionRevolution und verteidigten die Orientierung an Tradition und Autoritäten, ja selbst an Vorurteilen. Max HorkheimerHorkheimer, Max und Theodor W. AdornoAdorno, Theodor W. (Dialektik der Aufklärung, 1947; →Kritische Theorie) machten die A. pauschal für eine Verabsolutierung der »instrumentellen VernunftVernunft« zum ZweckZwecke totaler NaturNatur- und MenschMenschenbeherrschung verantwortlich; als solche müsse sie in Mythos und Barbarei »umschlagen«.Aufklärung
Es bleibt im Einzelfall zu prüfen, welche Bedenken und Vorwürfe die A. tatsächlich treffen. Unbestreitbar ist, dass die Epoche der A. hinter ihren eigenen Forderungen zurückblieb. Die Frage, in welchen Punkten das Programm der A. wünschenswert und realisierbar ist, stellt sich dagegen auch heute mit unverminderter Dringlichkeit. Aufklärung
Oliver R. Scholz
Ernst Cassirer: Die Philosophie der Aufklärung. Tübingen 1932. Neudr. 2007.
Raffaele Ciafardone: L’illuminismo tedesco. Turin 1983. – Dt.: Die Philosophie der deutschen Aufklärung. Texte und Darstellung. Bearb. von Norbert Hinske und Rainer Specht. Stuttgart 1990.
James Schmidt (Hrsg.): What is Enligthenment? [52]Eighteenth-Century Answers and Twentieth-Century Questions. Berkeley/London 1996.
Werner Schneiders (Hrsg.): Lexikon der Aufklärung. München 1995. Verb. Ausg. 2001.
Horst Stuke: [Art.] Aufklärung. In: Otto Brunner [u. a.] (Hrsg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. 1. Stuttgart 1972. S. 243–342.
Autonomie
Von seiner griech. und lat. Wortbedeutung (auto = ›selbst‹, nomos = ›Gesetz‹) her meint A.Autonomie Selbstgesetzgebung und Selbstbestimmung; der Gegenbegriff zu A. ist Heteronomie als Fremdbestimmung.
In der Antike wurde der A.-Begriff primär im Rahmen der politischen Philosophie verwendet (→PolitikPolitik). Als politische Kategorie drückte er den Anspruch und das →RechtRecht politischer Gebilde wie der griech. StadtstaatStaaten aus, die inneren Angelegenheiten unabhängig von äußerer Einmischung zu regeln (→Freiheit). In der Neuzeit kam es in der Philosophie Jean-Jacques RousseauRousseau, Jean-Jacquess und Immanuel KantKant, Immanuels, v. a. in dessen Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785), zu einer folgenreichen Verschiebung des Begriffs aus dem politischen in den moralphilosophischen Bereich (→EthikEthik). Seitdem steht A. für die grundlegende Fähigkeit von →MenschMenschen zur Selbstbestimmung und zugleich für die Bestimmung des MenschMenschen zur individuellen Ausübung sowie zur institutionellen Realisierung dieser WesenWesenseigenschaft. Autonomie
[53]In vielen Bereichen gegenwärtiger Philosophie (EthikEthik, politischePolitik und RechtRechtsphilosophie), aber auch in vielen sozialen Handlungskontexten (z. B. in der Medizin) kommt A. eine entscheidende Rolle zu. Das PrinzipPrinzip des Respekts vor A. legt fest, dass der Wille einer autonomen →PersonPerson im Regelfall zu respektieren ist. Wegen dieser zentralen Rolle besteht eine Hauptaufgabe der Philosophie darin, diesen BegriffBegriff aufzuklären und für normative Kontexte handhabbar zu machen. Dazu ist es erforderlich, Bedingungen für A. zu formulieren, die es ermöglichen, dass MenschMenschen als endliche Wesen sie für gewöhnlich erfüllen können. Umgekehrt darf nicht jede HandlungHandeln eines MenschMenschen oder jede Biographie einer PersonPerson automatisch die Bedingungen der A. erfüllen; es muss auch nichtautonome HandlungenHandeln und Lebensläufe geben können.Autonomie
Um keinen überfordernden Bedingungskatalog aufzustellen, muss A. von Autarkie (›Unabhängigkeit‹) und Authentizität (›Echtheit‹, ›Originalität‹) unterschieden werden. MenschMenschen sind zur Ausbildung und Ausübung von A. auf materielle und soziale Rahmenbedingungen angewiesen (→GesellschaftGesellschaft). Deshalb ist Autarkie als vollständige Unabhängigkeit von äußeren Vorgaben kein geeignetes Modell für A. MenschMenschen können A. nur in der Folge von Erziehung und im Kontext sozialer Ordnungen ausüben. Deshalb darf A., anders als Authentizität, mit diesen Einflüssen nicht generell unvereinbar sein. Während Authentizität von einer PersonPerson erfordert, dass sie alle ihre HandlungenHandeln auf der Grundlage von frei gewählten →WerteWerten und Normen ausführt, ist es mit A. vereinbar, dass die PersonPerson sich bei ihren Handlungen (→HandelnHandeln) auf WerteWerte und [54]Normen stützt, die durch Erziehung und kulturelleKultur Prägung erworben wurden.
Ein zentrales Ziel jeder philosophischen Theorie der A. ist, die EigenschaftenEigenschaften und Fähigkeiten zu bestimmen, aufgrund derer PersonPersonen in der Lage sind, ihr Leben als eigenes autonom zu führen. Nach allgemein geteilter Ansicht muss eine autonome PersonPerson zumindest in der Lage sein, eine kritische Selbstbewertung der eigenen WerteWerte und Normen durchzuführen, wenn sie aufgrund von KritikKritik oder neuen Problemkonstellationen dazu aufgefordert ist.Autonomie
Michael Quante
John Christman: The Inner Citadel. Essays on Individual Autonomy. New York [u. a.] 1989.
Alfred R. Mele: Autonomous Agents. From Self-Control to Autonomy. New York [u. a.] 1995. Nachdr. 2001.
Michael СКАЧАТЬ