Oh mein Gott!. Christian Schwab
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Название: Oh mein Gott!

Автор: Christian Schwab

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783990012567

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СКАЧАТЬ werden wir ihn dann beschneiden.«

      Das erheitert alle bis auf mich, meine Verkrampfung löst sich nicht wirklich durch diesen Scherz. Zumindest bete ich, dass es ein Scherz war. Immerhin verändert sich durch das Einschreiten des Oberrabbiners etwas unter den Gläubigen, ein paar von ihnen beginnen mir plötzlich zu helfen, ich habe nun eine Tora vor mir, die eine deutsche Übersetzung hat, während auf der rechten Seite die fünf Bücher Mose in hebräischer Schrift abgedruckt sind. Das Ganze nützt mir aber nichts, weil auf Hebräisch gebetet wird. Hinter mir wird mir dauernd zugerufen, Seite 69, Seite 48, Seite 98, es wird sehr viel hin- und hergesprungen zwischen den Seiten, das ist das Einzige, was mir auffällt. Zusätzlich stehe ich einfach immer auf, wenn alle anderen aufstehen und setze mich wieder hin, wenn alle anderen sich auch hinsetzen. Das machen übrigens viele Katholiken in ihrer eigenen Kirche auch nicht anders. Als jemand beginnt, Opfergeld einzusammeln, erinnert mich das ebenfalls an den katholischen Gottesdienst. Das ist meine Chance, mich etwas beliebt zu machen, und ich spende zehn Euro. Den Mann zwei Reihen hinter mir beeindruckt das scheinbar gar nicht, er zückt einen grünen Schein und spendet hundert Euro. Dafür weiß er im Gegensatz zu mir wenigstens, für wen oder was er gespendet hat.

      Ich will gerade in der Tora weiterlesen, als von der Seite schon wieder jemand ruft: »Seite 54 sind wir schon.« Der Oberrabbiner schreitet ein, gibt mir ein anderes Buch und sagt: »Nimm das, und lies einfach etwas darin.« Das mache ich, aber wenig später kommt der Mann hinter mir wieder und sagt: »Das ist das falsche Buch.« »Aber der Oberrabbiner hat es mir in die Hand gedrückt und gesagt, ich soll darin lesen«, versuche ich mich zu entschuldigen. Das Argument zählt: »Gut, wenn das der Oberrabbiner sagt, dann passt das. Der Oberrabbiner ist schlauer als alle anderen.« Dann geht er wieder zurück an seinen Platz. Überhaupt ist der jüdische Gottesdienst ein sehr lebendiger. Es wird ein paar Minuten lang innig gebetet, dann geht der eine zum anderen und bespricht etwas. Es geht nicht nur um die Auslegung der Tora, sondern auch um ganz banale Sachen wie darum, wer wo Silvester verbringt. Und dabei zieht man sich oft gegenseitig auf.

      Plötzlich betritt ein orthodox aussehender Jude die Synagoge. Er ist ganz in Schwarz gehüllt, trägt einen schwarzen Hut und einen langen Bart, und beginnt, alle zu segnen. Ich kann von verschiedenen Seiten das Wort »meschugge« hören. Jetzt bin ich an der Reihe, ich werde auch gesegnet, aber es passiert nicht umsonst, er will Geld von mir. Ich weiß nicht, ob das ein bestimmtes Ritual ist oder nicht, auf jeden Fall bin ich jetzt meinen zweiten Zehner los.

      Der Oberrabbiner kommt erneut vom Altar runter in den Gang. »Der kommt einmal im Monat in die Synagoge und segnet uns, das kostet fünf Euro. Ich sehe, du hast ihm zehn Euro gegeben, auch gut, kann er dich zwei Mal segnen.« Ich bekomme so meinen zweiten Segen und der Oberrabbiner sagt zu mir: »Vielleicht nützt es nichts, aber schaden tut es auch nicht.«

      Ernster wird es dann wieder bei der wichtigsten Passage des Morgengebets. Die Tora wird ausgehoben. Sie scheint sehr schwer zu sein, denn beim Rausholen der Tora packen gleich drei Leute mit an.

      Danach werden Gläubige eingeladen, die Tora zu berühren. Nachdem die Tora wieder in den Schrein gewandert ist, scheint das Morgengebet langsam sein Ende zu finden. Ich habe viele aufregende Momente hier erlebt und dabei das Gefühl für Zeit und Raum verloren. Es könnte auch schon Nachmittag sein, so viel ist passiert. Der Oberrabbiner packt jedoch seine Sachen zusammen und geht den Mittelgang in Richtung Ausgang, nicht ohne seinen Abgang mit seinem typischen Humor zu verfeinern. Er bleibt neben mir stehen und sagt: »So, du bist jetzt ein frommer Jude, du musst noch bleiben. Ich bin Oberrabbiner, ich darf schon gehen.« Wenig später sind aber auch die anderen am Weg nach draußen. Und dort wartet noch eine kleine Überraschung. Weil Chanukka ist, gibt es für jeden einen Krapfen und, zu meiner Verwunderung, auch einen Wodka. Und das um 8 Uhr früh. Langsam beginnt mir das Judentum richtig zu schmecken. Ob mir auch die Umstellung auf die koschere Ernährung gelingt, wird sich zeigen.

      Ich bin ganz koscher

       Wenn das Neujahrsschwein Glück hat

      Ein paar Frankfurter mit einem Pita-Brot und einem Bier dazu, das ist mein heutiges Abendmenü. Und es ist durch und durch koscher. Die Frankfurter Würste sind nicht aus Schweinefleisch, sondern vom Truthahn und außerdem von einem koscheren Fleischer hergestellt. Das Pita-Brot, wie Brot und Gebäck im Allgemeinen, ist auch koscher. Außer es wird gerade Pessach gefeiert, jenes Fest im Judentum, das an den Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei erinnert. In dieser Zeit sind Buchweizen, Roggen, Weizen, Gerste und Hafer und logischerweise alle Produkte, die daraus gemacht werden, also zum Beispiel Bier, verboten. Die Israeliten waren beim Auszug aus Ägypten derart in Eile, dass keine Zeit mehr blieb, ungesäuertes Brot herzustellen.

      Da ich meine Zeit als Jude nicht zu Pessach verbringe (im Übrigen bedeutet das so viel wie hinwegschreiten oder verschonen) ist dieses Thema für mich sozusagen gegessen. Dafür habe ich aber viele andere Fragen an den Oberrabbiner, die ich ihm bei einem unserer Treffen im Café Hawelka stelle.

      »Brauche ich einen zweiten Kühlschrank?«

      »Nein, den brauchen Sie nicht.« Nach meinem durchaus überraschten Blick führt Paul Eisenberg fort: »Sehen Sie, haben Sie schon wieder Geld gespart. Es reicht, wenn Sie das Fleisch in einer eigenen geschlossenen Box im Kühlschrank getrennt von den Milchprodukten aufbewahren.«

      »Brauche ich ein eigenes Geschirr und ein eigenes Besteck für Milch- und Fleischprodukte?«

      Der Oberrabbiner nickt. »Das brauchen Sie. Die Vermischung von Milch- und Fleischprodukten passiert erst so richtig durchs Kochen. Obst und Gemüse hingegen sind neutral, die können Sie immer essen.«

      Beim ersten Mal Hören klingt das alles viel komplizierter, als es ist. Vereinfacht merke ich mir, Fleisch und Milch werden ganz getrennt, ob im Kühlschrank, beim Kochen, in den dazugehörigen Kochtöpfen oder auf den Tellern.

      Warum aber das Ganze? Nun, die Antwort ist, wie immer im Judentum, in der Tora zu finden. Dreimal schreibt sie vor, ein Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter zu kochen (Exodus 23,19; 34,26 sowie Deuteronomium 14,21).

      Damit wieder zurück zum Oberrabbiner und meinen Fragen. »Ich habe im Internet eine Liste gefunden, in der unzählige koschere Produkte aufgezählt sind. Was hat es mit der auf sich?«

      »In der Bibel gibt es eine ganze Liste. Aber wenn Sie koscher leben wollen, dann gehen Sie ganz einfach in die koschere Bäckerei, in die koschere Fleischerei, oder in Geschäfte, wo andere koschere Produkte sind. So gehen Sie auf Nummer sicher«, so der Oberrabbiner ganz pragmatisch. Damit sind meine Fragen zum koscheren Essen fürs Erste beantwortet. Ich wusste schon vor meiner Einführung durch Rabbi Eisenberg, dass Juden kein Schweinefleisch essen, also habe ich das mit Jahresbeginn sofort weggelassen. So gesehen hat zu Neujahr das Schwein nicht mir, sondern zur Abwechslung ich dem Schwein Glück gebracht. Blöderweise hatte ich ein paar Tage zuvor am Heiligen Abend von meiner Tante jede Menge an Speck und Salami geschenkt bekommen. Mit den Essensvorräten kann ich wenigstens eine gute Tat vollbringen, wie es Brauch ist für Juden am Beginn des Pessachfestes. Sie schenken dann Brot an Nicht-Juden. So erfreut sich in diesem Monat vor allem mein Nachbar daran, dass ich Jude geworden bin. Und das mit der guten Tat ist ebenso erledigt.

      Warum darf ein Jude kein Schwein essen? Ich schlage wieder in der Tora nach. Im Kapitel 11 des Buches Leviticus finden sich genaue Anweisungen, welche Tiere gegessen werden dürfen und welche nicht. »Alles, was behuft ist und gespaltene Klauen hat und wiederkäuend ist unter den Vierfüßigen, das dürft ihr essen.« Und im 3. Buch Mose, Kapitel 11, Vers 3 und 4, steht weiter ausgeführt: »Und ein Schwein spaltet wohl die Klauen, aber es wiederkäut nicht, darum soll’s euch unrein sein.«

      Als unrein gelten ebenso Pferd und Esel, das Kamel, der Hase und alle fleischfressenden Tiere. СКАЧАТЬ