Название: Reise zum Mittelpunkt der Erde
Автор: Jules Verne
Издательство: Автор
Жанр: Научная фантастика
isbn: 9783868209532
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»Ja, übermorgen in aller Frühe.«
Ich wollte nichts weiter hören und flüchtete in mein Zimmerchen. Es war nicht mehr daran zu zweifeln. Mein Onkel hatte den Nachmittag dazu verwendet, einen Teil der Reiseutensilien anzuschaffen: Die Allee lag voller Strickleitern, Fackeln, Reiseflaschen, eisernen Haken, Spitzhacken, beschlagenen Stöcken, Spaten – wofür man mindestens zehn Mann zum Herbeischleppen brauchte. Ich brachte eine entsetzliche Nacht zu. Am folgenden Morgen hörte ich schon früh, wie man mich rief. Ich war entschlossen, meine Tür nicht zu öffnen. Aber wie hätte ich einer so süßen Stimme widerstehen können, die mir zurief: »Lieber Axel!« Ich ging aus meiner Kammer und dachte, mein verstörtes, blasses Aussehen, meine roten Augen würden auf Gretchen wirken, sodass sie ihre Gedanken änderte.
»Nun! Mein lieber Axel«, sagte sie zu mir. »Ich sehe, du befindest dich besser und die Nacht hat dich beruhigt.«
»Beruhigt?«, fragte ich.
Ich eilte vor meinen Spiegel. Ei nun! Ich sah nicht so übel aus wie ich gedacht hatte. Kaum zu glauben.
»Axel«, sagte Gretchen zu mir. »Ich habe gestern lange mit meinem Vormund geplaudert. Er ist ein kühner Gelehrter, ein mutiger Mann, und du wirst dich erinnern, dass sein Blut in deinen Adern fließt. Er hat mir von seinen Plänen erzählt, von seinen Hoffnungen, weshalb und wie er sein Ziel zu erreichen gedenkt. Ich zweifle nicht, dass er es erreichen wird. Ach! Lieber Axel, wie schön ist es, sich so seiner Wissenschaft hinzugeben! Welcher Ruhm wird Herrn Lidenbrock zuteil werden und auf seinen Genossen abfärben! Bei der Rückkehr wirst du ein Mann sein, seinesgleichen, frei zu reden, zu handeln, frei endlich zu ...«
Errötend stockte das Mädchen. Seine Worte machten mir wieder Mut. Dennoch wollte ich noch nicht an unsere Abreise glauben. Ich zog Gretchen mit mir in das Arbeitszimmer des Professors.
»Lieber Onkel«, fragte ich. »Es ist also ausgemacht, dass wir abreisen?«
»Wie? Du zweifelst noch daran?«
»Nein«, sagte ich, um ihm nicht zu widersprechen. »Nur möchte ich Sie fragen, ob es solch eine Eile damit hat.«
»Jawohl! Die Zeit drängt! Die Zeit, die unwiederbringlich schnell entflieht!«
»Wir haben ja doch erst den 26. Mai und bis Ende Juni ...«
»Hm! Meinst du denn, Unwissender, dass man so leicht nach Island kommt? Wärest du nicht wie ein Narr vor mir weggelaufen, so hätte ich dich mit auf das Kopenhagener Büro zu Liffender & Cie. genommen. Da hättest du erfahren, dass von Kopenhagen nach Reykjavik nur einmal monatlich, am 22., ein Boot abgeht.«
»Und?«
»Und? Wenn wir bis zum 22. Juni warten würden, würden wir zu spät ankommen, um zu sehen, wie ›des Scartaris Schatten den Krater des Sneffels liebkost‹. Wir müssen daher so schnell wie möglich nach Kopenhagen kommen, um daselbst für die Überfahrt ein Beförderungsmittel zu finden. Geh und pack deinen Koffer!«
Darauf war kein Wort zu entgegnen. Ich begab mich wieder in mein Zimmer. Gretchen folgte mir nach und bemühte sich selbst, meine Reiseutensilien in einen kleinen Ranzen zu packen. Das betrübte sie doch weniger, als wenn es sich um einen Ausflug nach Lübeck oder nach Helgoland gehandelt hätte. Ihre kleinen Hände bewegten sich ohne Eile hin und her. Sie redete ruhig und zählte mir die plausibelsten Gründe zugunsten unserer Unternehmung auf. Sie wirkten zauberhaft auf mich und ich konnte ihr nicht zürnen. Manchmal, wenn ich aufbrausen wollte, achtete sie nicht darauf und setzte mit methodischer Ruhe ihre Arbeit fort. Endlich war der letzte Riemen des Ranzens geschnallt und ich kam herab ins Erdgeschoss.
Diesen Tag über kamen die Lieferungen von physikalischen Instrumenten, Waffen, elektrischen Apparaten noch häufiger. Die gute Martha verlor den Kopf.
»Ist der Herr ein Narr geworden?«, fragte sie mich.
Ich machte ein Zeichen der Bestätigung.
»Und er nimmt Sie mit?«
Gleiches Ja.
»Wohin soll es denn gehen?«, fragte sie.
Ich deutete mit dem Finger nach dem Innern der Erde.
»In den Keller?«, fragte die alte Dienerin.
»Nein«, antwortete ich, »noch tiefer hinab!«
Der Abend kam. Ich wusste gar nicht mehr, wie die Zeit verflossen war.
»Morgen früh«, sagte mein Onkel, »exakt um sechs Uhr reisen wir ab.«
Um zehn Uhr sank ich wie eine träge Masse auf mein Bett. Während der Nacht kam mir wieder die Angst. Ich träumte in einem fort von Abgründen! Ich verfiel dem Wahnsinn. Ich fühlte mich von des Professors starker Hand ergriffen, fortgezogen, in einen Schlund gestürzt. Ich fiel in unergründliche Schluchten hinab mit der wachsenden Schnelligkeit fallender Körper. Mein Leben war nur noch ein endloses Fallen. Um fünf Uhr wachte ich auf, zerschlagen von Erschöpfung und Aufregung. Ich begab mich ins Speisezimmer hinab. Mein Onkel saß am Tisch und schlang sein Frühstück hinunter. Ich blickte ihn mit einer Art Grauen an. Aber Gretchen war zugegen. Ich sprach nichts, konnte auch nichts essen. Um halb sechs Uhr hörte man das Rattern eines Wagens in der Straße. Es kam eine große Kutsche, die uns zur Altonaer Eisenbahn bringen sollte. Sie war bald mit den Koffern meines Onkels bepackt.
»Und dein Koffer?«, fragte er mich.
»Er ist gepackt«, antwortete ich und es wurde mir schwach.
»So bring ihn schnell herunter oder du bist schuld, wenn wir den Zug verpassen!«
Gegen mein Schicksal anzukämpfen, schien mir damals unmöglich. Ich begab mich wieder in meine Kammer, ließ meinen Ranzen die Treppe hinabrutschen und folgte hinterdrein. In diesem Augenblick gab mein Onkel die ›Zügel‹ seines Hauses in Gretchens Hände. Meine hübsche Vierländerin bewahrte ihre gewohnte Ruhe. Sie umarmte ihren Vormund, konnte aber, als sie meine Wange mit ihren süßen Lippen berührte, eine Träne nicht zurückhalten.
»Gretchen!«, sprach ich.
»Geh, lieber Axel, geh!«, sagte sie zu mir. »Du verlässt deine Braut, aber bei der Rückkehr findest du deine Frau.«
Ich schloss Gretchen in meine Arme, dann setzte ich mich in den Wagen. Martha und das junge Mädchen sagten uns von der Schwelle des Hauses aus Lebewohl. Darauf rannten die Pferde, durch das Pfeifen ihres Kutschers auf Trapp gebracht, im Galopp über die Altonaer Straße.
8. Auf dem Weg nach Island
ACHTES KAPITEL Auf dem Weg nach Island
V
on Altona aus, welches zu den Außenbezirken Hamburgs gehört, führt eine Eisenbahn nach Kiel, von wo wir ans Ufer des Belts gelangten. In zwanzig Minuten kamen wir auf holsteinisches Gebiet. Um halb sieben hielt der Wagen vor dem Bahnhof; die zahlreichen Gepäckstücke meines Onkels, seine umfangreichen Reiseartikel wurden abgeladen, transportiert, gewogen, etikettiert, in den Gepäckwagen verladen СКАЧАТЬ