Название: In der Stadt
Автор: Andreas Jaun
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Natur erleben
isbn: 9783258477183
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Gebäude und Brücken
Grünflächen und andere natürliche Strukturen wie Bäume sind offensichtlich wichtige Elemente für die Artenvielfalt einer Stadt. Es gibt aber noch verschiedene andere Strukturen, die gerne von bestimmten Tier- und Pflanzenarten besiedelt oder genutzt werden. So dienen Gebäudefassaden, aber auch Bauwerke wie Brücken zahlreichen Arten als Lebensraum, Versteck oder Niststandort. Viele dieser Arten lebten oder nisteten früher fast ausschließlich an Felswänden und haben somit an Gebäuden und Brücken geeignete Ersatzlebensräume gefunden. Typische Bewohner solcher «Felswände» sind Felsenbrüter wie Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros), Mauersegler (Apus apus) und Wanderfalke (Falco peregrinus).
An Gebäuden finden aber auch Arten aus verschiedenen anderen Lebensräumen Unterschlupf und Neststandorte. Dazu zählen auch manche Waldarten, die ursprünglich in oder an Bäumen brüten und nun in Dörfern und Städten vergleichbare Strukturen auch an Gebäuden finden. Besonders wertvoll sind in dieser Hinsicht alte Gebäude mit oftmals reich strukturierten Fassaden, Nischen und Dachvorsprüngen. An neuen oder energetisch sanierten Gebäuden fehlen hingegen die wertvollen Nischen und Zugänge oft. Vielerorts wurden aber durch Naturschutzorganisationen oder Einzelpersonen auch wieder künstliche Nisthilfen angebracht. Sind diese fachgerecht ausgeführt und gut positioniert, werden sie in der Regel gerne angenommen.
Alte Bauten bieten verschiedene Verstecke und Unterschlupfmöglichkeiten.
Nest eines Hausrotschwanzes (Phoenicurus ochruros) mit Nestlingen in einer Gebäudenische
Neben den Gebäudefassaden können auch Dächer Ersatzlebensräume bieten. Sie sind der Sonneneinstrahlung, aber auch Wind, Niederschlägen und Kälte stark ausgesetzt. Auf den Dächern kommt es daher zu extremen Schwankungen bezüglich Temperatur und Feuchtigkeit. Mit solchen stark und schnell wechselnden Bedingungen kommen nur besonders angepasste Arten zurecht, insbesondere Flechten, Moose, aber auch einige höhere Pflanzen. Neben der Nutzung durch Vögel als Sing- oder Jagdwarte können besonders alte Dächer mit ihren Nischen auch als Niststandorte dienen. Eine Sonderstellung nehmen die Flachdächer ein: Werden diese nicht von Menschen genutzt, so sind sie oft mit Kies oder einer extensiven Begrünung bedeckt. Derart «unberührte» Standorte können eine erstaunliche Artenvielfalt entwickeln. Auf großen ausgedehnten Flachdächern wurden sogar schon verschiedene bodenbrütende Vogelarten, u.a. der vielerorts seltene Kiebitz (Vanellus vanellus), nachgewiesen.
Verschiedene Tierarten besiedeln nicht nur die Gebäudehülle, sondern auch das Gebäudeinnere. Während einige nur in selten benutzten Teilen wie Dachstock oder Keller anzutreffen sind, gibt es auch solche, die sogar in unseren Wohnungen leben und mit denen wir das Bett teilen.
Wo gebaut wird, entstehen immer wieder neue Materialdepots und Rohbodenflächen. Diese werden von Pflanzen meist rasch besiedelt.
Baustellen
Es gibt wohl keine Stadt, wo nicht stets irgendwo mindestens eine große und viele kleine Baustellen in Betrieb sind. Besonders auf größeren Baustellen, die längere Zeit bestehen, siedeln sich gerne bestimmte Tiere und Pflanzen an. Charakteristisch für Baustellen sind die offenen und durch den fehlenden Humus auch nährstoffarmen Bodenoberflächen. Dort gibt es trockene und sandige, aber auch schlammige Bereiche oder sogar temporäre Gewässer. Meistens gibt es auch Bereiche, wo längere Zeit nicht gearbeitet wird und daher auch potenzielle Bewohner nicht gestört werden. Arten, die unter den kargen Baustellenbedingungen leben können, werden als Pionierarten bezeichnet. Unter diesem Begriff fasst man Tiere und Pflanzen zusammen, die erst kürzlich entstandene Lebensräume besiedeln. Sie kommen mit dem knappen Nährstoffangebot und den harschen und schnell wechselnden Lebensbedingungen besonders gut zurecht. Ohne neue Störungen des Lebensraumes werden sie aber in der Regel bald einmal durch nachfolgende Arten verdrängt. Pionierarten sind daher auf immer neue Pionierstandorte angewiesen. Sie sind in der Regel auch sehr mobil. Die Pflanzen unter den Pionierarten verfügen hierzu über entsprechend angepasste Ausbreitungsstrategien. Typische Pionierarten sind Klatschmohn (Papaver rhoeas) und gewisse Schmetterlingsblütler. Letztere können durch eine Symbiose mit Bakterien den Luftstickstoff in den Bodenporen zu mineralischem Stickstoff umwandeln. So erhalten die Pflanzen auch auf kargen Böden genügend Nährstoff. Als Gegenleistung erhalten die an den Wurzeln lebenden Knöllchenbakterien von der Pflanze Zuckerstoffe.
Der Klatschmohn (Papaver rhoeas) ist eine Pionierart, die oft auf Baustellengeländen zu finden ist.
Vorteile durch Symbiose
Rohböden, wie sie auf natürlichen Pionierstandorten oder auch auf Baustellen zu finden sind, zeichnen sich meistens durch Nährstoffknappheit aus. Einer dieser knappen, aber wichtigen Pflanzennährstoffe ist Stickstoff. Stickstoff ist mit rund 78 % der Hauptbestandteil unserer Luft und daher auch im trockenen Porenraum des Bodens überall vorhanden. Aber dieser elementare Stickstoff (N2) kann von den Pflanzen nicht genutzt werden. Über die Wurzeln können ihn die Pflanzen nur in mineralischer Form (z.B. Nitrat) aufnehmen. Durch die Symbiose mit bestimmten Bakterien, den sogenannten Knöllchenbakterien, können die Pflanzen aber den Stickstoff in der Bodenluft nutzen. Nach der «Infektion» der Wurzelzellen mit den Bakterien, veranlassen diese eine Teilung und Vergrößerung СКАЧАТЬ