Название: In der Stadt
Автор: Andreas Jaun
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
Серия: Natur erleben
isbn: 9783258477183
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Natürlich tragen Tierparks oder Botanische Gärten zur hohen Artenvielfalt bei. Ein bedeutender Teil der städtischen Artenvielfalt ist auch auf die vielen, oft exotischen Arten, die in unseren Häusern und Wohnungen leben, zurückzuführen. Schließlich sollte man auch die zahlreichen durch Handel und Tourismus eingeschleppten Neophyten und Neozoen nicht vergessen. Ein ganz beträchtlicher Anteil des Artenreichtums sind aber auch mitteleuropäische Arten, die sich auf städtischem Gebiet angesiedelt haben oder dieses zumindest temporär nutzen. Untersuchungen haben ergeben, dass dies bei mehreren Hundert Tierarten der Fall ist. Wieso kommen aber Tiere und Pflanzen in die Stadt?
Städte bestehen nicht nur aus vom Menschen geschaffenen und intensiv genutzten Strukturen (Siedlungen, Industrie, Verkehrswege etc.), sondern umfassen auch Waldgebiete, Gewässer und naturnahe Parkanlagen. Zudem sind Städte durch sehr viele unterschiedlich genutzte Teilflächen geprägt, was zu einer großen Heterogenität städtischer Lebensräume führt. Aus diesem Grunde finden auf kleinem Raum viele Arten eine Nische zum Leben. Entsprechend sind sogar dicht verbaute Innenstädte und Industriezonen manchmal erstaunlich artenreich. Vielerorts sind es vor allem die Spezialisten unter den Tieren und Pflanzen, die Städte zu besiedeln vermögen, weil die durch Beton und Asphalt versiegelten Flächen hohe Anforderungen an sie stellen. Spezialisten sind oftmals sogar in grünen und vordergründig naturnahen Parkanlagen gefragt, weil die intensiv gepflegten «Englischen Rasenflächen» für die meisten Arten wenig wertvoll und aufgrund der intensiven Pflege schwer zu besiedeln sind. Wesentlich leichter ist dies hingegen in «verwilderten» Gärten und gewissen Industriebrachen. Schliesslich müssen Wildtiere auch mit den Störungen durch die vielen Menschen und deren Haustiere zurechtkommen.
Alle diese Flächen und Gebiete sind bei Weitem keine natürlichen Lebensräume. Aber unterscheiden sie sich wirklich so grundsätzlich von ländlichen Regionen? Auch Blumenreiche Wiesen, Weiden und Hecken und sogar die meisten Wälder sind in ihrer heutigen Form durch den Menschen geschaffen worden oder sehr stark durch diesen geprägt; auch hier kann die Natur nicht in ihrer ursprünglichen Form beobachtet und erlebt werden.
Vielleicht sollten wir einmal ganz grundsätzlich die Vorstellung hinterfragen, dass die Stadt ein unnatürlicher Lebensraum ist. Es sind ja nicht nur Menschen, die «künstliche» Strukturen schaffen; Vögel, Ameisen und Dachse tun mit ihren Nestern, Haufen und Bauten genau dasselbe. Und da liegt auch ein zentraler Diskussionspunkt: nämlich die Frage, ob wir uns selber als einen Teil der Natur oder davon losgelöst betrachten wollen. Aus Sicht von Tieren und Pflanzen werden unsere Städte hingegen kaum als naturfremd wahrgenommen, sondern als relativ neuer und schnell wachsender Lebensraum. Einige Arten konnten sich an diesen anpassen und sogar von neuen Möglichkeiten profitieren, während viele andere weichen mussten und sich in die verbleibenden ursprünglichen Lebensräume zurückzogen. Dies ist ein Prozess, der nicht nur in städtischen Lebensräumen geschieht, sondern überall da, wo es zu Veränderungen kommt – seien diese nun natürlich oder «künstlich». Mit diesen Gedanken soll aber keinesfalls die oftmals verantwortungslose Zerstörung der ursprünglichen Lebensräume legimitiert werden. Vielmehr gilt es, mit einer angepassten Raumplanung und entsprechenden Maßnahmen auch in Städten wertvolle Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu schaffen.
Das Gänseblümchen (Bellis perennis) ist in Städten häufig zu finden.
Viele Stadtteile weisen eine ausgeprägte horizontale und vertikale Gliederung auf.
Stadt und Dorf als Ersatzlebensraum
Obwohl Städte Tiere und Pflanzen nicht einfach automatisch ausschließen, sind in den sehr intensiv genutzten und dicht überbauten Zonen kaum seltene Arten zu erwarten. Es ist aber die für Städte typische heterogene und kleinräumige Struktur, die zahlreichen Arten eine Nische bietet. Sie gleichen dabei mitunter den früher in Europa vorherrschenden kleinräumigen Landwirtschaftsflächen, die in den vergangenen Jahrzehnten aber zunehmend durch Monokulturen und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu außerordentlich artenarmen und schwer zu besiedelnden Flächen geworden sind. Viele der ursprünglich dort heimischen Arten sind daher in die Dörfer und Städte abgewandert, wo sie aufgrund der außerordentlichen Strukturvielfalt auf relativ kleinem Raum einigermaßen geeignete Ersatzlebensräume finden konnten. Viele Pflanzen- und Tierarten, die auf diese Weise in die von Menschen bewohnten Zonen vorgedrungen sind, werden entsprechend als «Kulturfolger» bezeichnet.
Auch auf kleinem Raum lassen sich Lebensräume für Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer und andere Kleintiere schaffen.
Parkanlagen und Stadtwälder
Parkanlagen und Stadtwälder sind oft die naturähnlichsten Lebensräume in städtischen Gebieten. Manchmal ist die Abgrenzung zwischen baumreichen Parkanlagen und Stadtwäldern nicht ganz eindeutig zu ziehen. Parkanlagen umfassen meistens sowohl Grünflächen mit Blumenbeeten als auch Baumbestände. Je nach Größe, Architektur, Nutzungs- und Erschließungsgrad können sich die Artenzusammensetzung und die Vielfalt solcher Anlagen stark unterscheiden. Geometrisch angelegte, mit Zierpflanzen und Zierteichen versehene und intensiv gepflegte Pärke sind oft relativ arm an einheimischen Tier- und Pflanzenarten. Für interessante Naturbeobachtungen am erfolgsversprechendsten könnten hier allenfalls vorhandene alte Baumbestände oder Teiche sein. Am anderen Ende des ökologischen Spektrums sind die Stadtwälder anzusiedeln, die sich manchmal kaum von Wäldern auf dem Land unterscheiden. Oft liegen sie auch in peripheren Bereichen der Städte und sind daher mit dem Umland vernetzt. Aufgrund ihrer Struktur und Baumzusammensetzung bieten sie vielen typischen Waldarten Lebensraum. Die Nutzung als Naherholungsraum kann aber für störungsempfindlichere СКАЧАТЬ