Название: Die Nacht wird hell wie der Tag
Автор: Stephan Wahl
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 9783429061692
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gelegt haben.
Die Fastenzeit leben heißt,
daran denken und deshalb verzichten.
Auf Überflüssiges:
dumme Sprüche, schnelle Antworten
ohne nachzudenken.
Nüchtern werden
im wahrsten Sinne des Wortes,
die Sinne schärfen.
Hellwach sein für das,
was um mich herum passiert.
Fasten heißt verzichten,
heißt leiser werden,
behutsamer mit sich
und anderen.
Unterscheiden,
sich nicht von Stimmungen leiten lassen,
nicht allem nachplappern,
das ist Originalton Jesu:
„Kehr um und glaub an das Evangelium.“
Das kleine Kreuz
vom Aschermittwoch
bleibt unsichtbar
auf meiner Stirn.
Barmherzigkeit
Über die Liebe predige
ich nicht allzu gern.
Das hat immer etwas Eigenartiges,
wenn sich katholische Pfarrer,
vollmundig und äußerst beredt,
und vor allem langatmig,
dieses Thema vornehmen.
Aber über eine
sehr praktische Übersetzung
dieses hohen Begriffs
spreche ich gern:
über die Barmherzigkeit.
Für mich ist es das
schönste und wichtigste
Attribut Gottes.
Gott ist barmherziger mit uns
als wir mit uns selbst.
Barmherzigkeit ist eine Hauptvokabel im Evangelium.
Sie setzt moralische Maßstäbe,
Eckpfeiler, Prinzipien nicht außer Kraft,
ist kein Freibrief für Beliebigkeit.
Aber zeigt deutlich,
dass nicht alle über einen Kamm zu scheren sind.
Gott begleitet uns auf unseren Wegen,
und das können manchmal auch Umwege sein.
Christ werden,
das dauert das ganze Leben.
Jede und jeder versucht es,
egal welcher gesellschaftlichen Gruppe
sie angehören,
welchen sozialen Status sie haben,
ob sie in Familie leben,
allein oder in anderer
verantwortungsbewusster Partnerschaft.
Egal in welcher Partei sie sich
zu ihrem Christsein bekennen.
Mit Recht fordern Christen aller Konfessionen
immer wieder deutlich den Schutz
von Ehe und Familie.
Ebenso aber möchte ich nicht auf die verzichten,
die dabei durch diese oft sehr eng
geknüpften Maschen fallen.
Menschen, die von außen besehen die Norm erfüllen,
sind für mich noch nicht per se
Garanten für moralische Glaubwürdigkeit.
Das können sie sein.
Müssen sie aber nicht.
Gauner gibt es unter Familienvätern
genauso wie bei Alleinerziehenden.
Großartige Persönlichkeiten bei Schwulen
genauso wie bei Menschen, die bewusst allein leben.
Und genauso umgekehrt.
Jesu Jüngerwelt war schon damals bunter,
als wir es heute wahrhaben wollen.
„Liebe, und dann tue, was du willst“ –
der Satz stammt nicht von der Berliner Loveparade,
sondern vom Kirchenvater Augustinus.
Lieben kann schon mal damit anfangen,
wenn man Respekt vor anderen Lebensweisen hat,
ohne sie selbst zu leben.
Wenn man die Sehnsucht von Menschen achtet,
so lieben zu dürfen, wie sie sind.
Und wenn man barmherzig mit Scheitern umgeht.
… nicht nur Himmlisches
„Selig sind nicht die Auf- und Abgeklärten,
denn ihr erhabenes Licht genügt,
die Reifen, denen nichts zu tun bleibt,
als vom Baum zu fallen.
Sondern selig die Umgetriebenen,
die Aufgescheuchten,
die täglich neu vor meinen Rätseln stehen
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