Der Schoppenfetzer und der tödliche Rausch. Günter Huth
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Название: Der Schoppenfetzer und der tödliche Rausch

Автор: Günter Huth

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783429064914

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СКАЧАТЬ war mit seinem Einsatz einverstanden gewesen. Er bekam eine passende Legende und einen entsprechenden Lebenslauf geschneidert, der ihn in der Szene vertrauenswürdig erscheinen ließ. Nach dieser Vita hatte er gerade eine vierjährige Freiheitsstrafe wegen Drogenhandels abgesessen und befand sich auf Bewährung auf freiem Fuß. Da das LKA den Verdacht hatte, dass sich irgendwo in Würzburg ein Drogenlabor befand, zog Marschmann in die Mainmetropole. Sein Bewährungshelfer vermittelte ihm über die Stadtverwaltung auf dem Heuchelhof eine Sozialwohnung. Marschmann suchte nach einem Job, denn er brauchte dringend Geld. Da er laut dieses neuen Lebenslaufs früher einmal gekellnert hatte, bekam er in einer Würzburger Bar einen Job als Barkeeper. Dort entwickelten sich schnell Kontakte zu einschlägigen Kreisen. Immer wieder deutete er bei passender Gelegenheit an, dass er wieder aktiv mitmischen wollte, weil er Geld benötigte. Eines Tages wurde er in der Bar von einem Typen angesprochen, der ihm anbot, kleinere Kurierdienste zu verrichten.

      Dem LKA war klar: Marschmann musste, um von der Organisation anerkannt zu werden, kleinere Straftaten begehen.

      Zunächst wurde er von seinem Verbindungsmann nur als Drogenkurier in Franken eingesetzt, später auch zwischen Bayern und Hessen. Aus den Gesamtumständen schloss er, dass der Stoff in Unterfranken hergestellt wurde. Der Verdacht, dass Würzburg Produktionsstätte sein könnte, erhärtete sich. Als Marschmann allerdings auch nach drei Monaten noch keinen Schritt weitergekommen war, beschloss die Ermittlungsgruppe im Landeskriminalamt, ihre Strategie zu ändern. Marschmann alias Grossmann musste der Spitze der Organisation irgendwie positiv auffallen, damit er aufsteigen konnte. Beim nächsten Transport von Würzburg nach Frankfurt plante man eine Aktion. Auf dem letzten Parkplatz vor der hessischen Grenze wollte man einen Kontrollpunkt einrichten und eine groß angelegte Drogenrazzia durchführen. Marschmanns Aufgabe sollte es sein, die Kontrolle zu durchbrechen und erfolgreich vor der Polizei zu flüchten. Diese Aktion, so glaubte man im LKA, würde ausreichen, um sich der Spitze der Organisation zu empfehlen.

      Doch es kam anders. Als Marschmann an diesem Tag in Würzburg losfahren wollte, glitt im letzten Augenblick ein Mann auf den Beifahrersitz. Marschmann warf ihm einen überraschten Seitenblick zu. Es handelte sich eindeutig um einen Türken.

      „Fahr los!“, sagte der Unbekannte knapp, während er sich anschnallte. „Ich bin Ercan Yülan und werde dich ein Stück begleiten. Los, Grossmann, gib Gas, ich habe es eilig!“ Auffordernd sah er Marschmann an, dabei lächelte er.

      Verdammt, das war Yülan, der Boss, persönlich, schoss es Marschmann durch den Kopf. Aber was hatte der Mann für eine Stimme! Marschmann hatte erhebliche Mühe, sich sein Erstaunen über deren extrem hohen Klang nicht anmerken zu lassen. Was seine Stimmbänder erzeugten, war reinstes Falsett! Diese hohen Töne standen im krassen Gegensatz zur Figur des Mannes. Yülan war sicher über einsneunzig groß, kräftig und durchtrainiert. Unter dem linken Ärmel seines teuren Jacketts war eine eindeutige Ausbeulung zu erkennen. Der Typ war bewaffnet!

      „Verdammt, Grossmann, jetzt mach schon! Oder hast du ein Problem?“ Seine Augen bekamen einen harten Glanz, als er Marschmanns Zögern bemerkte. Das Lächeln blieb dabei jedoch in seinem Gesicht wie eingemeißelt stehen.

      Marschmann wusste natürlich, wie Yülan in der Organisation genannt wurde. Er riss sich zusammen, ignorierte die Stimme und das Lächeln und startete den Motor. Viel mehr beschäftigte ihn die Frage, wieso sich der Boss, der sich, wie er wusste, normalerweise immer im Hintergrund hielt, in sein Fahrzeug gesetzt hatte. War etwa seine Tarnung aufgeflogen? Marschmann merkte, wie seine Handflächen feucht wurden. War er jetzt womöglich auf dem Weg zu seiner eigenen Hinrichtung?

      Bei Heidingsfeld fuhren sie auf die A 3 und Marschmann alias Grossmann gab Gas. Auf der Fahrt bis Marktheidenfeld sprach Yülan kein Wort. Marschmann hatte den Eindruck, dass er tief in Gedanken versunken war. Die Anspannung des verdeckten Ermittlers stieg fast ins Unerträgliche. Wenn Yülan bei der Kontrolle mit im Auto saß, würde der ganze Plan auffliegen. Marschmanns Schusswaffe war mit Platzpatronen geladen, so dass er schießen konnte, ohne jemanden zu verletzen. Von den kontrollierenden Beamten waren drei bestimmt, die ebenfalls mit Platzpatronen auf den flüchtigen Grossmann schießen sollten. Marschmann war klar, dass Yülan im Ernstfall von seiner scharfen Waffe Gebrauch machen würde. Für die völlig überraschten Kollegen bestand Lebensgefahr! Marschmann musste den Einsatz unbedingt stoppen! Er beschloss, bei der Raststätte Spessart einen kurzen Stopp einzulegen. Ihm war klar, dass sein Boss etwas dagegen haben würde. Die Hohlräume seines Fahrzeugs waren mit Heroin vollgestopft, das für den Frankfurter Markt bestimmt war. Mit so einer brisanten Fracht machte man normalerweise keine Pause.

      „Es tut mir leid, Herr Yülan“, begann Marschmann wenige Kilometer vor der Raststätte und verzog das Gesicht, „aber ich muss mal dringend zur Toilette.“

      Der Lächler sah seinen Fahrer mit zusammengekniffenen Augen an. „Was soll der Unsinn? Du kannst mit dem Zeug im Wagen nicht anhalten.“

      „Ich weiß“, gab Marschmann zurück, „aber ich habe gestern Sushi gegessen und ich fürchte, ich habe das Zeug nicht richtig vertragen. Jedenfalls habe ich echte Verdauungsprobleme.“

      Yülan gab ein Knurren von sich. „Okay, dann fahr den nächsten Parkplatz an. Ich werde hier im Wagen bleiben.“

      „In ein paar Minuten sind wir an der Raststätte Spessart“, erklärte Grossmann erleichtert.

      „Keine Raststätte!“ Das Fauchen seiner Stimme strafte sein Lächeln Lügen. „Nimm den nächsten Parkplatz, dort gibt es auch eine Toilette.“

      Marschmann fluchte innerlich. „Hoffentlich halte ich noch so lange durch“, stöhnte er mit verkniffener Miene und drückte das Gaspedal weiter durch.

      Yülan holte ein Handy aus seinem Jackett. Er wählte eine Nummer und sprach einige Sätze in türkischer Sprache in das Telefon. Danach steckte er das Telefon wieder ein. Marschmann hatte kein Wort verstanden.

      Dank der hohen Geschwindigkeit passierten sie zehn Minuten später den Rastplatz Spessart. Um sein dringendes Bedürfnis zu demonstrieren, gab Marschmann hin und wieder ein gepresstes Schnaufen von sich. Es dauerte fast zwanzig Minuten, ehe das erlösende Schild auftauchte, das auf einen Parkplatz in zwei Kilometern Entfernung hinwies. Yülan deutete nur wortlos darauf.

      Auf dem Platz, dicht beim WC, stand lediglich eine große Limousine. Etwas entfernt stand ein Camper, dessen Insassen auf einer Bank saßen und aßen. Dahinter parkte ein Geländewagen mit Anhänger. Der Fahrer war nicht zu sehen. Sonst war der Parkplatz leer. Grossmann fuhr bis dicht vor das Toilettenhaus, dann machte er den Motor aus und sprang aus dem Fahrzeug.

      „Halt! Dein Handy!“, rief Yülan und hielt ihm auffordernd die Hand hin.

      „Ich verstehe nicht?“, erwiderte Grossmann.

      „Reine Vorsichtsmaßnahme“, lächelte Yülan.

      Marschmann stieß innerlich einen Fluch aus, griff in die Tasche und reichte dem Türken hastig sein Mobiltelefon. Yülan war wirklich extrem misstrauisch. Dann wandte er sich ab und eilte zur Toilette.

      Kaum hatte er eine der Kabinen hinter sich verriegelt, als er auch schon ein zweites Handy aus der Tasche zog. Das Mobiltelefon, das er dem Drogenboss übergeben hatte, war präpariert. Es befanden sich nur harmlose Kontakte darauf, die jederzeit einer Überprüfung durch die Organisation standhalten würden. Er schrieb hastig eine kurze SMS, mit der er den Einsatz abblies, und sandte sie an eine Kontaktnummer, die nur er kannte und die nur ihm zur Verfügung stand. Er steckte das Telefon wieder ein. Einer inneren Eingebung folgend, zog er seine Pistole aus dem Schulterholster. Es handelte sich hierbei natürlich nicht um eine Dienstwaffe, sondern um eine unregistrierte Beretta, Kaliber 9 mm Parabellum, vom Frankfurter Schwarzmarkt. Die Spezialisten СКАЧАТЬ