Gott - Offenbarung - Heilswege. Hans-Joachim Höhn
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Название: Gott - Offenbarung - Heilswege

Автор: Hans-Joachim Höhn

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783429060213

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      31 Vgl. ARISTOTELES, Metaphysik: „Es ist unmöglich, dass eine Aussage und ihre Leugnung in bezug auf dasselbe zugleich wahr sei“ (Met. IV 6, 1011b, 15–17). Logische Widerspruchsfreiheit korreliert mit ontologischer Widerspruchsfreiheit: „Es ist unmöglich, dass dasselbe demselben und unter derselben Hinsicht zugleich zukomme und nicht zukomme“ (Met. IV 3, 1005b, 19 f.). Siehe hierzu auch A. J. SCHLICK, Über den Satz des Widerspruchs im vierten Buch der aristotelischen Metaphysik, Würzburg 2011.

      32 Zur Bedeutung des Nichtwiderspruchsprinzips als Richtmaß jedweden sinnvollen Denkens siehe St. SCHICK, Contradictio est regula veri. Die Grundsätze des Denkens in der formalen, transzendentalen und spekulativen Logik, Hamburg 2010.

      33 Für maßgeblich und Maßstäbe setzend bei der Operationalisierung des Nichtwiderspruchsprinzips halte ich im Kontext zeitgenössischer Rationalitätstheorien das Konzept diskursiver Rationalität, welches die Objektivität und Normativität der Vernunft als Intersubjektivität argumentativ gestützter und konsensuell beglaubigter Handlungsgründe rekonstruiert und den Test auf die Universalisierbarkeit von Daseinsdeutungen und Handlungsorientierungen mit der Zustimmung aller von ihrer Umsetzung betroffenen Subjekte als Teilnehmer eines rationalen Diskurses verknüpft. Es handelt sich hierbei um ein Vernunftkonzept, das am ehrgeizigsten sowohl die rationalitätskritischen Lektionen der Moderne verarbeitet als auch eine Begründung der Sache der Vernunft aus unhintergehbaren Ermöglichungsgründen des Denkens und Handelns nicht vorzeitig aufgibt. Zur ausführlichen Erörterung der Relevanz dieses Ansatzes für die Diskussion religiöser Geltungsansprüche siehe H.-J. HÖHN, Zeit und Sinn. Religionsphilosophie postsäkular, Paderborn/München/Wien/Zürich 2010, 73–104.

      § 3 Streitfälle:

      Gott – Offenbarung – Heilswege

      Jeder Streit hat eine Vorgeschichte. Er kann zwar plötzlich ausbrechen, aber er bleibt ohne Schärfe und Dramatik, wenn ihm nicht ein Konflikt zugrunde liegt, der schon längere Zeit schwelt. Dies unterstellt auch der folgende Versuch einer Neuformatierung der klassischen fundamentaltheologischen demonstrationes. Sie sind per se als Streitfälle zu betrachten. Denn wer für etwas demonstriert und mit Transparenten auf die Straße geht, setzt sich für ein Anliegen ein, dem es an Anerkennung mangelt. Nicht anders verhält es sich mit den großen Themen der Fundamentaltheologie. Wer/was es verdient, in Wahrheit und Wirklichkeit „Gott“ genannt zu werden, ob es Orte und Ereignisse seiner Offenbarung in der Geschichte gibt, welche Wege der Erschließung von Heil und Erlösung damit verbunden sind – dies sind zwar aktuell Randthemen für eine säkulare Öffentlichkeit. Aber sie berühren Menschheitsfragen, die in und für multireligiöse Gesellschaften erneut an Bedeutung gewinnen. Sie zu verdrängen oder zu verschweigen dient niemandem – ebensowenig wie die Bereitschaft, sich mit überkommenen Antworten zufriedenzugeben.34

      So kann man etwa bei der Streitsache Gott längst nicht mehr davon ausgehen, dass sich in der Welt ein Verweisungszusammenhang rekonstruieren lässt, der – etwa im Stile der „quinque viae“ des Thomas von Aquin – unzweideutig auf Gott hin auslegbar ist. Strittig ist hierbei nicht die Maxime: Wer von Gott reden will, muss zugleich von der Welt sprechen, soll diese Rede nicht geschichts- und kontextlos sein. Wohl aber gehen die Auffassungen auseinander, wie man dieser Maxime zeit- und sachgemäß gerecht werden kann. In der Moderne von Gott zu reden heißt nämlich zugleich, von einer Welt zu reden, deren Verfassung und Selbstverständnis die überkommene Gottesrede weitgehend unmöglich machen. Verdient allenfalls eine „theologia negativa“ noch Gehör, welche auf die radikale Verschiedenheit von Gott und Welt abhebt und dabei die radikale Transzendenz und Alterität Gottes betont? In diesem Fall erscheint das Anders- und Verschiedensein Gottes gegenüber der Welt als plausibler Grund für seine innerweltliche Unausweisbarkeit. Aber ein solcher Lösungsweg hat wiederum erhebliche Folgen für die fundamentaltheologische Anschlussreflexion der Bedingungen und Möglichkeiten einer „Selbstoffenbarung“ Gottes in Welt und Geschichte. Wie soll sich der radikal von der Welt verschiedene Gott in der Welt offenbaren können, ohne dabei das Moment der Alterität aufzuheben, das gewahrt bleiben muss, um Gott als Gott zu denken?

      Man kann dieser Frage scheinbar elegant ausweichen, indem man Zuflucht bei einem „All-Einheits-Denken“ oder einem erneuerten Pan(en)theismus sucht und diesen obendrein als kompatibel mit dem Paradigma „Evolution“ bzw. einer naturwissenschaftlichen Kosmologie ausgibt.35 Die Verschiedenheit von Gott und Welt wird dabei so angesetzt, dass sie nochmals von einer Hyper-Einheit umgriffen ist, die ihrerseits Gott zugerechnet wird. Alles Endliche und Geschaffene geht in diesem Modell aus einer (evolutiven) Selbstdifferenzierung des Absoluten bzw. Göttlichen hervor. Fraglich ist jedoch, wie bei einem solchen Versuch die Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz sowie die radikale Autonomie des Welthaften und die Alterität Gottes noch gedacht werden können. Gleichwohl kommt ein derartiger Ansatz vielen religiös Suchenden und ihrem Bedürfnis nach mystischer Vereinigung oder Einheit mit dem Göttlichen entgegen.36 Und er scheint auch dialogfähig mit spirituellen Traditionen zu sein, die hinduistisch oder taoistisch geprägt sind.37 Ob stattdessen die christliche Theologie nicht eher auf einem dialogischen Gegenüber von Gott und Mensch insistieren oder die Gemeinschaft von Gott und Mensch derart denken sollte, dass sie eine „communio“ der bleibend Verschiedenen impliziert, eröffnet eine grundsätzliche Alternative, deren Erörterung breiten Raum beansprucht.38

      Beiden Seiten dieser Alternative geht es gleichwohl um eine gemeinsame Grundfrage, die zudem für die Streitsache Offenbarung nicht weniger zentral ist als für die Streitsache Heilswege: Wie kann der endliche und bedingte Mensch das Unendliche fassen oder den Unbedingten erfassen – in der Weise unbegrenzten Selbstseins oder im selbstlosen Aufgehen im Grenzenlosen? Wo und wie kann er sich vom Ungreifbaren ergreifen lassen? Kann überhaupt ein unmittelbares Verhältnis zwischen Endlichem und Unendlichem, Bedingtem und Unbedingtem gedacht werden? Ist der Mensch überhaupt „capax Dei“? Inwiefern kann er Subjekt eines Verhältnisses zu Gott sein? Vor allem aber geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen überhaupt ein Gottesverhältnis des von Gott radikal verschiedenen Menschen und ein Weltverhältnis des gegenüber der Welt transzendenten Gottes widerspruchsfrei gedacht werden können. Sollten Zweifel an deren Denkbarkeit ausgeräumt sein, bleibt immer noch zu diskutieren, unter welchen Umständen diese Verhältnisse offenbar werden können.

      Wer auf diese Frage eine affirmative Antwort geben will, wird umgehend mit der Skepsis konfrontiert, ob ein überkommenes „substanzontologisches“ Verständnis der Wirklichkeit Gottes und einer Gott/Welt-Beziehung noch aufrechterhalten werden kann. Hierbei werden sowohl die Wirklichkeit Gottes als auch die des Menschen als zwei „in sich“ und „für sich“ bestehende Entitäten verstanden, für die eine Beziehung stets ein nachträglich realisiertes Verhältnis darstellt. Eine Beziehung besteht hier nur zwischen zwei Größen, aber kann niemals diese Größen selbst konstituieren. Bleibt man bei dieser Prämisse, dann errichten Beziehungen ein „Zwischen“, das zwei Größen nicht weniger trennt, als es sie einander nahekommen lässt. Ein „All-Einheits-Verhältnis“ von Gott und Welt ist dann aber ebenso wenig denkbar wie eine Selbstvergegenwärtigung Gottes in der Welt (Offenbarung). Und religiöse Heilswege können dann bestenfalls in eine Sphäre zwischen Gott und Mensch führen, von der man vermuten kann, dass hier ein Niemandsland beginnt.

      Bei der Suche nach Alternativen habe ich mit einer Relationalen Ontologie eine Referenztheorie gewählt, die von etlichen Prämissen Abschied nimmt, die derzeit in vielen theologischen Konzepten noch vorausgesetzt werden und zu den angedeuteten Problemen führen. Es handelt sich um Voraussetzungen, denen der Abschied zu geben ist, soll unter den Denkplausibilitäten der Gegenwart noch verantwortbar von einem Gott/Welt-Verhältnis, von Offenbarung und Erlösung, von der Besonderheit des Christentums angesichts anderer Religionen und seiner Gemeinsamkeit mit ihnen gesprochen werden. Von dieser Referenztheorie nimmt die Neuformatierung der „klassischen“ fundamentaltheologischen Traktate, ihrer Beweismittel und -ziele ihren Ausgang.39 Verbunden ist damit СКАЧАТЬ