Название: Atemlose Spannung für den Urlaub: Vier Krimis: Krimi Quartett
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783956179006
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“Ist die Staatsanwältin jetzt bei Ihnen auf dem Tisch?”
“Beim Kollegen.”
“Gut so.”
“Wieso?”
Förnheim zuckte mit den Achseln. “Leichte Fälle sind doch nichts für Sie. Das soll der Nachwuchs machen!”
“Na, wenn der Mann mit dem G. für >Genie< im Namen sowas sagt, muss ja was dran sein.”
“Eben!”
“Hören Sie auf, sonst werde ich noch eingebildet!”
“Da sehe ich keine Gefahr.”
“Na dann...”
Dr. Wildenbacher sah auf die Uhr.
“In Eile?”, fragte Förnheim.
“Ein bisschen. Wissen Sie, was ein Charity Dinner ist?”
“Ich dachte, so etwas gibt es nur in Amerika - oder beim Rotary Club!”
“In diesem Fall ist es ein Bundestagsabgeordneter. Mdb nennen die sich und tragen das mit sich herum wie andere einen Doktortitel.”
“Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen.”
“Danke. Aber eine Bratwurst mit Pommes wäre mir lieber als die kulinarisch wertvollen Mini-Portiönchen, die mich da jetzt erwarten!”
4
Der Killer zog seine Waffe hervor.
Blitzschnell.
Eine fließende Bewegung.
Eine kurzläufige Spezialwaffe mit aufgeschraubtem Schalldämpfer und einer sehr leistungsfähigen Zielerfassung. Den Laserpointer hatte er noch nicht aktiviert.
Das kam noch.
Alles zu seiner Zeit.
Der Killer trat an den schweren Vorhang, der die Balustrade des großen Festsaals verhängte.
Tosender Beifall brandete unter den geladenen Gästen auf. Durch den schmalen Spalt hatte der Killer einen freien Blick auf das Geschehen im Saal und auf seine Zielperson.
“Heh, was tun Sie da?”, fragte eine Stimme.
Der Killer wandte den Blick zur Seite. Ein Mann in der hellblauen Uniform des privaten Security Service, den die Veranstalter mit der Sicherung der Veranstaltung betraut hatten, starrte ihn ungläubig an. Erst jetzt, da der Killer sich halb herumgedreht hatte, vermochte er die Waffe in dessen Hand zu sehen - und griff sofort zu seiner Dienstwaffe am Gürtel.
5
Doch der Security-Mann hatte keine Chance. Er war zu langsam. Und die Sekunde, die er gezögert hatte, ehe er seine Waffe zog, kostete ihn jetzt das Leben.
Der Killer zögerte nicht.
Er feuerte. Der Schuss war so gut wie gar nicht zu hören. Die Waffe war schließlich eine Spezialanfertigung, die darauf ausgelegt war, bei maximaler Treffersicherheit und dem höchstmöglichen Zielkomfort auch noch möglichst geräuschlos zu sein.
Der Schuss traf den Wachmann genau in die Herzgegend. Sein hellblaues Hemd verfärbte sich dunkelrot. Die rechte Hand krallte sich noch um den Pistolengriff. Mit einem dumpfen Geräusch fiel er zu Boden.
Unten im Festsaal hatte man davon nichts bemerkt, zumal jetzt erneut Beifall aufbrandete. MdB Johannes E. Moldenburg, direkt gewählter Abgeordneter des deutschen Bundestages, sprach bereits wieder in den noch anhaltenden Applaus hinein. “Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger ist das höchste Gut”, klang Moldenburgs Stimme durch den Saal. “Und um dieses Gut zu schützen, muss die Regierung dieses Landes entschlossener vorgehen, als sie es bisher getan hat. Wo immer auf der Welt sich Feinde unserer Werteordnung aufhalten und damit beschäftigt sind, terroristische Pläne zu schmieden, sollten wir sie bekämpfen - und nicht erst, wenn sie hier bei uns zuschlagen. Deswegen ist es notwendig, Gesetze zu ändern!”
Der Killer nahm seine Zielperson ins Visier. Den Laserpointer durfte er erst im letzten Moment aktivieren, sonst wurde er bemerkt. Ein Schuss!, dachte er. Maximal zwei. Mehr wird mir nicht bleiben!
Danach brach vermutlich das Chaos aus, und es war nicht mehr daran zu denken, in dem entstehenden Durcheinander eine Person gezielt zu töten.
6
So ein verdammter Labersack!, dachte Dr. Gerold M. Wildenbacher. Mit diesem inhaltsleeren Politiker-Gequatsche könnte man bei ins Bayern ja das gutmütigste Rind verrückt machen!
Der Gerichtsmediziner aus dem Ermittlungsteam Erkennungsdienst der BKA-Akademie von Quardenburg unterdrückte ein Gähnen und zwang sich zu einem neutralen Gesichtsausdruck, der nicht erkennen ließ, was er von der ganzen Veranstaltung hielt.
Anlässe wie dieses noble Charity-Essen von MdB Johannes E. Moldenburg waren Wildenbacher ein Gräuel. Große Reden, wenig dahinter, so lautete Wildenbachers knappes Resümee. Aber seit der Pathologe für das BKA arbeitete, hatten man ihm stets eingeschärft, immer freundlich zu Politikern zu sein. “Das sind die Männer und Frauen, deren Abstimmungsverhalten darüber entscheidet, wie viel Geld in Zukunft für unsere Arbeit zur Verfügung steht. Also tun wir besser nichts, um ihren Zorn zu erregen!”, hatte einer seiner Vorgesetzten mal zu Wildenbacher gesagt, nachdem der hemdsärmelige Bayer einer Kongressabgeordneten bei einem Besuch von Quardenburg ziemlich unverblümt seine Meinung hatte wissen lassen.
Was diese Charity-Veranstaltung von MdB Moldenburg anging, fiel Wildenbacher dabei sogar eine herausgehobene Rolle zu. Er sollte für besondere Verdienste um das öffentliche Wohl ausgezeichnet werden. Eine wohltätige Stiftung, der der MdB vorstand, hatte Wildenbacher für diese Auszeichnung vorgesehen.
Wildenbacher stand der ganze Sache ambivalent gegenüber. So sehr er einerseits von sich und seinen Fähigkeiten überzeugt war, so war ihm andererseits jegliche Lobhudelei zuwider. Und er mochte es auch auch nicht, für den Auftritt eines MdBs die Kulisse bieten zu müssen.
Andererseits hatte er sich entschieden, eine gute Miene zu der ganzen Veranstaltung zu machen. Auch wenn es ihm persönlich am liebsten gewesen wäre, man hätte ihm seine Auszeichnung einfach per Post nach Hause geschickt, so fühlte er sich doch auch seiner Aufgabe und seinem Team in Quardenburg verpflichtet.
Warum nur, fragte er sich in diesem Moment, hatte man nicht seinen Kollegen Förnheim für eine solche Auszeichnung vorgesehen? Der hamburgisch-stämmige Forensiker hätte vermutlich Spaß an diesen gedrechselten Politiker-Reden gehabt, dachte Wildenbacher. Aber vielleicht wäre dieses Gewäsch selbst ihm zu verschwurbelt gewesen…
Während Wildenbacher die einschläfernde Wirkung von MdB Moldenburgs sonorer Stimme mehr und mehr zu spüren bekam und immer stärker dagegen ankämpfen musste, einfach die Augen zu schließen, sorgte ein rotes Flimmern innerhalb eines Sekundenbruchteils dafür, dass er wieder hellwach war.
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