Название: Atemlose Spannung für den Urlaub: Vier Krimis: Krimi Quartett
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783956179006
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“Sehen Sie, diese Aussage von Ihnen zeigt, wie unterschiedlich wir denken. Sie können sich anscheinend gar nicht vorstellen, dass jemand an nichts anderem, als an der Wahrheit und der Gerechtigkeit interessiert sein könnte. Das ist völlig außerhalb Ihrer Vorstellung.” Er deutete auf die Flasche. “Wollen Sie noch einen Schluck aus dieser Flasche?”
“Ich glaube, mir ist der Appetit vergangen.”
“Sehen Sie, wenn ich einem anderen Milieu entstammen würde, dann hätte ich Sie vielleicht entführt, in irgendeine einsame Lagerhalle gebracht, Ihnen eine Pistole vor den Kopf gehalten und Ihnen diese Flasche gegeben und gesagt: Ich will sehen, dass Sie sich diese Flasche so tief reinstecken, wie man es bei Rugowski getan hat. Dann lasse ich Sie vielleicht am Leben!”
“Was Sie sagen, ist pervers!”
“Nicht perverser als das, was Sie getan haben.”
“Ich habe nichts getan!”
“Nein stimmt, Sie haben dafür gesorgt, dass es andere es tun. Sie hätten sich im übrigen die Körperöffnung aussuchen können. Diese Wahl hatte Rugowski nicht.”
“Ich gehe jetzt”, sagte sie. “Das nimmt mir alles jetzt einen zu... eigenartigen Verlauf.“
“Dann wollen Sie gar nicht wissen, für welche Möglichkeit ich mich stattdessen entschieden habe? Denn Sie haben völlig Recht, die Möglichkeit, die ich Ihnen gerade als halbwegs gerechte Alternative geschildert habe, würde nicht meinem Niveau entsprechen. Sie würden auch nicht lange genug leiden. Und davon abgesehen würde ich Sie der Möglichkeit berauben, sich noch selbst anzuzeigen und auf den Weg der Wahrheit und der Gesetzlichkeit zurückzufinden.”
Sie war blass geworden.
“Sie wollen mir drohen?”
“Nein, ich drohe nicht. Ich kündige an, was geschehen wird. Und wenn Sie ein bisschen Verstand haben, dann hören Sie mir bis zum Ende zu. Denn sonst wird, was kommt, Sie unvorbereitet treffen.”
“Ach!”
“Sie haben mich gefragt, was das G. in meinem Namen bedeutet. Ich sagte Ihnen, dass es für >Genie< steht.”
“Sie leiden unter Selbstüberschätzung!”
“Meine naturwissenschaftlichen Fähigkeiten sind Ihnen ja bekannt. Ich habe mir nun für Sie etwas ganz besonders ausgedacht. In dem Wein, den Sie getrunken haben, war ein hochkonzentrierter Wirkstoff, den ich selbst entwickelt habe. Dieser Wirkstoff wird Sie von innen her förmlich zerfressen. Jede Ader, jedes Gefäß, jeden Nerv. Sie werden furchtbare Schmerzen im gesamten Körper haben und es wird Ihnen niemand helfen können, denn man wird keine Ursache dafür finden. Dass man diesen High-Tech-Wirkstoff nicht nachweisen kann, muss ich wohl nicht eigens erwähnen. Ich bin so lange Forensiker... ich kenne alle Tricks.”
“Sie sind wahnsinnig!”
“Vielleicht. Aber Sie werden es! Wahnsinnig werden, meine ich. Mit Sicherheit - vor Schmerz. Ihr Leiden wird sich über Jahre hinziehen, bis es zu einem Multiorganversagen kommt. Aber lange vor diesem Zeitpunkt, werde Sie mich anrufen und mich anflehen, dass ich Ihnen das Gegenmittel gebe, dass die Wirkung neutralisiert. Und vielleicht werde ich das dann tun - vorausgesetzt, Sie haben vorher eine Selbstanzeige abgegeben.”
“Es reicht mir jetzt. Ich gehe. Die Rechnung übernehmen Sie ja wohl...”
“Die Rechnung für das Essen - ja. Die andere kann Ihnen niemand abnehmen.”
Sie erhob sich, nahm ihre Handtasche und hätte dabei aus Versehen fast das Glas vom Tisch gefegt.
“Warten Sie noch!”, sagte Förnheim und hielt seine Karte hin. “Sie werden mich in Kürze anrufen. Da bin ich mir ganz sicher. Deswegen sollten Sie meine Nummer gut aufbewahren!”
Ihre Augen wurden schmal, als sie sagte: “Ich dachte, ich verbringe einen netten Abend mit einem netten, hochintelligenten Kollegen. Stattdessen bin ich auf einen Spinner getroffen!”
“Mein ist die Rache - spricht der Herr!”, sagte Förnheim. “Ist ein Zitat aus einem langjährigen weltweiten Bestseller namens Bibel. Aber um das zu kennen, muss man lesen, werte Frau Staatsanwältin!”
“Sie können mich mal!”
“Bis bald!”
2
Förnheim feuerte eine Waffe ab.
Ballistische Tests gehörten zu seinem Aufgabenbereich. Er nahm den Gehörschutz ab und betrachtete das Ergebnis. Das Projektil war in ein gallertartiges Material eingedrungen, dessen Konsistenz in etwa einem menschlichen Körper entsprach. Sein Handy klingelte.
Förnheim nahm das Gespräch entgegen.
“Ach Sie sind es, Frau Staatsanwältin. Ja, ich habe gehört, dass Sie schon seit geraumer Zeit dienstunfähig sind... Ich kann nicht sagen, dass mir das Leid tut. Jemand wie Sie sollte nicht die Gerechtigkeit vertreten, finde ich. Das Gegenmittel? Ja, haben Sie denn die Selbstanzeige aufgegeben?” Eine Pause entstand. “Gut, ich werde die Kollegen mal fragen, ob das zutrifft. Aber ich muss Ihnen leider eine unangenehme Mitteilung machen: Es gibt kein Gegenmittel. Und wenn ich jetzt auf Wiederhören sage, dann ist das geheuchelt. Zweifellos werden wir nicht noch einmal miteinander telefonieren.”
Friedrich G. Förnheim beendete das Gespräch.
Ein verhaltenes Lächeln erschien für einen kurzen Moment in seinem sonst immer eher etwas angestrengt wirkenden Gesicht.
“Das G. steht auch für Gerechtigkeit”, sagte er halblaut.
3
“Hast du das von der Staatsanwältin gehört?”, fragte Dr. Wildenbacher, seines Zeichens Gerichtsmediziner und Teamkollege von Friedrich G. Förnheim. “Sie hat sich aus dem Fenster gestürzt, nachdem sie eine Selbstanzeige aufgegeben hatte...”
“Ja, der Fall Rugowski...”
“Genau. Sie konnte wohl nicht mit der Schuld leben. Naja, das ist jedenfalls die bisherige Arbeitshypothese.”
“Für die Staatsanwaltschaft ist ihr Tod kein Verlust”, sagte Förnheim. “Im Gegenteil. So ein Charakter hat dort nichts zu suchen. Wir sollten froh sein, dass sie keinen Schaden an der Gerechtigkeit mehr anrichten kann.”
Wildenbacher wirkte perplex.
Er starrte Förnheim verwundert an.
“Und von mir behauptet man immer, ich hätte ein Gemüt wie ein Metzger!”
“Ein Vorurteil, das auf dem Umstand beruht, dass Sie häufigen Umgang mit Leichen haben!”
Wildenbacher nickte. “Und offensichtlich können das nur Leute behaupten, die Sie nicht kennengelernt haben!”
“Wie darf ich das verstehen?”
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