Название: Extra Krimi Paket Sommer 2021
Автор: A. F. Morland
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783956178986
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»Nein, nein«, widersprach Weinert. »Selbst wenn er sich verbrannt hat - wir müssen herauskriegen, ob und was er verraten hat.«
»Das wird er uns gerade auf die Nase binden«, knurrte Gönter. »Und was kann er schon auspacken? Wir haben doch diesen ganzen Zirkus nur veranstaltet, damit er immer schön abgeschirmt blieb.«
»Und was ist mit der Frau?«, warf Ellwein ein.
»Das hat Pertz am Wochenende geregelt.« Weinert kniff sich in die Nasenwurzel und presste die Lider zu. »Obwohl - ich glaub nicht mehr an die Ködertheorie.«
»Abwarten. Auf einen oder zwei Monate kommt es jetzt auch nicht mehr an.« Ellwein hütete sich, den Chef herauszukehren, pro forma waren sie nämlich gleichberechtigt und jeder besaß ein Vetorecht. Gleichwohl hatte es sich im Lauf der Jahre ergeben, dass er und der Bundesnachrichtendienst bestimmten und den Takt angaben, was den robusten Arno Gönter vom Zollkriminalinstitut nicht störte, aber den empfindlichen Weinert immer wieder kränkte. Wie immer sie diese Affäre über die Bühne brachten, eine Lehre war schon jetzt zu ziehen: Nie wieder ein Führungstrio. Als der erste Zweifel an Teppers Zuverlässigkeit auftauchte, hätte einer sofort entscheiden und befehlen müssen, statt dass sie wertvolle Zeit mit Diskussionen, Vertagungen und faulen Kompromissen vergeudeten. Nun klammerten sie sich an Strohhalme.
Gönter vom Zollkriminalamt schmunzelte behäbig. Zu dieser Aktion Tepper war er abkommandiert worden, er hatte sich nicht danach gedrängt, aber auch nicht gewehrt, weil er neugierig war, diesen geheimnisvollen Apparat einmal kennen zu lernen. Zu Anfang hatte ihn die Geheimniskrämerei beeindruckt, aber nach fünf Jahren zweifelte er an ihrem Sinn und überlegte immer häufiger, ob sie nicht eine Ersatzhandlung darstellte. Wenn seine Kollegen jemanden erwischten, hielten sie etwas in der Hand, Papiere oder Akten oder auch Waren, doch seine beiden Mitstreiter mussten sich mit vagen Andeutungen begnügen, Gerede, Gerüchten. Sobald Gönters Behörde zulangte, trat sie offen auf, Weinerts Verfassungsschutz hatte keine Exekutivrechte, dasselbe hatte für Ellweins Bundesnachrichtendienst im Inland gegolten; Ellwein und Weinert mussten deshalb im Schatten bleiben, sich ihre eigene Realität schaffen, was nicht nur den Blickwinkel, sondern auch die Wahrnehmung der Wirklichkeit beeinflusste.
Weinert ahnte, was Kollege Gönter dachte, und manchmal beneidete er ihn um seine Handlungsmöglichkeiten. Das mündete meistens in hilflosem Zorn, dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen blieben, diese mit Informationen fütterten, selbst aber nie den Ruhm kassierten. Was für ein Blödsinn! Und Ellweins schlecht kaschierte Überheblichkeit ertrug er von Mal zu Mal schwerer.
»Was Neues von unseren Freunden?«, erkundigte sich Ellwein jovial und Ralf Weinert schnaufte: »Nein. Da herrscht nach wie vor absolute Funkstille.«
»Nun denn. Ich würde vorschlagen, wir machen bis Ende des Jahres weiter. Widerspruch?«
»Das Konto ist gesperrt?«
»Nein, aber wir haben zwei Vertrauenspersonen zusätzlich eingesetzt. Wenn er versucht, Geld abzuheben, wird es hinausgezögert, bis wir uns dranhängen.«
»Einverstanden«, knurrte Gönter und stemmte sich hoch. Und dafür hatte er einen schönen Abend geopfert! Seit einiger Zeit plagte ihn der Verdacht, dass Weinert sie aushorchte und nicht mehr alle Karten offen auf den Tisch legte. Genau davor hatten ihn seine Chefs gewarnt, als er sich gut gelaunt abmeldete,
»Was bleibt uns anderes übrig?«, maulte Weinert.
»Prima. Dann hoffen wir, dass Pertz was erreicht hat.«
Sie verließen das Bürogebäude im Abstand von dreißig Minuten. Möglichst nicht zusammen gesehen zu werden zählte zu den einfachen Vorsichtsregeln.
Dienstag, 12. September
Auf der linken Seite des Rastplatzes stand nur ein Lastzug; der Fahrer schlief tief. Auf der rechten Seite, für Pkw reserviert, knatterte gerade ein überladener Kleinwagen heran. Rogge stellte sich ganz ans Ende. Viel los war hier wirklich nicht, der Platz bot auch wenig, was zu einer längeren Rast einlud. Drei Tische mit Bänken aus halben Baumstämmen und drei Papierkörbe. Auf der Autobahn herrschte vormittags um neun Uhr Hochbetrieb, der vielleicht dreißig Meter tiefe Streifen aus verkrüppeltem Nadelholz zwischen Straße und Parkplatz versperrte zwar die Sicht, dämpfte aber den Lärm nicht.
Die Autobahn schnitt hier den Nordhang eines Hügels. Auf der anderen Seite, hinter dem West-Ost-Fahrstreifen, stieg das Gelände an, dicht bestanden mit Nadelbäumen, Mehr als einmal hatte Rogge versucht, sich die Unterschiede zwischen Fichten und Kiefern zu merken, es gab da eine Eselsbrücke mit Hngern wie Züchte, aber die konnte er sich einfach nicht merken. Auf seiner Seite setzte sich der Wald fort; der Karte hatte Rogge entnommen, dass der Hang sich noch mehrere hundert Meter bis ins Stockbachtal erstreckte. Er lief ein paar Schritte weiter, Richtung Ausfahrt, und blieb vor einem Forstwirtschaftsweg mit tief ausgefahrenen Radspuren stehen. Neugierig spazierte Rogge den Weg entlang, der nach zwanzig Metern nach rechts abbog, sodass er eine ganze Strecke parallel zum Parkplatzstreifen verlief. Die hohen, weit auseinander stehenden Bäume erlaubten ungehinderte Sicht auf den Laster. Dann führte der Weg nach links, jetzt entfernte er sich von dem Parkplatz. Nach vielleicht hundertfünfzig Metern hörte der Nadelwald auf, sein Saum war mit niedrigen, undurchsichtigen Büschen bewachsen. Dahinter lag die Feltenwiese, eine riesige Fläche mit leichter Neigung; der Wirtschaftsweg verlief quer den Hang hinab und schien unten in eine asphaltierte Straße zu münden. Die Autobahn war an dieser Stelle immer noch zu hören, aber nunmehr schwach, wie ein stetes, nicht sehr angenehmes Rauschen.
So genau wusste Rogge gar nicht, wonach er Ausschau hielt. Immerhin schien es möglich, dass der Wagen, in dem Inge Weber gesessen hatte, gar nicht über die Autobahn auf den Parkplatz gekommen war; wer sich in der Gegend auskannte, konnte unten im Tal durchs Dorf fahren, bis zu der schmalen, ausgebauten Straße, dann den Wirtschaftsweg hochsteuern bis auf den Parkplatz und sich von dort auf die Autobahn einfädeln. Eine Auffahrt, die nicht im Autoatlas verzeichnet und bestimmt nicht im Sinne der Erfinder war; aber Rogge wusste, dass an vielen Stellen die langen Strecken zu den regulären Autobahnauffahrten abgekürzt wurden.
Von dem Dorf unter ihm sah Rogge nur die Dächer und den Kirchturm. Jenseits des Baches, auf dem Gegenhang, glänzte halbrechts in der Sonne ein weißes Gebäude, die Schrift auf dem Dach konnte er auf diese Entfernung nicht entziffern.
Nach den tiefen Spurrillen zu schließen wurde der Wirtschaftsweg recht häufig genutzt. Rogge sah sich um und stutzte. In dem Gras vor dem Buschsaum entdeckte er Reifenspuren, links und rechts, und als er sich bückte, fand er die gleichen Spuren auf der Wiese, alle von dem Weg abzweigend. Einen Moment grinste er. Die Lösung eines alten und immer noch akuten Problems: Wo war man mit seiner Freundin ungestört? Ein Auto besaß heute fast jeder, aber mit sturmfreien Buden sah es schlechter aus.
Er schlenderte nach rechts, den Blick auf den Boden gerichtet. Und ob hier Autos geparkt hatten! Der Buschsaum war nicht planvoll gepflanzt worden, sondern wild entstanden, es gab Buchten und Nischen, zwischen einigen Büschen sogar kleine Labyrinthe mit unverkennbaren Hinweisen, geknickten Asten, abgerissenen Blättern, an einer Stelle glänzten Öltropfen. Und dann entdeckte Rogge eindeutige Zeugnisse, bräunlich angelaufene Tempotücher und gebrauchte Kondome. Bonbonpapier, Kippen, zwei zerknüllte Zigarettenschachteln, leere Bierdosen. Vergnügt spazierte er zurück. Vorsorgliche Gemüter hatten sogar große Steine aus den Spuren beseitigt und die Löcher mit Erde aufgefüllt, was ja wohl bedeutete, dass hier häufiger Verkehr im doppelten Sinne des Wortes stattfand. Jenseits des Wirtschaftsweges das gleiche Bild, in Gedanken klopfte Rogge sich auf die Schulter und zelebrierte mit Winnetou Blutsbrüderschaft, während er am СКАЧАТЬ