Название: Mein Beruf – meine Zukunft
Автор: Christian Henrici
Издательство: Bookwire
Жанр: Медицина
isbn: 9783868675665
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Grundsätzlich sollte dabei stets als Leitsatz dienen, dass Verträge für den Fall gemacht werden, dass man sich nicht mehr versteht. Bei aller Anfangseuphorie ist es wichtig stets die Ausstiegsszenarien sowie ihre Konsequenzen im Blick zu behalten, auch wenn diese gegebenenfalls nicht zur Anwendung gelangen werden.
Insofern sei darauf hingewiesen, dass die Gestaltung und der Abschluss von Gesellschaftsverträgen zwingend in rechtlicher wie auch in steuerlicher Hinsicht begleitet werden sollte.
Praxisgemeinschaft
Wer für sich persönlich zu dem Ergebnis gelangt, sich zum Beispiel aus Kostengründen darauf beschränken zu wollen, Praxisräume, -einrichtung und Personal mit einem anderen Berufsträger zu teilen, im Übrigen aber in Einzelpraxis tätig werden zu wollen, so bietet sich die Gründung einer Praxisgemeinschaft an.
Diese wird grundsätzlich definiert als Zusammenschluss zweier oder mehrerer Ärzte gleicher und/oder Fachrichtung zwecks gemeinsamer Nutzung von Praxisräumen und/oder Praxiseinrichtungen und/oder gemeinsamer Inanspruchnahme von Praxispersonal bei sonst selbstständiger Praxisführung.27 Es handelt sich um eine weitere klassische Kooperationsform im zahnärztlichen Bereich, die in vielfältiger Weise ausgestaltet sein kann.
Der Unterschied zur Berufsausübungsgemeinschaft liegt darin, dass die Kooperation im Rahmen der Praxisgemeinschaft sich auf den organisatorischen Bereich beschränkt, das heißt auf die gemeinsame Nutzung von sachlichen und personellen Ressourcen.
Eine gemeinsame Berufsausübung findet hingegen nicht statt, vielmehr handelt es sich um für sich genommen selbstständige Einzelpraxen, Berufsausübungsgemeinschaften oder MVZ, die auf rein organisatorischer Ebene miteinander verbunden sind. Die zahnärztliche Tätigkeit an sich ist nicht Gegenstand der Kooperation, die im Rahmen einer Praxisgemeinschaft organisierten Zahnärzte bleiben in ihrer Berufsausübung eigenständig und führen voneinander getrennte Praxen.
Zulassungsrechtlich unterliegt die Kooperation in Form der Praxisgemeinschaft (im Gegensatz zur Berufsausübungsgemeinschaft) nicht der Genehmigungspflicht durch die zuständigen Zulassungsausschüsse, sondern ist gem. § 33 Abs. 1 S. 2 Zahnärzte-ZV lediglich anzuzeigen.
Wichtig ist, dass die einzelnen Praxen jeweils getrennt voneinander geführte Patientenkarteien haben, die separat aufzubewahren und zu führen sind. Dies versteht sich eigentlich von selbst und stellt doch einen in der Praxis leider häufig vorzufindenden Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften dar. Es ist höchst problematisch zu bewerten, dass in der Praxis dieser Grundsatz oftmals nicht verfolgt wird.28 Gerade ein gemeinsamer Patientenstamm wird im Rahmen der Praxisgemeinschaft nicht gebildet, die Praxisgemeinschaft selbst hat daher auch keinen ideellen Wert.
Auch bei der Gestaltung von Praxisgemeinschaftsverträgen sind zentrale Fragestellungen wie beispielsweise die Rechtsfolgen des Ausscheidens durch Berufsunfähigkeit und Tod zu berücksichtigen. Die Gefahr einer „stillen“ Übernahme der Praxis durch den oder die am Standort verbleibenden Gesellschafter ist hierbei besonders hoch.
Mitte der 1990er Jahre geriet die Praxisgemeinschaft als Kooperationsform ins Zwielicht, nachdem zahlreiche Fälle bekannt wurden, in denen Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) in Praxisgemeinschaften umgewandelt wurden, die Zahnärzte ihre ursprüngliche Kooperation jedoch in ihrer bisherigen Form unverändert fortführten.29 Es handelt sich hierbei um den Fall, dass weder nach der vertraglichen Gestaltung noch nach der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umsetzung der Kooperation eine gemeinschaftliche Berufsausübung festgestellt werden kann. Vielmehr wird ein „Gewinnpooling“ vorgenommen und im Ergebnis ein Missbrauch der Gestaltungsform indiziert. Dieses Phänomen der sogenannten „Schein-Praxisgemeinschaft“ führte damals wie heute zu dem Verdacht, eine „Optimierung“ dahingehend zu bezwecken, die für Berufsausübungsgemeinschaften vorgesehenen Abrechnungsbeschränkungen zu umgehen.
Auch die Wahl, die zahnärztliche Tätigkeit in Einzelpraxis auszuüben und sachliche und personelle Ressourcen im Rahmen einer Praxisgemeinschaft mit anderen Zahnärzten zu nutzen, muss nicht „in Stein gemeißelt sein“. So wie sich der Lebensplan eines Menschen ändern kann, so können sich auch die beruflichen Gegebenheiten ändern. Vor der Umsetzung der Entscheidung zu einer Niederlassung sollte dies nicht aus dem Blick gelassen werden. Bei der vertraglichen Gestaltung ist es somit wichtig, bei aller notwendigen Festlegung und Absicherung auch Spielraum für etwaige Veränderungen zu berücksichtigen.
Insofern sollte sowohl die Gründung als auch der Fall einer Trennung oder Veränderung der Kooperationsform (zum Beispiel der Wechsel aus oder in eine Berufsausübungsgemeinschaft) zwingend sowohl anwaltlich als auch durch einen auf den medizinischen Bereich spezialisierten Steuerberater begleitet werden.
Insbesondere in der Gründungsphase ist darauf zu achten, dass viele Banken die gesamtschuldnerische Haftung sämtlicher Gesellschafter für die Gesamtfinanzierung voraussetzen; dies ist aber vor allem für lediglich mit Teil-Versorgungsauftrag tätige Zahnärzte nicht zu rechtfertigen und kann existenzbedrohende Auswirkungen haben. Es ist daher unablässig, bereits im Vorfeld der Existenzgründung die maßgeblichen Stellschrauben zu setzen.
(Zahn-)Medizinische Versorgungszentren
Die weitere Kooperationsform „Medizinisches Versorgungszentrum“ wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz im Jahre 2004 als neue, gleichberechtigte Teilnahmeform ärztlicher ambulanter Leistungen neben dem selbstständigen, freiberuflich tätigen Arzt eingeführt.30
Nach der Legaldefinition des § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ) (zahn-)ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen (Zahn-)Ärzte als Angestellte oder Vertragszahnärzte tätig sind.
Gründungsberechtigt sind gem. §§ 95 Abs. 1a SGB V zugelassene (Zahn-)Ärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 SGB V, gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen sowie Kommunen.
Die Gründung ist nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform möglich.
Im Vergleich zur Einzelpraxis wird bei einem MVZ nicht der Vertragszahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen, vielmehr wird die Zulassung dem medizinischen Versorgungszentrum durch den zuständigen Zulassungsausschuss bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag hin erteilt.
Während die Zahl der MVZ im ärztlichen Bereich von ursprünglich 70 zugelassenen MVZ Ende 2004 auf 3.539 MVZ Ende 2019 gestiegen ist31, waren rein zahnärztliche MVZ zunächst die Ausnahme. Ende 2015 existierten im vertragszahnärztlichen Bereich lediglich 46 MVZ mit 221 angestellten Zahnärzten32. Mittlerweile stieg die Zahl der rein zahnärztlichen MVZ in Deutschland von 437 Ende 2007 zum Ende 2019 auf 904 an.33
Der sprunghafte Anstieg der rein zahnärztlichen MVZ ist auf die im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes erfolgte Streichung der Gründungsvoraussetzung „fachübergreifend“ zurückzuführen.
In der Berufspolitik wird seit jeher eine zunehmende Industrialisierung des Gesundheitswesens befürchtet und Maßnahmen der Eindämmung diskutiert. СКАЧАТЬ